Liechtensteiner Kandeszeitung.
Vaduz, Samstag Ä I,« den 24. Tept. 1864.
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Rundschau.
Zwischen Preußen und Oestreich sind nun zum zwei
ten Male Verhandlungen über die Zollfrage im Gange.
Die Nachrichten hievon sind aber jeden Tag andere und
fast regelmäßig widersprechende. Es gehört ein hoher
Grad von Glaubensstärke zu der Annahme, Preußen
werde die bereits errungene Oberherrlichkeit in Zollsachen
wieder aufgeben oder mit Oestreich theilen. Preußen
hat das übrige Deutschland in der Zollfrage förmlich
unterjocht. Die noch schmollenden süddeutschen Länder
haben keine andere Wahl, als sich gleich den andern
unter das Joch zu biegen und sie haben es bereits ge
than, mit Ausnahme Bayerns. Dem träumte vor Jahr
und Tag. es sei zum natürlichen Führer der Mittelstaa
ten vom Herrn erkoren. Aber siehe, heute ist es ein
Hirt ohne Schafe — es wird bis zum 1. Oktober den
Weg der Uebrigen wandeln und sich der höhern Führung
Preußens anvertrauen.
Die Wiener Zeitungen verkünden die baldige Einbe
rufung des östr. Reichsrathes, ohne sich jedoch hiebei zu
weitgehenden Erwartungen und Hoffnungen hinreißen
zu lassen. Sie halten sich vielmehr überzeugt, die neue
Sitzungsperiode werde sicher ein ebenso mageres und un
bedeutendes Resultat liefern, als die früheren.
Der Wiener Gemeinderath beschäftigt sich eindringlich,
welche Maßregeln der erschrecklichen Zunahme des Raub-
und Mordwesens in Wien steuern möchten. Die Sache
ist sehr bedenklich, denn Leben und Eigenthum sind seit
Kurzem selbst am hellen Tage nicht mehr sicher.
Die preußische Königssamilie ist durch die
Entbindung der Kronprinzessin wieder um einen Prinzen
vermehrt worden. König Wilhelm ist bereits von seinen
Reisen heimgekehrt. Es heißt, der Landtag solle im No
vember zusammentreten. Da ist den preußischen Abge
ordneten Gelegenheit geboten, ihre Redeübungen mit Hrn.
v. Bismurk fortzusetzen und schließlich nach ihrer Verab
schiedung in Geduld und Ergebung die Ankunft einer
allerneuesten Aera abzuwarten.
Der junge Griechenkönig heirathet eine russische Prin
zessin — ein glückliches Mittel zur Stütze seines wackeln
den Thrones.
Rußland gleicht stets dem Bilde eines Mannes mit
doppeltem Angesicht. Vorwärst neumodisch, menschen
freundliches Lächeln, vielverheißend in der Zukunft: siehe
Bauernbefreiung, Errichtung von Schulen aller Art,
Ordnung der Gemeindeverhältnisse zc.; rückwärts mittel
alterliche Frisur, verschmitzter Tartarenblick, hinterlistig,
Rachsucht und Mordgier verkündend: siehe das geschlach
tete Polen, die vom Wehelaut der Verbannten wieder
hallenden Bergwerke Sibiriens :c.
Wenden wir uns schließlich nach Amerika. Der Kai
ser Mar in Meriko scheint den Ruf, der ihn als den
klügsten und freisinnigsten Prinzen seines Hauses bezeich
nete, zu bewahren. Es werden einige seiner neuesten
Regierungsverhandlungen berichtet, die ihm Ehre machen:
Aufhebung der Zeitungscensur, edelmüthiges Benehmen
gegen die zurückgekehrten Anhänger früherer Regierungen,
feine Reisen im Lande um es mit eigenen Augen kennen
zu lernen. Das Land ist schön, aber, wie ein Oestreicher
schreibt, alles sündhaft theuer und zwar selbst nach Wiener
Begriffen. Man höre: Eine gewöhnliche Bettstelle kostet
an 200 fl. ö. W., ein Paar Stiefel 40 fl., ein Fläsch-
chen Tinte 5 fl., ein Trinkglas 10 bis 12 fl., ein eini
germaßen anständiges Mittags- oder Abendmahl 4 fl.
ö. W. (Das sind ja sehr gute Aussichten für die Er
portspekulanten.)
Allerhand Neuigkeiten.
Vaduz, 21. Sept. Die Eröffnung der beiden Zoll
stätten Vaduz und Schaan, welche ursprünglich auf 4.
Sept. festgesetzt war, dürfte nun kaum vor dem 1. Ok
tober erfolgen. Es wäre im -Interesse des Publikums,
daß die Eröffnung sich nicht über den Oktober hinaus
verzögere, indem namentlich der Viehhandel durch Oeff-
nung der Zollschranken vielfache Erleichterung finden
würde.
— Sonntag den 2. Oktober macht der hiesige Blech
musikverein einen Ausflug nach Triefen, worauf wir
Freunde musikalischer Unterhaltung aufmerksam machen.
Man trifft sich bei günstiger Witterung im Garten des
Adlerwirthes Bargetze.
— Die Baumwolle soll Heuer im südlichen Italien
vorzüglich gerathen sein. Die Italiener hoffen, daß ih
nen die Baumwolle einen Ersatz biete für den durch
Krankheiten ruinirten Wein- und Seidenbau. — Im
Waadtland ist die Traubenlese schon im Gang; es giebt
nicht so viel Wein wie 1863, aber von gleicher Güte.
Auch im Thurgau verspricht man sich eine günstige Ernte,
wenn das Wetter noch etwas nachhilft. — Das Letztere
ist auch Hierzuland nöthig; denn die vielen kalten Regen-