schätzte, gestohlen worden. Er machte die Anzeige und
beschuldigte einen andern Bauern, der gleich ihm weiße
Gänse besaß, des Diebstahls. Um seine Verdachtsgründe
befragt, konnte er keinen andern Grund angeben, als
den, daß nach ihm gewordenen Mittheilungen der von
ihm Beschuldigte Tags vorher Gänse verkaust haben
solle. Er werde daher den Abgang durch die gestohlenen
Gänse gedeckt haben.
Der Verkauf konnte jedoch nicht erwiesen werden. Die
Sache des Klägers stand somit schlimm, um so schlimmer,
als der Beschuldigte als ein wohlhabender Mann be
kannt ist und niemals eine unredliche Handlungsweise
sich hatte zu Schulden kommen lassen.
Man zeigte dem Bestohlenen sämmtliches Geflügel des
Angeklagten, doch die Gänse waren alle gleich weiß. Ein
Erkennen der gestohlenen war daher nicht möglich Da
bat er den aus- drei Richtern bestehenden Gerichtshof,
man möchte sämmtliche Gänse des Beschuldigten auf die
Haide lassen, man werde sich überzeugen, daß zehn davon
am Abend zu ihm (dem Kläger) nach Hause zurückkeh
ren werden. Dem Antrage wurde stattgegeben, und die
Bewohner des Orts- sahen das interessante Schauspiel,
daß Gänse von einem Kommissär und einem Amtsdiener
aus die Weide getrieben wurden. Die Hoffnung, die
der Bauer in die Ortskenntniß seiner Gänse setzte, wur
de nicht getäuscht. Abends schnatterten zehn Gänse vor
seiner Thür und wurden im heimischen Hofe freudigst
empfangen.
Schon Tags darauf sprachen die Geschwornen den
Angeklagten schuldig, worauf der Gerichtshof dem wohl
habenden Manne eine 4jährige Gefängnißstrafe zuer
kannte.
— Der Magistrat zu Nürnberg hat beschlossen,
zum Wiederaufbau des abgebrannten Thurmes der Lo-
renzerkirche 25,000 fl. aus städtischen Mitteln beizu
steuern. Man schlägt die Kosten beiläufig auf 50,000
fl. an. An freiwilligen Beisteuern, wozu aufgefordert
ist, wird es in Nürnberg nicht fehlen.
— In Nürnberg ist ein närrischer Prozeß gegen
wärtig vor Gericht anhängig. Vor etwa 9 Monaten
starb ein dortiger Kaufmann und hinterließ ein sehr be
deutendes Vermögen. Sobald die Beerdigung vorbei
war, veranstalteten eine Anzahl entfernter Verwandter
und andere Betheiligte, in der Meinung, es sei ein Te
stament zu ihren Gunsten vorhanden, eine Champagner-
Suite mit Musik, waren bis zum frühen Morgen lustig
und verschwelgten so über 1000 Gulden. Nun stellte
sich aber heraus, daß gar kein Testament vorhanden war
und der wirkliche und einzige Erbe ist so ungefällig, die
Rechnung für die Jubelfeier beim Tode seines Bruders
nicht zahlen zu wollen. Das Gericht soll nun entschei
den, wer die Rechnung zu bezahlen hat und braucht's
dazu keines Salomo's.
— In Bern und Zürich in der Schweiz hat man
beobachtet, daß unter den Singvögeln, welche im
Winter vor den Fenstern der Wohnungen ihr Futter zu
suchen Pflegen, die Meisen und Finken fehlen. Die
Schweizer meinen, dies Ausbleiben beruhe auf einer
Haushaltungsmaßregel der Natur; vor 5 Jahren seien
die Spechtmeisen, vor 4 die Blau- und Kohlmeisen, in
andern Jahren die Finken im Uebermaße da gewesen;
dieses Jahr scheinen die Spatzen die Herrschaft zu füh
ren.
— Es scheint, die Vögel sind bessere Wetterpro
pheten als Herr Mathieu in Paris, dessen Weissagun
gen kürzlich in der Landeszeitung mitgetheilt worden sind.
In einem Walde bei Kurzenberg, im Kant. Bern, fan
den zwei Holzer in der ersten Woche des Januar ein
Volgelnest mit zwei jungen Vögelchen, die zum Ausstie
gen bereit waren. Auch eine Seltenheit zu dieser Jah
reszeit.
— Für Liebhaber des Kretzer! Von einer mo-
hamedanischen Sage werden die verschiedensten Wirkun
gen des Weines folgendermaßen erklärt: Als Noah den
ersten Weinstock gepflanzt hatte, trat in der Nacht dar
auf der Satan herzu und sprach: „Liebe Pflanze, ich
will dich düngen." Und er schlachtete ein Lamm, dann
einen Löwen und zuletzt ein Schwein, und goß das Blut
aller drei Thiere rings um das Gewächs. Darum macht
der Wein, mäßig genossen, das Menschenherz milde wie
ein Lamm; trinkt er mehr, so wird er aufgeregt wie ein
Löwe; überschreitet er endlich das Maß gar zu sehr, so
verliert er seine Sinne und wälzt sich wie ein Schwein
im Kothe.
— Man berechnet, daß in den Monaten November
und Dezember über 40,000 Saum Veltliner in den Kan
ton eingeführt worden sind; auch im Monat Januar
wird der Handel schwunghast betrieben. Tag für Tag
kommen Ladungen mit Lägeln und Fässern in Chur an.
— Gefährliche Wißbegierde. Auf der Eisenbahn bei
Holzkirchen wurde ein Bauernjunge mit dem Rücken
auf den Schienen liegend gefunden und nach ein paar
derben Püffen befragt, was er habe machen wollen. —
„Mir die Lokomotive von unten ansehen!" antwortete
er.
— Als kürzlich der Lehrer in L. an eine bessere Stelle
versetzt werden sollte, traten die wohlhabenden Eltern
schulpflichtiger Kinder zusammen und bewilligten dem tüch
tigen Lehrer aus eignen Mitteln eine jährliche Zulage
von 52 Gulden, um ihn der Schule und Gemeinde zu
erhalten.
— Der große Schneefall in Südfrankreich hat
viel Unglück angerichtet. Vielen Reisenden erfroren in
den Eisenbahnwagen die Gliedmaßen, dem Erzbischof von
Avignon beide Füße.
— Als Port Hudson noch im Besitz der Konföderir-
ten war, welche von diesem Fort aus die vorübersegeln
den Schiffe bombardirten, machte Farraguts Flotte ei
nen glücklichen Versuch, den gefährlichen Ort zu passiren.
Der Admiral hatte seinen Sohn bei sich — ein Bürsch-
chen von etwa zwölf Jahren — der seinen Vater immer
mit der Bitte Plagte, ihn nach der Kadettenanstalt West-
Point zu schicken, weil er Soldat werden wollte. Der
alte Farragut aber suchte ihn mit dem Entwürfe zu be
scheiden: „DaS wird sich nicht machen; ich glaube nicht,
daß du Courage genug hast, dich dem Feuer des Fein
des auszusetzen." „O gewiß, Vater, gewiß habe ich