Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

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Wien, 7. Jänner. Das Bisthum Chur im j 
Herrenhaus. Das Bisthum besaß einst verschiedene 
Lehen-Güter in Vorarlberg und Tirol, welche vom Kai 
ser wieder zurückgenommen wurden. Da dem Bisthume 
Chur dadurch nicht unbedeutende Einkünfte aussielen, so 
kam der Bischof von Chur 4847 mit einer Bitte beim 
Kaiser Ferdinand ein, wonach dem Bischof ein Beitrag 
von jährlich 4000 fl. und dem Domkapitel von jährlich 
2000 fl. bewilligt wurde, „jedoch mit dem Vorbe 
halte, diese beiden Verfügungen ganz oder 
zum Theile zurückzunehmen." Darauf sich stü 
tzend, betrachtete das Abgeordnetenhaus diesen Beitrag 
mehr als Sache der Billigkeit, als der Pflicht und strich 
davon 2000 fl. Auf Antrag des Kardinal Rauscher 
erklärte sich das Herrenhaus mit dem Abstrich nicht ein 
verstanden. 
— Aus den Verhandlungen des Herrenhauses heben 
wir einen merkwürdigen Satz der Grafen Clam-Gallas 
hervor. Zur Begründung eines Antrages sagte er: „Es 
ist des Kaisers Wille und sein Wort, und das 
müsse unter allen Umständen erfüllt werden." 
Ihm erwiederte Graf Auersperg (A. Grün): „Des Kai 
sers Wille ist, daß wir hier sind, und daß wir hier nach 
unserem Gewissen und unserer Ueberzeugung unsere Stim 
me abgeben." 
Schweiz. Graubündten. Am Andreasmarkt in 
Chur sind circa 300 bis 350 Gemsenfelle verkauft wor 
den. 
Zürich. Im Wald bei der Reppischmühle hat man 
die Leiche eines etwa vier Wochen alten Kindes gefun 
den, dem der Mund mit einem Stück Tuch verstopft 
war. — Auf der Platte bei Zürich ist Samstag Nachts 
ein älterer Mann erfroren. Ebenso wurde bei Neerach 
ein Mann erfroren gefunden. 
Luzern. Allerwärts regt man sich im Kanton für 
Gründung von Jugend- und Volksbibliotheken. Letztes 
Jahr hat eine bedeutende Anzahl derselben ins Leben 
gerufen. An der Spitze der Gründung solcher wohlthä 
tigen Institute stehen meistens nebst den HH. Geistlichen 
die Lehrer. 
— In Neßlau im Obertoggenburg ist letzter Tage 
ein Ahorn gefällt worden, der am untern Ende neun 
Fuß Durchmesser hatte, ganz gesund und über 600 Jahre 
alt war. Erst nach 4 Tagen Arbeit von 6 Männern 
erlag der Koloß. 
Rußland. Ein Bild des polnischen Elendes. 
Ganze Schaaren von Polen werden gegenwärtig, im 
Jänner, mit geschorenem Haupte, zu Fuß und zwischen, 
reitenden Kosaken, nach Sibirien transportirt. Unter die 
sen Unglücklichen befinden sich die Edelsten, Gebildetsten 
der Nation, Männer, die in guten Verhältnissen alt ge 
worden, Frauen und Jungfrauen, welche Gelder sür die 
Verwundeten gesammelt oder Kleider und Bandagen für 
die im Lager befindlichen Aufständischen gefertigt haben. 
Verschiedenes 
Wer Kühe anspannt, fährt am billigsten. 
Nach dem „Ellw. landw. Bl." wollte sich ein belgischer 
Gutsbesitzer davon überzeugen, ob und in wie weit die 
Behauptung, daß Milchkühe in der Landwirthschaft als 
Zugvieh vortheilhaft zu verwenden seien, begründet wä 
re. Er wählte 8 Milchkühe gleichen Alters aus, fütter 
te sie gleichmäßig und ließ 4 derselben täglich während 
eines halben Tages arbeiten, während die andern 4 
ruhig im Stalle blieben. 
In einem Monate lieferten die im 
Stalle ruhenden Kühe . . . 329 Maß Milch, 
die Arbeitskühe dagegen . . . 308 „ „ 
also weniger 21 Maß. 
Das Gewicht der unbeschäftigten Kühe hatte während 
dieser Zeit um 36 Pf. zugenommen, während das der 
Arbeitskühe sich um 12 Pf. vermindert hatte. Der Un 
terschied der Fleischproduktion beträgt sonach 48 Pf. 
Wird nun das Maß Milch zu 6 kr. berechnet, so macht 
der Minderertrag von 
21 Maß 2 fl. 6 kr. 
Der Abgang an Fleisch v. 48 Pf. s 12 kr. 9 fl. 36 kr. 
Der ganze Verlust 11 fl. 42 kr. 
Nimmt man nun 20 Arbeitstage per Monat an, so 
fallen auf jeden Arbeitstag für jede einzelne Arbeitskuh 
9 kr., was also die Arbeit der Kuh dem Besitzer kosten 
würde. Dieser an sich schon geringe Betrag vermindert 
sich aber noch, da sich nach den angestellten Versuchen 
ergeben hat, daß die Arbeitskühe eine viel fettere Milch 
lieferten als die unbeschäftigten, woraus folgt, daß mä 
ßige Arbeit auf die Verminderung der wässerigen Theile 
der Milch mehr einwirkt, als auf die fetten Bestandtheile 
derselben. Es kann indessen nicht in Abrede gestellt wer 
den, daß anhaltende und schwere Arbeit ohne Zweifel 
die Milchergiebigkeit und das Fleischgewicht in höherem 
Maße vermindern würde. 
Jedenfalls erhellt aus den angestellten Versuchen, daß 
es für kleinere Güter sehr vortheilhaft ist die Milchkühe 
mäßig arbeiten zu lassen, da die Arbeit der Kühe die 
bei weitem billigste ist. 
Berichtigung. 
Nr. 1, Seite 2, Spalte 1, Zeile 7 oben lies: Wahr- 
lich der Brüder zc. 
Silberkurs. 
Samstag, den 9. Zänner It9.25 
Mittwoch, den 13. Jänner 119. 
Herausgegeben von G. Fischer. 
Verantwortlicher Redaktor: vr. Schädler. 
Die nächste Nr. erscheint Samstag den 23. Jänner« 
Druck von Z. Graff's Wittwe in Feldkirch.
	        

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