Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

worden, daß sämmtliche geheilte Amputirte in das Laza- 
reth zu Kiel verlegt werden sollen, wo sie unter des ge 
nannten Professors Aussicht mit künstlichen Gliedern ver 
sorgt werden. Professor Esmarch hat zu diesem Zwecke 
schon mehre auswärtige Künstler kommen lassen. Die 
jenigen Amputirten, welche ein Bein verloren haben, er 
halten für schwerere Arbeiten starke einfache Stelzfüße, 
außerdem aber auch künstliche Beine, welche den natür 
lichen an Aussehen und Bewegung ähnlich sind, aber 
wegen ihrer komplizirten Einrichtung eine fortwährende 
Benutzung bei Arbeiten genannter Art nicht ertragen kön 
nen. Ebenso erhalten die am Arm oder der Hand Am 
putirten künstliche, zu leichteren Arbeiten gut zu verwen 
dende Arme; daneben aber auch starke zangenartige Ap 
parate, welche sie in den Stand setzen, auch Feldarbeiten 
zu verrichten. Auch amputirte Dänen werden dieser 
Wohlthaten theilhaftig. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Vaduz, 30. Juni. Landtag. Bei der 2. Sitzung 
des Landtags am 20. Juni wurden von der f. Regie 
rung folgende Entwürfe vorgelegt: Gewerbeordnung 
und Gewerbsteuergesetz, das allgemeine deutsche Handels 
gesetzbuch, eine Flurpolizeiordnung, das Rekrutirungsge- 
setz pro 1865, das östreichische Gesetz über Hausdurch 
suchungsrecht (dieses, um wegen des Zollvertrags eine 
Gleichförmigkeit mit Oestreich herbeizuführen), ein Nach 
trag zum Schulgesetz, betreffend die Befugnisse des Orts 
schulrathes, das Finanzgesetz pro 1865. — Von der Ge 
werbeordnung haben wir eben einen Auszug gegeben. 
Dieselbe ist vom Gesetzgebungsausschuß bereits in Be 
rathung genommen worden. Doch stellte sich schon in 
der 2. Sitzung eine prinzipielle Verschiedenheit der An 
sichten der Kommission gegenüber dem Regierungs-Ent 
wurf heraus: die Kommission war einstimmig für Bei 
behaltung der bestehenden Gewerbefreiheit und für bloße 
Anmeldung des jeweiligen Gewerbsantritts, während im 
Entwurf die Bewilligung der Behörde vorgeschrieben ist. 
-Ebenso in Betreff des Steuergesetzes. Der Ausschuß 
stimmte der Ansicht des Präsidenten zu, daß man nicht 
mit der Besteuerung der Gewerbe beginnen dürfe, deren 
Mehrzahl klein und unbedeutend ist, ohne gleichzeitig auch 
eine Einkommenssteuer zc. einzuführen. 
Es sei zweckmäßiger diese Besteuerung durch ein all 
gemeines Steuergesetz neben allen andern Besteuerungs» 
arten zu regeln. Die Entgegnung des f. Regierungs 
kommissärs, daß dann die herrschende Unregelmäßigkeit 
in der Gewerbsteuer auf unbestimmte Zeit fortbestehe, 
konnte allerdings nicht widerlegt werden. Die Kommis 
sion beschloß deshalb auf baldigen Erlaß eines allgemei 
nen SteuergesetzeS anzutragen. Bei dieser Sachlage hätte 
der Entwurf zu bedeutende Aenderungen erfahren, ja es 
wäre eine völlige Umarbeitung nöthig geworden. Die 
Kommission war deshalb außer Stande ihre Berathung 
fortzusetzen und sie wäre genöthigt worden auf eine Ab 
lehnung der beiden Entwürfe anzutragen. Hldes erklärte 
der Herr Regierungskommissär bei Sr. Durchlacht um 
Zurückziehung der Vorlage zu bitten. — Mit dem Heu 
tigen wurde die neue Gemeindeordnung ausgegeben. 
— In Berlin erzählt man sich, der König habe 
jüngst auf der Jagd einen falschen Schritt gethan und 
sei gefallen. Die Begleiter sprangen eiligst bei, ihm auf 
zuhelfen; der König aber sagte: Hat gar nichts zu sa 
gen, so friedlich haben König und Baterland lange nicht 
bei einander gelegen. (Schmeckt nach Friedrich Wilhelm 
IV.) 
— Kaiser Napoleon fuhr neulich mit der Frau 
des englischen Gesandten Lord Eowley spazieren; die 
Pferde scheuten und es gelang dem Kutscher nur mit 
Mühe, die wilden Thiere zum Stehen zu bringen. Der 
Kaiser sagte nach überstandener Gefahr scherzend: Bei 
nahe, Mylady, wären Sie mit mir gestorben. — O, 
Sire, erwiederte die Diplomatin, nicht gestorben, sondern 
unsterblich geworden! — Noch ein anderes Mißgeschick 
hat ihm kürzlich geblüht. Er hat in dem kleinen See 
in Fontainebleau ein unfreiwilliges Bad genommen und 
wurde gerettet, noch ehe eigentliche Gefahr vorhanden 
war. Paris war dennoch sehr aufgeregt. 
— Zu behaupten, daß der Prinz von Wales ehr 
geizig sei und irgend welche politische Ideen, seien eS kon 
servative oder demokratische, hege, ist mehr, als ein Eng 
länder zu thun vermöchte. Wenn es sich um Fuchsjagd, 
Wettrennen, Pferdezucht oder Hundedressur handelte, so 
könnte wohl von Sympathien die Rede sein. WaS je 
doch die Politik betrifft, so setzt der englische Thronfolger 
seine wärmsten Bewunderer durch seine blasirte Gleich 
gültigkeit und Ansichtslosigkeit in Verzweiflung. Selbst 
seine Sympathien für das ritterliche Dänemark sind so 
leicht und vergänglich gewesen, daß keine Spur mehr von 
ihnen zu entdecken sein soll. — So schreibt ein Englän 
der der Weser-Zeitung. 
— Die Vereinigten Staaten von Nordamerika 
sind ein wahrhaft riesiger Bau von Völkersplittern. Alle 
Völker der Welt haben ihre Vertreter massenhaft an 
Nordamerika abgegeben und diese Freizügigkeit hat ihm 
nicht geschadet. Die betr. Staaten zählen 27,500,000 
Einwohner, darunter sind 4,200,000 in fremden Ländern 
geboren und zwar in runder Zahl in Irland 1,611,000, 
in Deutschland 1,300,000, in England 432,000, in, 
Frankreich 1l 0,000, in Schottland 109,000, Schweden 
19,000, (meist Mormonen), in Italien 10,000 u. s. w. 
u. s. w. 
— Ein großartiges Schauspiel war der Kampf der 
beiden amerikanischen Kriegsschiffe Alabama u. Kear- 
sage vor dem französischen Seehafen Cherbourg, Ala 
bama war das glückliche Kaperschiff der Südstaaten, über 
all that es dem Handel der Union Schaden und immer 
war es unsichtbar und ungreifbar. Vor wenigen Tagen 
fuhr es im Hafen von Cherbourg ein, um allerlei Schä 
den auszubessern. Die nordstaatliche Kriegskorvette war 
ihm gefolgt und wartete auf sein Auslaufen. Der 
Kampf erfolgte in offener See, der Mannschaft des Ala 
bama gelang eS nicht, das feindliche Schiff zu entern^ 
ein Kanonenschuß zertrümmerte den Dampfkessel der Ala 
bama und lähmte seine Bewegung, plötzlich sank daS
	        

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