Liechtensteiner Landeszeitnng.
Vaduz, Samstag R7. den 24. Okt. 18K3.
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Bericht über die 1. landwirtschaftliche Ausstellung im
Fürstenthum Liechtenstein.
Es war eine schwierige Aufgabe, die sich die Männer
an der Spitze unseres landwirtschaftlichen Vereins ge
stellt hatten. Mit vielem Zögern und mancher Bänglich
keit wurde die Lösung dieser Aufgabe begonnen. Die
schwachen Kräfte unseres jungen, kaum 2jährigen Ver
eins, die geringe Auswahl an geeigneten Persönlichkeiten
für die Leitung und Durchführung, die langandauernde
Gleichgiltigkeit der meisten Leute gegen die Ausstellung,
Vorurtheile und Hindernisse aller Art, alles das zusam
men lag drückend und hemmend auf der Unternehmung,
bis endlich das Eis brach, und in den letzten Tagen Zu
versicht und Thatkraft die Ueberhand gewannen. Mit
den ersten Tannenbäumen, die in dem Boden befestigt
wurden, wuchsen der Muth und die Theilnahme zusehends
uad als endlich der Ausschuß das Festprogramm ver-
"mtlicht hatte, war die Stimmung geradezu umgewan
dt. Kein Wunder. Wie sollten unsere Landwirthe Ver
trauen faßen zu einem Ding, das ihnen so dunkel und
fremd war! Nun da man den Plan des Festes, die
Alt und Größe der ausgesetzten Preise kannte, da war's
anders. Da dachte Mancher: „Will's auch Probiren".
Wenn man vorher besorgt war, es möchten die Ausstel
lungsräume leer oder schwach besetzt bleiben, so fürchtete
man jetzt, es möchte zu Viel werden. Wirklich kamen
die meisten Gegenstände erst in den 2—3 Tagen vor der
Ausstellung, so daß es große Anstrengung kostete, um
die Sachen zu einem anmuthigen Bilde zu ordnen. Bei
einer künftigen Ausstellung wolle man die Preislisten und
andres Nöthiges ja recht frühzeitig, etwa schon im April
bekannt geben, so daß sich der Landmann gehörig vor
bereiten kann.
Der Festplatz in der „Adlerbünd" war recht glücklich
gewäblt; geräumig, nach allen Seiten abgeschlossen und
doch auch wieder frei und offen für Licht und Sonnen
schein, war er durch wenigen Aufwand an Tannenbäu
men, Kränzen, Fahnen und Inschriften bald zu einem
freundlichen Ganzen gestaltet, das eine festliche Stimmung
einflößte. Rechts am Eingange des Festplatzes stand die
Tribune mit den buntfarbig verzierten Preisen in Gold
und Silber; links die im Wachsthum begriffene Triefen-
berger Blechmusik, weiter rückwärts eine Bretterbude mit
Kochherd und Weinschank. Auf der geräumigen Bünd
standen 3 Reihen Pferde, 5 Reihen Rindvieh und am
Rande des Platzes in besonderen Verschlagen die
Schweine.
Der übrige Theil der Ausstellung (Obst. Trauben, )
befand sich im Saale der Knabenschule und (die Ge-
räthe) in einem nahen Schuppen. Das Portal des
Schulhauses zienen Kränze, Fahnen und Inschriften;
ebenso war das Ausstellungszimmer geschmückt, dem Ein
gänge gegenüber das mit Epheu umrankte Porträt des
Landes fürsten, der durch reiche Geldbeiträge so wesentlich
zur Entstehung des heutigen Festes gewirkt hatte. Doch
genug des Allgemeinen. Beginnen wir einen Rundgang
zur Ueberschau des bunten Gemäldes unseres liechten
steinischen Volksfleißes.
Die Obstausstellung
war wohl der gelungenste Theil des Bildes, welches uns
die Räume des Schulzimmers boten: Dank der unermüd
lichen Anstrengung des Oberlehrers Hinger und der freu
digen Beihilfe unserer wackeren Lehrer im Lande, die
überall gerne zugreifen, wo es den Fortschritt und das
allgemeine Beste gilt.
Das Obstlager zog sich rings an den Wanden hin.
Es waren da für die verschiedenen Landesgemeinden ab
gesonderte, von Epheu umschloßene Lagerräume herge
stellt, mitten inne jedesmal ein herrlicher Blumenstrauß,
von den Händen der Frau Landesverweserin v. Hausen
gespendet. Verzeichnisse mit den Namen der Aussteller,
und wo es angieng, mit dem Lokalnamen der Obstsorte
versehen, lagen bei dem Obste jeder Gemeinde und ge
währten dem Wißbegierigen die verlangte Auskunft, bei
einigen Abtheilungen waren die Namen auf den einzel
nen Exemplaren Öbst selbst auf einem kleinen aufgekleb
ten Zettel geschrieben.
Wirthschaftsobst (zum Dörren, Mosten, Kochen)
war vorherrschend vertreten; doch fehlte es auch nicht
an feinem Tafelobst. Viele verschiedene Sorten lagen
auf; die hervorragendsten sollen hier benannt werden.
Es waren von Aepfeln: Der rothe Herbstcalvilt
nur in zwei Eremplaren; weißer Herbstcalvill, wei
ßer Wiirtercalvill; große gestreifte Schafnase
(hier auch Schafhauser, Musapfel, Pfundapfel genannt ;
verdient die große Verbreitung nicht, die er gefunden
hat.) Schmelzling (fälschlich Maschansker; fein Werth
ist bei weitem nicht so groß als seine Verbreitung) ; Se i-
denhemdchen; früher gefleckter Goldapfek
(lokal: Goldapfel, Gärtner, Sonner genannt); Pari
ser Rambour-Reinette, auch Reinette von Ca
nada (hier Reinette) war bereits in allen Sammlungen,
und in der von Vaduz reich vertreten. Herr Landes
verweser von Hausen hatte hievon wirkliche Prachtexem
plare ausgestellt, wovon der größte Apfel 1 Pfund und