Volltext: Liechtensteiner Landeszeitung (1864)

im Felde stehen, sollen absolut die letzten Leute sein, die 
aufzutreiben sind, darunter 15jährige Knaben und 50jäh- 
rige Männer. — Auch der Proviant wird knapp, seit 
die Welvon-Eisenbahn in den Händen der Feinde ist, die 
Zufuhren fehlen, die Nation des Soldaten ist auf ^ 
Pfv. Schinken und ^ Pfd. Mehl verkürzt worden. 
Schlimmer noch sind die Einwohner inRichmond, der 
Hauptstadt, dran, sie können oft für viel Geld nichts 
auftreiben. Die Preise sind fabelhast. Ein Mittagessen 
im Gasthof kostet 20 Dollars (etwa 47 fl.), dafür hat 
man etwas Bohnen, ein Stückchen Schweinefleisch und 
ein paar Tomaten; ein Pfd. Schinken kostet 42—15 
Dollars, ein Faß Mehl 6—700 Doll.; einen Ballen 
(?) Heu bezahlt man mit 4—5000 Dollars. So be 
richtet, wohl übertreibend, ein Korrespondent, der am 5. 
September in Richmond war. Die Vorstädte sind eine 
Wilvniß, die Stadt gleicht einem Kirchhof. 
— In den ersten 8 Monaten d. I. sind 21,252 
Personen aus Deutschland nach Amerika ausgewan 
dert, fast 9000 mehr als im vorigen Jahre, obgleich 
die öffentlichen und politischen Zustände drüben in die 
sem Jahre entschieden sich verschlimmert haben. Die 
Geldkrisis, Theuerung, Unsicherheit und der Verbrauch an 
Kanonenfutter ist entschieden gestiegen. 
— Im Westen von Amerika ist wieder einmal ein 
Jndmneraufstand ausgebrochen, der den vorhandenen 
Kriegsgräueln neue hinzufügt. Es werden viele Familien, 
die seither in Ruhe und Sicherheit lebten, von Haus 
und Hof getrieben, wenn sie nicht von den rothen Kan 
nibalen geschlachtet sein wollen. 
— Der Knecht eines Gutsbesitzers bei Lissa führte 
öfter bei Nacht und Nebel heimlich ein Pferd aus dem 
Stalle und ritt zu seinem Liebchen, das mehre Stunden 
entfernt wohnte. Das letztemal begab sich das Pferd 
ohne seinen Herrn auf den Heimweg und wurde zum 
Verräther. Der arme Verliebte wurde des Diebstahts 
angeklagt und zu 2 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Die 
Strafe fiel so hart aus, weil er 1) um zum Pferde zu 
gelangen, über die Hosthür steigen uno die Stallthür 
aus den Angeln heben, also Gewalt anwenden mußte 
und 2) weil er schon einmal wegen leichtsinniger Streiche 
bestraft worden war. 
Sogar die böhmischen Mägde haben schwache Ner 
ven. Eine solche, ein junges kräftiges Ding, ging über 
den Karlsplatz in Prag, ward hinterrücks von einem 
Droschkenkutscher mit den Armen umfangen und erfchrack 
so heftig, daß sie an den Folgen dieses schlechten Scher 
zes starb. 
Am Kohlmarkt in Wien betrachtete ein Herr die in 
teressante Auslage eines Kunsthändlers, als er auf ein 
mal eine fremde Hand in der Tasche spürte. Schnell 
drehte er sich um und sah dem Thäter, einem sogenanm 
ten Strawanzerbuben, fest ins Gesicht. „Ihre Hand 
war in meiner Tasche!" rief er dabei. „Und lwos is 
weiter?" fragte der Ertappte ruhig. „Sö derfen wegen 
dem net harb sein; es is jetzt im Oktober schon so kalt, 
daß man froh is, wenn man d'Hand wohin stecken 
kann!" Sprach's und verlor sich im Gedränge. Der 
Herr war gutmüthig genug, den Kerl nicht weiter zu 
verfolgen. 
Land und Hauswirthschaftliches. 
Die Wälder. 
iv. 
Die Wälder in ihrer Beziehung zur Land 
schaft und der Bewohner. 
* Die Eindrücke einer Gegend, welche die Jugend des 
Menschen sieht, und worin er lebt, tragen zu seiner 
Eigenthümlichkeit und zu seiner sittlichen und geistigen 
Entwicklung wesentlich bei. 
Der höchste Werth eines Volkes kann sich nur in der 
ungehinderten Ausbildung seiner Eigenthümlichkeiten aus 
sprechen, welche in der Natur seines Heimathlandes be 
ruht. 
Der Bergbewohner, welcher in der Mitte düsterer 
Nadelwälder geboren ward und lebt, derselbe ist ern 
ster gestimmt, seine Lieder, seine Sagen sind düster und 
melancholisch, aber treu hängt er an seiner Heimath, 
wie auch jener, der im lustigen Laubwalde das Leben 
Heller ansieht. 
Wie ganz anders ist der muntere Sohn der Alpen 
gegen den schwerfälligen moorrauchumgebenen Heidebe 
wohner? 
Hier läßt sich der Satz anknüpfen, daß die Formen 
der Gewächse die Gestaltung der Landschaft bestimmen, 
und diese hinwieder hat Einfluß auf die moralische Stim 
mung der Völker. 
In Anbetracht der vielen hochwichtigen Verrichtungen, 
welche den Wäldern im großen Haushalte der Natur 
zur Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens 
der Menschheit eingeräumt sind, bedingt es die Nothwen 
digkeit, daß alle Wälder innerhalb eines Staates derart 
behandelt und benützt werden, daß hiedurch alle diejeni 
gen Zwecke erreicht werden möchten, welche sie ihren 
Bestimmungen nach zur Gesammtheit aller Staatsange 
hörigen zu erfüllen haben. 
Man möge sich dem Glauben nicht hinneigen, daß 
eine solche Vorsorge überflüßig sei, wenn ein Land, mit 
hin die unterschiedlichen Nutznießer einen entsprechenden 
Waldvorrath noch besitzen, eben in dieser Zeit erscheint 
sie am nothwendigsten, denn bei einer sorglosen Wald 
benutzung kann ein Zustand in wenigen Jahren herbei 
geführt werden, den ein halbes Jahrhundert nicht wieder 
gut machen kann, wovon mehrere Länder ein warnendes 
Beispiel liefern. Schauer. 
Rheinbauten. 
* Die im kommenden Winter und Frühjahr auszu 
führenden Rheinuferbauten wurden bei der kommissionel- 
len Wuhrschau am 12. und 13. Oktober bestimmt. Da 
die bestehenden Bauten unbedeutend vom Hochwasser im 
verflossenen Sommer zu leiden hatten und wenig Repa 
raturen zu machen sind, so konnte um so mehr auf die
	        

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