Außer einem Beitrag zum Vorschuß- oder Reservefonds
und zu den Verwaltungsspesen übernehmen sie noch die
' Verbindlichkeit, zur Deckung der alljährig vorgekommenen
Schäden nach Verhältniß ihrer Versicherungssumme bei
zutragen. Dieser Grundsatz scheint in theoretischer Be
ziehung den Versicherten manche Vortheile darzubieten,
und wird besonders deshalb populär, weil er jede Idee
von Gewinn für die Gesellschaft zurückweist, und dem
Versicherten die größte Garantie für die Entschädigung
leistet, indem denn doch eine gleichzeitige Beschädigung
aller Mitglieder nicht denkbar ist und die Nichtbeschädig-
ten ohne Rücksicht auf die Höhe des Umlagsbetrages ge
halten sind, den erlittenen Schaden ihrer verunglückten
Mitglieder zu decken. Allein in der praktischen Ausfüh
rung kommen eine Anzahl Mängel zum Vorschein. Das
Mangelhasteste solcher Institute liegt in der Unbestimmt
heit der jährlich von den Mitgliedern zu entrichtenden
Quote, da es unmöglich ist, die sich ergeben könnenden
Schäden zum Voraus zu bestimmen, und würde hiefür,
wie dies einige Gesellschaften versuchten, ein gewisser
nicht zu überschreitender Betrag bestimmt, so würden bei
großen, dies Marimum übersteigenden Schäden die Be
troffenen nur einen theilweisen Ersatz bekommen. Gerade
solche Anstalten werden aber häufig von großen Unglücks
fällen heimgesucht, was als eine weitere Folge der ihrem
Prinzip innewohnenden Mannhaftigkeit zu betrachten
ist, denn da sie weder Versicherungsanträge zurückweisen,
noch die allzusehr angehäuften Risikos durch Rückversiche
rungen vermindern, so sind sie oft an einem und dem
selben Punkte mit großen Summen bloßgestellt, und ein
Brand an solchen Orten kann alsdann für sie die schreck
lichsten Folgen haben, wobei sie nicht einmal durch die
Eventualität minderer Schäden anderwärts Ersatz finden
können, da die wechselseitigen Anstalten in der Regel ihre
Wirkungssphäre nur auf einzelne Provinzen oder Kreise
ausdehnen. Das bei wechselseitigen Anstalten mit Recht
getadelte Unterlassen einer gewissen Berücksichtigung solid
gebauter und gedeckter Gebäude im Vergleiche zu schlech
ten ganz von Holz erbauten und mit Schindeln oder
Stroh bedeckten Wohnungen, stellt ferner die Thatsache
heraus, daß der Besitzer solider Gebäude gegen Recht u.
Billigkeit bei Herausstellung der jährlichen Quote mit
dem Besitzer schlechter Lokalitäten entweder auf dem glei
chen Fuße steht, oder wenigstens sehr unverhältnißmäßig
begünstiget wird; und die letzte Rüge endlich, welche die
sen Anstalten gemacht werden muß, betrifft die Beschrän
kung ihrer Garantie auf Gebäude allein, indem sie Mo-
bilien und Waaren hievon ausschließt, wodurch aber das
Privat-Eigenthum und der Handel beeinträchtiget und
ihr heilsames Wirken einseitig wird.
Stellen wir nun nach Vorgehendem einen Vergleich
mit den Aktien-Gesellschaften an, so sind die Vortheile,
welche diese letzteren in weit größerem Maßstabe dem
Publikum darbiethen, in die Augen fallend, sie bestimmen
zum voraus und im Verhältniß der versicherten Summe
eine Gebühr oder Prämie, welche selbst für den Aernisten -
leicht erschwinglich ist; sie erhöhen die dem Publikum dar
gebotenen Bürgschaften, durch eine sorgfältige Auswahl
Druck von Z. Grast'
ihrer Risikos und durch zweckmäßige Verminderung der
selben durch anderweitige Deckungen; dadurch wird ihre
Lage so befestiget, daß sie selbst bei großen Bränden nie>
mals aus dem Gleichgewicht kommen, und sie können den
Unglücklichen durch augenblickliche Entschädigungsleistung
die Mittel an die Hand geben, ihre Wohnungen ohne
Aufschub wieder aufzubauen, und ihren Handel und Ver
kehr ohne Unterbrechung fortzuführen; sie beschränken
ferner ihr heilsames Wirken nicht auf Gebäude allein,
sondern dehnen dasselbe auf Mobilien, Waaren, Ernten
zc. aus, und biethen endlich dem Besitzer solider Lokalitä
ten insbesondere, materielle Vortheile dar, die volle Be
rücksichtigung verdienen; durch ein weises Klassifikations-
System und Berücksichtigung der vorhandenen Löschan
stalten, so wie der Lage, Bauart und des Gebrauches,
beträgt nämlich die hierauf entfallende Prämie, weit weni
ger, als selbst in den glücklichsten Jahren die Quote bei
den auf Wechselseitigkeit gründenden Anstalten.
Schaan, am 16. Juni 1863.
Ch. Wanger.
(Fortsetzung folgt.)
Gewerbe. Die Gewerbsektion des volkswirtschaft
lichen Vereins hat ein Gesuch um baldige Erlassung ei
nes Gewerbegesetzes auf Grundlage des Prinzips der Ge-
werbfreiheit bei der fürstl. Regierung eingereicht, mit der
Bitte, daß der Gesetzentwurf, ehe er dem Landtage vor
gelegt wird, der Gewerbesektion zur Begutachtung mitge
theilt werden möchte. Ein weiteres Gesuch um Errichtung
einer Winterbau gewerkschule ist vorbereitet. Nach
dem entworfenen Plane würde sich die Gewerkschule an
die Realschule anschließen. Wir behalten uns vor diesen
Gegenstand nächstens eingehender zu besprechen. .1.
Verschiedenes.
Ein gräßliches Unglück hat sich in einer Steinkoh-
lengrube zu Grand Eroir in Frankreich zugetragen.
Durch Entzündung des „schlagenden Wetters" kamen
sämmtliche Arbeiter, welche in zwei, etwa 950 Fuß tie
fen Schachten beschäftigt waren, um. Bis jetzt hat man
gegen 50 Leichen zu Tage gefördert. Da die Unglück
lichen der hohen Wärme wegen beinahe völlig nackt ar
beiteten, so wurden sie durch die Erplosion am ganzen
Körper mit einem feinen Kohlenstaube überschüttet, der
tief in die Haut eindrang und sämmtliche Leichen voll
kommen schwarz färbte. Unbeschreiblich ist das herzzer
reißende Schauspiel, das der Eingang des Schachtes dar
bot, als die Leichen nach und nach herausgebracht und von
ihren Angehörigen kaum noch erkannt wurden. (Schw. M.)
Silberkurs.
Freitag, den 19. Zum Il0.50
Mittwoch, den 24. Zum 110.50-
Herausgegeben von G. Fischer.
Verantwortlicher Redaktor: vr. Schädler.
Die nächste 9tr. erscheint Samstag den II. Juli.
Nächste Woche Gesetzblatt Ätr. 2.
Wittwe in Feldkirch.