Keßler: Ich stelle den Antrag Ziffer 1 und 2 des
8. 42 ganz zu streichen und den 8. so zu formuliren:
„§. 42. Dem Verlangen wegen Einberufung einer Ge
meindeversammlung hat der Ortsvorsteher bei Gefahr im
Verzug sogleich, sonst innerhalb 3 Tagen zu entsprechen,
wenn das Einschreiten schriftlich mit Grün
den und der U n terschrift der die Versammlung
begehrenden Gemeindeglieder versehen, über
reicht wird."
Reg. Comm.: Ich muß mir eine Bemerkung ge
genüber den Commissionsmitgliedern erlauben. Dieselben
waren in den Ausschußsitzungen einstimmig für die ge
genwärtige Fassung des Gesetzentwurfes und sie verpflich
teten sich indirekt zur Vertheidigung desselben; ebenso
wie auch ich mit dem Entwürfe einverstanden war, und
deshalb in der letzten Sitzung öffentlich erklärte, daß ich
den Entwurf Sr. Durchlaucht zur Sanktion empfehlen
würde. Nun gehen aber eine Menge von Abänderungs-
anträgen gerade von den Herren Mitgliedern des Gefetz-
gebungsausschusses aus, welchen Vorgang ich mir ge
genüber der übernommenen Verpflichtung der Vertheidi
gung nicht recht erklären kann, und welcher meine Stel
lung rücksichtlich der Einhaltung meines geleisteten Ver
sprechens wesentlich erschwert. Ich möchte daher den
Wunsch berücksichtiget wissen, daß wenigstens vom Ge
setzgebungsausschusse nicht so viele Abänderungsanträge
des Entwurfes zur Geltung gebracht werden.
Präs.: Ich bin von der Unverbesserlichkeit unserer
Anträge nicht so sehr überzeugt und behalte mir jeden
falls vor, wenn ich etwas zu verbessern finde, diese Ver
besserung anzubringen. Ich frage übrigens, ob Hr. Keß
ler seinen Antrag zurückziehen will?
Keßler: Wenn der Hr. Präsident seinen Antrag
fallen läßt, ziehe ich auch den meinigen zurück.
Präs.: So bringe ich ihren Antrag zur Abstimmung.
— Zuerst wäre der von mir eingebrachte Antrag (siehe
oben) abzustimmen: 4 gegen 8 Stimmen.
Keßlers Antrag wird mit 11—1 St. angenommen.
s§. 43 bis 60 ohne Debatte, unverändert, einstim
mig angenommen.
§. 61 Kind: Wenn ein Vorsteher 3 Jahre gedient
hat und wieder gewählt wird, so soll man ihn noch
nicht frei lassen. Er soll wenigstens noch 3 weitere
Jahre dienen müssen; es ist das nicht unwichtig; denn
es kann in einer Gemeinde gerade Mangel an taugli>
chen Männern sein.
Eine Stimme erwidert, daß dieß unzweckmäßig sei.
Die Last dieses Amtes sei so bedeutend, daß man un
möglich mehr als 3 Jahre verlangen könne.
Der §. unverändert. §. 62, 63, 64 desgleichen.
§. 65. Kind: Auch den Gemeinderäthen solle man
für die Sitzungen ein Taggeld, wenn auch nur ein ge
ringes, auswerfen. Wenn die Gemeinderäche ihren Dienst
unentgeltlich leisten müssen, so verspreche ich mir wenig
Theilnahme und Jnteressevondenselben; denn wer nichts
erhält, der leistet auch wenig. (Kind und Bargetze un
terstützen den Antrag). Der §. bleibt unverändert mit
9—3 Stimmen.
§§. 66 bis 81 einstimmig angenommen.
§.82. Fischer: Ich stelle den Antrag, daß man
den „ Säckelmeister" als ein Mitglied des Lokalschul
raths weglasse und dafür den „Lehrer" einsetze.
Reg. Comm.: Das Schulwesen im Fürstenthume
ist durch das Schulgesetz vom I. 1859 geregelt und
dort heißt es im §. 4 ausdrücklich, daß der Lehrer in
allen technischen Fragen vom Schulrathe zu hören ist.
Hier ist ihm also schon eine Theilnahme an den Be
rathungen der Schulangelegenheit gesetzlich gesichert und
es ist unrichtig, was in der zuletzt erschienenen Nummer
der Landeszeitung in dieser Beziehung über die Schul
frage vorgebracht wurde. Es darf sonach nur noch
durch eine Nachtragsverordnung bestimmt werden, daß
der Lehrer nicht blos zu hören sei, sondern daß er eine
berathende Stimme im Schulrathe habe. Eine entschei
dende Stimme dem Lehrer zuzuerkennen, liegt nicht im
Sinne des Gesetzes, weil der Schulrath auch über Fra
gen verhandeln muß, welche den Lehrer persönlich an
gehen. Uebrigens bin ich in der Lage auf die einschlä
gigen §§. 39, 40 und Artikel 72—75 des würtember-
gischen und badischen Schulgesetzes hinzuweisen (werden
vorgelesen). Hierans wollen Sie entnehmen, daß die
gleichen gesetzlichen Bestimmungen auch in Württemberg
und Baden Geltung haben, in zwei Ländern, wo, wie
Sie mir gewiß zugeben werden, das Schulwesen sehr
gehoben und fortgeschritten ist.
Fischer: Wenn es gestattet ist, so mache ich auf
die Erörterungen des Hrn. Reg. Commissärs einige Er
widerungen. Es ist unzweifelhaft, daß die Lehrer in
Baden einmal berathende Stimme im Schulrath hat
ten; allein man ist nicht dabei stehen geblieben, sondern
man gab ihnen in der neuesten Zeit aus guten Grün
den eine entscheidende Stimme und erklärte sie als
Mitglieder des Schulrathes. Gleicher Weise ist eine Ab
änderung in Würtemberg im Anzug. Im vorigen Som
mer trat eine Commission von Lehrern, Geistlichen und
Regierungsabgeordneten zusammen, um über ein zeitge
mäßes Unterrichtsgesetz Vorschläge zu machen; und diese
Commission sprach sich entschieden für die Mitgliedschaft
des Lehrers im Ortsschulrathe aus. Was den ferneren
Einwand betrifft: es kämen auch die persönlichen Ange
legenheiten des Lehrers im Schulrathe zur Verhandlung,
so nehme man die Bestimmung auf, daß der Lehrer in
solchen Fällen sich der Abstimmung enthält. In allen
andern nicht persönlichen Angelegenheiten ist dem Lehrer
jedenfalls ein ebenso reifes Urtheil, wie den übrigen
Mitgliedern zuzutrauen. Endlich glaube ich durchaus
nicht, daß es einen Konflikt mit dem Aufslchtsrecht des
Schulratheo geben könne. Der Lehrer wird im Schul
rathe seine Stimme für oder gegen einen Antrag abge
ben und sich schließlich der Majorität fügen, event, den
Beschluß ausführen.
Reg. Comm.: Wenn Sie in dem zur Berathung
vorliegenden Entwürfe nähere Bestimmungen über die
Verhältnisse des Schulrathes aufnehmen, so vergessen
Sie, daß wir es hier mit dem Gemeindegesetz zu
thun haben, nicht mit dem Schulgesetz, welchem allein
die Organisation des Schulwesens vorbehalten ist.
Fischer: Das sehe ich wohl ein, daß weitere Be
stimmungen hier nicht am Platze sind. Dann sagen
wir überhaupt nicht mehr, als was eben hierher gehört.
Wir sprechen alsdann nicht vom Vorsitzenden und be
stimmen nur, daß die Gemeinde so und soviel Mitglieder
des Schulraths erwählt. Das Uebrige wäre dann bei
einer Revision des Schulgesetzes zu berücksichtigen.