Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

vnd unsere Großmächte stecken Mittel- und Kleindeutsch 
land allzumal in den Sack. Die Frankfurter Geschichte 
ist ein hoffnungsreicher Anfang. 
Die amerikanischen Zustände bessern sich sehr schnell. 
Im Monat September wurden 12 Mill. Dollar Schul 
den abgezahlt, so daß die Gesammtsumme nur noch 2745 
Mill. beträgt. 
Neuerdings droht ein ernstlicher Hader zwischen Eng 
land und Nordamerika. Die Nordamerikaner verlangen 
von England Schadenersatz für alle jene Schiffe, welche 
durch die Seeräuber (Caper) der Sklavenhalter zerstört 
wurden. Diese Kaperschiffe wurden meist mit englischem 
Gelde und in englischen Häfen gebaut und darum kön 
nen die Amerikaner mit Recht Beschwerde führen. 
Die französischen Soldaten marschiren wirklich schon 
zum Theil aus dem Kirchenstaat, um dem König Viktor 
Emanuel den Schutz der päpstlichen Grenzen zu über 
lassen. Man weiß, wie das gemeint ist, -der hl. Vater 
scheint das auch zu begreifen, und es wird daher gegen 
wärtig wieder eine größere päpstliche Armee angeworben. 
Allein das kostet viel Geld! Neuerdings wurde der 
römische Kriegsminister Merode entlassen; der war 'es 
hauptsächlich, welcher zur Anwerbung eines Heeres ge- 
rathen hatte, während der andere Rathgeber des hl. 
Vaters, Antonelli, zur Aussöhnung mit dem Königreich 
Italien hinneigen soll. 
Vaduz, 24. Okt. Hr. Landesverweser v. Hausen, 
welcher gestern von Wien zurückkehrte, brachte von den 
im Landtage berathenen Gesetzentwürfen bereits die mei 
sten mit höchster Sanktion versehen zurück. 
Vaduz, 24. Okt. Zu der Versammlung deutscher 
Abgeordneten, welche am 1. Okt. in Frankfurt a. M. 
stattgefunden hatte, war auch eine Einladung an die 
liechtensteinischen Abgeordneten gelangt. Diese Einla 
dung wurde durch nachfolgende Zuschrift erwiedert. Wenn 
auch diese Angelegenheit gegenwärtig kein besonderes In 
teresse mehr für die Zeitungsleser hat, so theilen wir die 
Erwiederung dennoch mit, weil mehrere Zeitungen theils 
von ihrem Inhalte, theils von den unterzeichneten Mit 
gliedern Notiz genommen haben. . Das Schriftstück lau 
tet: „Die Einladung zur Versammlung der Mitglieder 
der deutschen Landesvertretungen am 1. k. M. zu Frank 
furt a. M. behufs der Berathung der Sache der Elbe- 
herzogthümer gegenüber dem Gasteiner Vertrag ist uns 
zugegangen. 
Da wir an der Versammlung nicht ^persönlich theil 
nehmen können, möge uns gestattet sein, unsere Ansicht 
in Kürze schriftlich auszusprechen. 
Das Selbstbestimmungsrecht muß dem schleswig-hol- 
stein'schen Volke gewahrt werden; jeder Vorgang in der 
Sache der Herzägthümer ohne Zustimmung der Landes 
vertretung ist ein Akt der Gewalt. Von der gesetzlichen 
Landesvertretung muß es schließlich abhängen, ob die 
Herzogthümer als selbständiger Staat konstituirt oder mit 
Preußen verbunden werden sollen. Wir sind der An 
sicht, daß eine staatliche Vereinigung mit Preußen so 
wohl im Interesse Schleswig-Holsteins als ganz Deutsch 
lands liege." 
Diese Erklärung wurde von 12 Abgeordneten unter 
zeichnet, nur Pfarrer Gmelch, Pfr. Büchl und Postmeister 
Wolfinger haben nicht unterzeichnet. Ein Mitglied un 
terzeichnete dem Vernehmen nach deshalb nicht, weil 
dasselbe mit dem ausgesprochenen Selbstbestimmungsrecht 
des Volkes der Herzogthümer und mit dem Satz bezüg 
lich Preußens nicht einverstanden sei. 
Vaduz, 22. Okt. In dem benachbarten Bezirke 
Werdenberg ist man slebhast interefsirt um den Ausgang 
der Verhandlungen bezüglich der Bodenseegürtel 
bahn und des Anschlusses von Feldkirch an die verei 
nigten Schweizerbahnen. Der projektirte Anschluß Feld- 
kirch-Rüthi wird kaum den Interessen Vorarlbergs ent 
sprechen und die Interessen der überrheinischenMndschaf- 
ten befriedigt er auch nicht; denn der nicht unbedeutende 
Lokalverkehr zwischen Toggenburg und Feldkirch zieht- 
aus einer solchen Bahn wenig Nutzen, für den großen 
Verkehr ist auch nur in der Richtung nach St. Gallen 
etwas gewonnen, während der Verkehr aufwärts nach 
Sargans noch bedeutend im Nachtheil ist. Es erscheint 
daher begreiflich, wenn man die alte Lokalverkehrslinie 
Feldkirch-Haag beizubehalten wünscht; ein Grund, von 
dieser Linie abzuweichen, ist überhaupt nicht einleuchtend. 
Auch in Liechtenstein interessirt die Frage sehr und man 
gedenkt, wenn auch etwas spät, jSchritte in dieser Sache 
zu thun. 
— Die rothgedruckten östreichischen 10 fl. 
Banknoten gelten nur noch bis <Ende ^November, es 
sind dafür grüngedruckte einzuwechseln. 
— Sonntag den 29. und Montag den 30. Oktober 
hält der liechtenstein. Schützenverein sein Endschießen 
zu Vaduz. 
— Letzten Samstag passirte der junge König von 
Bayern mit geringer Begleitung Feldkirch. Er kam aus 
Tirol und reiste über Bendern in die Schweiz. 
— In Hard (Vorarlberg) spuckte es allnächtlich in 
einem Hause. Es soll in Stall, Stube und Kammer 
nicht übel gehaust haben, so daß Fingerhut und Wachs 
rodel tanzten, Küchengeschirr vom Gestell herunter fiel 
und alles drunter und drüber ging; die Bettwäsche war 
Zerschnitten zc., kurz es ging so arg, daß die Einwohner 
das Haus verließen. Endlich machte sich die Polizei 
dahinter und entlarvte den Spuckgeist als eine gewisse 
Katharina Hammerer, welche zum Andenken 14 Tage 
Arrest erhielt. 
-— Die Cholera hat auch in Deutschland bereits 
Fuß gefaßt. Außer in Altenburg kamen auch im Kö 
nigreich Sachsen einzelne Fälle vor. Doch haben diese 
Fälle wenig zu bedeuten gegenüber dem Auftreten dieser 
Seuche in Paris. Dort soll sie ziemlich heftig arbeiten; 
man erfährt zwar nicht, wie viel Todte täglich gezählt 
werden (es verlautete einmal von 139), allein sie sind 
wahrscheinlich zahlreich. Der Kaiser Napoleon hat vor 
einigen Tagen selbst eines der größten Spitäler besucht 
und sich nach dem Befinden der Cholerakranken erkun 
digt. In der spanischen Hauptstadt Madrid herrscht die 
Krankheit in noch höherem Grade und die Bewohner 
sind dadurch so in Angst und Schrecken gerathen, daß 
ihrer 80,000 die Stadt verließen. — Die Cholera ist 
eine der räthselhaftesten Krankheiten, welche eS gibt.
	        

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