Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

schleswig - holstein'schen Volks, wen es zum Herzog 
wünscht, hört man nichts mehr. Indeß haben die hol 
steinischen Stände öffentlich erklärt, daß sie von Däne 
mark los sein wollen, und am 8. Mai werden dies auch 
die Schleswiger erklären. Diese Erklärungen sollen nach 
London gesandt werden. 
Allerhand Neuigkeiten. 
Vaduz. Am 30. April wurden die diesjährigen Re 
kruten wieder in ihre Heimath entlassen, nachdem sie ein 
^wöchentliches Erercitium durchgemacht hatten. 
— Wie man vernimmt, sind von der sstl. Regierung 
mehre Geldprämien für solche Waldaufseher ausgesetzt, 
welche sich durch Fleiß und Sorgsamkeit bei den jungen 
Waldkulturen auszeichnen. 
— Der Landesausschuß hat die Statuten der Spar 
kasse bereits einer sorgsamen Berathung unterzogen. Es 
sollen mehrfache zweckmäßige Aenderungen beantragt sein. 
Wir werden unseren Lesern demnächst eine Mittheilung 
über diese Angelegenheit bringen. 
— Balzner Bürger sollen eine Petition an Se. Durch 
laucht gerichtet haben in Sachen des neuen Gemeindege 
setzes. Es ist uns nicht bekannt, in welchem Sinne diese 
Bittschrift verfaßt ist; soviel dürfte sicher sein, daß darin 
nicht um Sanktion der Gemeindeordnung gebeten wird. 
— In den neuen Real schulkurs wurden 13 Schüler 
aufgenommen. Es sind darin 6 Gemeinden des Landes 
vertreten. 
— Von der geschäftsleitenden Commission des deut 
schen Abgeordnetentages zu Frankfurt wurde nachfolgende 
Erklärung an den Landtagspräsidenten Dr. Schädler ge 
sandt, um dieselbe auch von den liechtensteinischen Abge 
ordneten unterzeichnen zu lassen. 12 Abgeordnete haben 
nun dieselbe unterschrieben; 3 fehlen. Wolfinger von 
Balzers war abwesend; Pfarrer Gmelch unterschrieb nur 
theilweise, d. i. nicht für den Satz: „Ist dieses Recht 
bestritten, Vertretern zu." Pfarrer Büchl 
vom Triesnerberg verweigerte die Unterschrift. 
Die Erklärung lautet: „Angesichts des Zusammentritts 
der Londoner Konferenz und in Ermanglung einer Ge- 
sammtvertretung unserer Nation, erklären wir, die unter 
zeichneten Mitglieder deutscher Landesvertretungen, vor 
Deutschland und Europa: 
Das klare Recht und der ausgesprochene Volkswille 
fordert die Trennung der Herzogtümer Schleswig-Hol 
stein von Dänemark. Das klare Recht und der ausge 
sprochene Volkswille beruft den Prinzen Friedrich von 
Augustenburg zur Erbfolge in den unzertrennlich verbun 
denen Herzogtümern. 
Ist dieses Recht bestritten, so steht die Entscheidung 
keiner Konferenz der Mächte, sie steht allein dem Volk 
und seinen Vertretern zu. 
Gegen jede Verfügung, die über das Schicksal der 
Herzogtümer ohne und wider ihren Willen getroffen 
werden sollte, Protestiren wir im Namen der Nation und 
verwahren für jetzt und alle Zukunft das Recht Deutsch 
lands und des schleswig-holsteinischen Volkes." 
Nachträglich sei noch bemerkt, daß dieser Protest von 
bereits allen Abgeordneten Deutschlands (ca. 1000) 
unterschrieben wurde. 
— Nächste Woche erscheint das Landesgesetzblatt Nr. 
3; es bringt das Gesetz über Erwerb und Verlust des 
Staatsbürgerrechts und das Finanzgesetz pro 1864. 
— Am Morgen des Himmelfahrtsfestes (5. Mai) war 
die ganze Landschaft mit Schnee bedeckt — gewiß eine 
ungewöhnliche und seltene Naturerscheinung. 
Feldkirch. Am 23. April wurde der bekannte Jos. 
Gasser aus Lauterach wegen vollbrachten Mordes an 3 
Personen zum Tode durch den Strang verurtheilt. Gas 
ser vernahm das Urtheil sitzend in sichtlich niedergedrück 
ter Stimmnng, mit einem leichten Zittern, das besonders 
an seinen Händen wahrnehmbar war. Es bleibt dem 
Verbrecher nur noch ein Gnadengesuch beim Kaiser offen. 
— Die jüngst erwähnte neue Gemeindeordnung für 
Vorarlberg ist vom Kaiser sanktionirt worden. 
— Aus der Zolleinigung zwischen dem übrigen Deutsch 
land und Oestreich wirds diesmal wieder Nichts. Preu 
ßen will durchaus nicht nachgeben. Es verlautet nun, 
daß Oestreich seine Grenzen nur noch stärker abschließen 
und seine Zölle noch mehr erhöhen wolle. 
In Wien ist man daran, die Staatsschulden um 70 
Millionen Silber zu vermehren. Vor wenigen Monaten 
hat man erst 40 Mittionen geborgt. 
Land- und HauswirHschaftliches. 
Das Verbot der Ziegenweide. 
Mit dem heurigen Frühling soll die Ziegenweide vol 
lends abgeschafft werden. Es verschwindet hiemit wieder 
ein Stück ländlicher Gemüthlichkeit: „die Gage des Geiß- 
lerS". Diese Maßregel ist nicht unwerth auch von der 
Landeszeitung in Betrachtung gezogen zu werden; sie 
hat eine ernste, namentlich für den Armen sehr ernste 
Seite. Die Ziege ist die Kuh des Armen. Sie bedarf 
wenig Futter, gibt verhältnißmäßig mehr Milch und ver 
werthet das Futter besser als die Kuh. Sie gibt 8—9 
Monate des Jahres Milch, 3—10 Schoppen per Tag, 
bei guter Stallfütterung etwa 360—400 Maß des Jah 
res und frißt monatlich etwas über einen Zentner Heu 
werth, im Sommer täglich 15—16 Pfd. Grünfutter. 
Der Nutzen der Ziegen ist also ein ziemlich bedeuten 
der. Man glaubt oft, viele Ziegen in einer Gegend sei 
en ein Zeichen der Armuth. Das ist aber nicht immer 
zutreffend, wenn daneben auch viele Kühe gehalten 
werden. Der Gewinn, den man durch Ziegenhaltung 
macht, ist so nebenbei, da man ohne große Mühe und 
Auslagen dazu kommt, gar nicht zu verachten; für arme 
Familien sind ein paar Ziegen eine große Wohlthat. Sie 
gewähren ihnen täglich eine gesunde, kräftige Milch, wo 
durch ihnen die sonstige dürftige Nahrung wesentlich auf 
gebessert wird. Allein unter Umständen ist der Schaden 
der Ziegenhaltung größer als der Nutzen. Alte, schlecht 
geartete, schlecht gehaltene Ziegen geben wenig Milch; 
die meisten Ziegen sind sehr wählerisch und launenhaft 
im Fressen und verderben oft das halbe Futter. Wer 
den sie auf die Weide getrieben, so verursachen sie zu 
meist dadurch außerordentlichen Schaden, daß sie dew
	        

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