Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1865)

ligkeit gegangen sei. Will alsdann die geistliche Corpo 
ration noch mehr, nun gut, wir gehen nicht weiter. 
Wanger: Als wir den 8. 4 der Gemeindeordnung 
vor einem Jahr berathen haben, ich glaube, wir waren 
damals nicht ungerecht. ^Aber, daß sich das Land fürch 
ten muß, wenn wir den §. 4 aufrecht halten, daß es 
eine Klasse im Lande gäbe, welche das Gesetz über den 
Haufen werfen könne, das glaube ich nicht. Dafür dür 
fen wir uns nicht fürchten. Wenn es aber so weit ge 
kommen, daß sich der Landtag fürchten muß, dann wol 
len wir lieber heute auseinander gehen. 
Präs.: Nicht das habe ich gesagt, daß ich mich 
fürchte, sondern daß der Landtag im Interesse des ge 
meinen Friedens Maß halten solle. 
Wanger: Ich glaube, daß die Differenz zwischen 
dem heutigen Antrage und dem §. 4 nicht so bedeutend 
ist, als daß man den §. 4 heute schon wieder außer 
Kraft setzen sollte. Ich stelle den Antrag, daß §. 4 der 
Gemeindeordnung hier zu gelten habe. 
Pfarrer Bucht: Ich habe vorausgesetzt, meine Herren 
Kollegen werden für die Sache einstehen, ich wollte des 
halb nicht darüber sprechen, da ich ohnehin, wie die Her 
ren wissen, nicht gern im Landtag spreche. Allein ich 
sehe, daß ich doch einige Worte zur Unterstützung der 
Sache anbringen muß. Ich will nicht auf andere Gründe 
eingehen, sondern ich nehme nur den Fall, wo 2 Pfrün 
den ein gleiches Einkommen von 600 fl. haben, die eine 
in baarem Geld, die andere in Gütern. Nun sagt man, 
derjenige, welcher 600 fl. aus Gütern bezieht, soll dafür 
wuhren, der andere bezahlt nichts. Dadurch wird dem 
ersten sein Einkommen um mindestens 100 fl. geschmälert. 
— Ich glaube übrigens, wir sind gar nicht berechtigt 
die Pfrundgüter zu belasten. Die Pfrundgüter sind 
Kirchengüter und in dieser Beziehung hat auch der Bi 
schof ein Wort mitzureden. 
Präs.: Den letzteren Grund kann ich nicht gelten 
lassen. Nach meiner Meinung ist kein Eigenthum so 
hoch gefürstet und so sehr gefeit, daß es nicht in der 
Gewalt des Staates läge, dasselbe zu Steuern und all 
gemeinen Leistungen heranzuziehen. Es gab eine Zeit, 
wo diese Güter frei waren von jeder Leistung; aber 
heute fordert es die Zeit gerecht zu sein. 
Psr. Büchl: Wie gesagt, ich finde eine große Unbil- 
ligkeit darin, daß man in dem erwähnten Falle Einen 
bezahlen läßt und den Andern nicht. — Uebrigens wenn 
Beamte und Geistliche gleich gehalten werden, so kann 
ich nicht viel dagegen einwenden und gebe mich zufrieden. 
Um 12 Uhr Mittag wird die Sitzung aufgehoben bis 
Rachmittag um 2 Uhr. 
Es wird die Sitzung begonnen mit der Abstimmung 
über §. 7. 
Der Präsident will allsogleich über den Antrag der 
Kommission abstimmen lassen. 
Wanger: Ich habe beantragt, der §. 4 der Ge 
meindeordnung soll hier maßgeblich sein, und ich glaube 
nach der Geschäftsordnung muß über meinen Antrag zu 
erst abgestimmt werden. 
Präs.: Es ist hier nur eine Auslegung des §. 4, 
oder vielmehr, wie der §. 4 in Bezug auf die Wuhr- 
lasten Anwendung finden soll. Der §. 4 an flch besteht 
ja als Gesetz und braucht keine Abstimmung mehr. 
Wanger: Ich muß bei meinem Antrag bleiben, daß 
der §. 4 hier zitirt werde: „Pfrundgüter können zur 
Tragung der Gemeindelasten nur dann ins Mitleid ge 
zogen werden, wenn dex geistliche Nutznießer ein Ge- 
fammtpfrundeinkommen von mehr als 600 fl. bezieht." 
(Stolgebühren und Meßstipendien nicht eingerechnet.) 
Reg.-Komm.: Erlauben Sie auch mir einige Be 
merkungen. Ich komme auf die Berathung des Gemein 
degesetzes zurück, auf welches sich vielfach berufen wird. 
In § 2 dieses Gesetzes steht nun der Satz: „Die Ver 
pflichtung zur Tragung der Lasten für Rheinschutzbauten 
wird durch ein besonderes Gesetz geregelt." Der §. 4 
handelt aber von den Gemeindelasten. Es ist also im 
Gemeindegesetze noch nicht ausgesprochen, daß die Pfrund 
güter auch an den Wuhrlasten zu tragen hätten. Man 
unterschied eben damals zwischen Gemeindesteuern und 
der sogen. Verwüstung. Letztere Leistungspflicht soll erst 
durch das eben in Berathung befindliche Wuhrgesetz ge 
regelt werden. Ich glaube ferner nicht im Irrthum zu 
sein, wenn ich darauf hinweise, daß mehrere §§. un 
serer jetzigen Gemeindeordnung aus dem Entwürfe vom 
Jahre 1849 entnommen würben. Dort aber heißt es 
in §. 16: „Ausgenommen von jeder Gemeindelast sind 
Liegenschaften, welche dem Ortskirckenfonde gehören. 
Ebenso kann zu Gemeindesteuern nur derjenige Werth 
von geistlichen Pfrunvgütern gezogen werden, welcher 
noch erübrigt, nachdem zuvor dem Gei'stiichen ein Ein 
kommen von 500 fl. aus den Pfrundertragnissen gesi 
chert ist. 
Man hat nun diese Summe auf 600 fl. erhöht, hie 
be! jedoch immer nur die Gemeindesteuern und nicht die 
Verwustungsauflage im Auge gehabt. Es kann also der 
§. 4 aufrecht bleiben, wenn auch das Wuhrgesetz wegen 
der Wuhrlasten etwas Anderes bestimmt. 
Endlich ist die Sache nicht so unbedeutend, als sie 
von vielen Seiten angesehen wird. Ich habe eine Ge 
meinderechnung gesehen und mich von den wahrhaft un 
geheuren Lasten überzeugt, mit denen man die Grund 
stücke belegt. Während die eigentliche Gemeindesteuer 
oft nur ^2 Nkr. per fl. ausmacht, ist in derselben Ge 
meinde die Wuhrlast zu 7—8 Nkr. per Gulden berech 
net. Auf diese Art treffen z. B. in der Gemeinde 
Gamprin an fl. 200 — auf die Pfarrpfrund; eine 
Summe, die immerhin Veranlassung genug zu gerechten 
Beschwerden von Seite der Geistlichkeit geben könnte, 
wenn dieser Vorgang der Gemeinde gesetzlich gut ge 
heißen werden sollte. 
Quader er: Eine solche Auflage wird es aber auch 
selten geben. In Schaan sind die Auflagen so hoch, 
daß sie nicht mehr erhöht werden können und doch be 
tragen sie nur 3^ kr. Bei dieser Umlage treffen auf 
die dortige Pfarrei 56 fl. Diese Summe ist wohl noch 
aufzubringen. 
Reg.-Komm.: Die Sache hat übrigens noch eine 
andere Schattenseite. Man muß wissen, wie die Tagar 
beiten am Rhein in der Regel ausgeführt werden. Um 
9 Uhr beginnt die Arbeit und um 4 Uhr Nachmittag ist
	        

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