Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

Wolfinger: Man soll es halten, wie es bis dato 
geübt wurde. 
Kind: Die Holztaxe wurde bisher von dem Forstamte 
auf Grund der Waldordnung bestimmt. Anders ist es 
mit der Weide. Da ist nirgends eine bestimmte Taxe. 
Die Gemeinde könnte da willkürlich fordern, so viel sie 
wollte; dem soll man vorbeugen. 
Wolfinger: Ich glaube, eine Weide ist nicht minder 
wichtig als ein Wald. 
Präs.: Wie Hr. Marxer erklärt, so hat man den hei 
matberechtigten Hintersassen das Holz in dem Maß ge 
geben, wie dem Bürger, um den forstamtlichen Preis. 
Die Gemeinde hat sich aber jedenfalls vorbehalten, ob sie 
ihre Bürger wegen des Holzes besteuern will oder nicht, 
dieses Recht muß der Gemeinde bleiben. Wie es nun 
hier mit dem Holz, so kann es ja auch mit der Weide 
geschehen. Man soll die Weide ebenfalls taxiren und nm 
diese Taxe kann sie von den Hintersassen benutzt werden. 
Ob auch die Bürger diese Taxe zahlen oder nicht, das 
unterliegt einem Gemeindebeschluß. Wir können also die 
Bestimmungen des alten Gesetzes annehmen, ohne daß 
wir der Gemeinde zu nahe treten. 
Keßler: Meine Herren! im Entwurf ist wie im alten 
Gemeindegesetz der Grundsatz festgehalten, daß die Hinter 
sassen den Bürgern in Bezug auf Weidebenutzung gleich 
zu halten seien. > Man darf von ihnen also kein Weide 
geld verlangen, wenn von den Bürgern keins gefordert 
wird. Allem gegen die Bestimmung des alten Gesetzes 
wurde in einzelnen Gemeinden den Hintersassen ein be 
sonderes Weidgeld abgenommen. Die Sache liegt nun so: 
entweder belassen wir diese Bestimmung des Entwurfs, 
oder wir ändern sie ab. Soll sie abgeändert werden, so 
mögen diejenigen Herren, welche dies wünschen, Anträge 
stellen. Mit bloßen Meinungen kommen wir zu keinem 
Resultate. 
Bargetze: Da will ich einen Antrag stellen, man soll, 
die Hintersassen gar kein Vieh auf die Weide treiben lassen. 
'Kirchthaler: Mit diesem Antrage kommen wir wieder 
dahin, wo wir am Anfang waren. Meine Herren, die 
Gesetzgebungskommission hat sich Mühe gegeben, die Sache 
dahin zu bringen, tvo sie jetzt ist. Man sollte einen 
Abschnitt machen, der längst gewünscht wurde. Der Aus 
schuß hat eine Versöhnung zwischen Bürgern und Hinter 
sassen versucht. Ich möchte nun die Versammlung auf 
fordern, doch Beschlüsse zu fassen, die unserem Jahrhun 
dert und unserer Versammlung Ehre machen. Suchen 
wir diese Parias zu Ehren zu bringen. Es ist schrecklich, 
zweierlei Menschen in einem Staate zu haben, wo immer 
eine Klasse gegen die andere ist. Ich glaube, Gedeihen, 
Glück und Wohlfahrt kann nur da eintreten, wo alle 
Parteien zusammen wirken. So lange Minderberechtigte 
in unserem Staate sind, besteht ein ewiger Hader. Be 
stimmen wir also Etwas, was eine weite Brust über sich 
vermag. 
Bargetze: Dann finden Sie es in keinem Jahrhuu- 
dert 
Kirchthaler: Die Hintersassen sind so gut Menschen, 
als die Bürger, sind gleichfalls Staatsbürger. Sie sollen 
den Bürgern gleichgestellt werden. Es wäre ein Rück 
schritt, wenn man die Anträge der Kommission fallen 
lassen wollte. 
Wolfinger: Wir, die wir des Rückschritts beschuldigt 
werden, wollen nur unser Eigenthum wahren. Ich kann 
nicht begreifen, wie man da von Rückschritt und Parias 
sprechen kann. Ich meine, wenn man ein Eigenthum hat, 
so darf man damit pochen. Ihr Herren in Vaduz habt 
nichts, aber Andere haben noch Gemeindegüter. Wir ha 
ben noch Wälder und Güter, die wir nicht leichtfertig 
verschenken und nicht mit Einem theilen wollen, der aus 
einem andern Welttheil herkommt. 
Kirchth aler: Das Wort Vaduzer möchte ich mir ver 
beten, das ist nicht parlamentarisch. Wir vertreten nur 
das Land. 
Präs.: Ich nehme diese Aeußerung des Hrn. Kirch 
thaler auf. Es handelt sich hier nicht um Bauers, Schaan 
oder Triesen, sondern um das Recht, um die Grundsätze, 
welche hier in Frage stehen, zur Geltung zu bringen. 
Sprechen Sie dagegen, gut, Sie haben das Recht. Wer 
immer müssen Sie die Sache im Auge behalten; zu sa 
gen, daß einer Balzers, Vaduz oder was sonst vertritt, 
das ist rein nichts. 
Wolfinger: Ich gebe zu, daß „Vaduzer" unparla 
mentarisch ist; ich wollte übrigens Niemand mit meiner 
Rede verletzen. Ich wollte nur erklären, daß man Recht 
und Eigenthum respektiren soll; und zufällig sind die Her 
ren von hier nicht so gut dran als in andern Gemeinden. 
Kirchthaler: Es ist traurig, wenn sich der Blick eines 
liechtensteinischen Abgeordneten nicht über seine Gemeinde- 
markung zu erheben vermag. 
Keßler: Man hat in der Versammlung, wo der Re 
gierungsentwurf vorgelegt wurde, den Entwurf sogleich 
besprochen und die ganze Versammlung war einstimmig 
dafür, daß man im neuen Gesetze die Hintersassen aus 
merzen, daß man diese zurückgesetzte Klasse nicht ins neue 
Gesetz übertragen solle. Damals hatte ich nicht die Ah 
nung, daß man sich wieder fürs Gegentheil erklären werde. 
Wir haben in der Kommission diesem Ausspruch der Ver 
sammlung gemäß die Hintersassen in die Klasse der Bür 
ger gesetzt. Nun aber wird der neue Gesetzentwurf ge 
rade deßhalb und in einer seiner ersten Grundlagen an 
gegriffen. Es sollen die Hintersassen wieder zurückgesetzt 
und noch in eine schlimmere Lage gebracht werden, als 
sie es vorher waren. Ist die Mehrzahl der Herren für 
diesen Grundsatz, dann verwerfen Sie lieber den ganzen 
Entwurf, uud fordern Sie die Regierung auf, einen neuen 
in diesem Sinne auszuarbeiten. 
Marx er: So weit brauchen wir nicht zu gehen, es 
handelt sich nur darum, daß die Hintersassen für Benü 
tzung der Weide eine Entschädigung geben, wie das auch 
beim Holz geschieht. 
Kind: Man soll die Weide auch taxiren, wie das Holz, 
und die Taxe haben alsdann die Hintersassen zu entrichten. 
Gm elch: Ich schlage vor, daß der Satz bis „beschränkt" 
allein zur Abstimmung komme, und daß das andere am 
Ende gar falle. 
Keßler: Ich muß den Entwurf m Schutz nehmen. 
Würden die 3 Punkte a., d, o wegfallen, so müßte jeden 
falls etwas Anderes cm ihre Stelle gesetzt werden, denn 
sonst wüßte man nicht, was in streitigen Fällen zu gelten 
hätte. Das alte Gesetz wird aufgehoben und das neue 
enthalte dafür keine Bestimmung. 
Gmelch: Es bleibt eben bei der Uebung. Ich erin 
nere z. B. in dieser Beziehung daran, daß die Gemeinde 
Balzers einen großen Theil ihres Eigenthums um theures
	        

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