der Bauer WMchk für „Gnsammeln Md UngluM
fälle (Mißernten) einen Abzug am Zehentertrag zu
machen"? Wir wissen nicht, ob der geehrte Verfasser
diese Frage wirklich für unlösbar hält, ob er, mit andern
Worten in diesem Abzüge einen Gewaltstreich des Bau
ersmannes erblickt. Wir glauben das nicht vom Ver
fasser Immerhin aber müssen wir diese Frage hier be
antworten. Das Recht diesen Abzug zu machen, ist ei
nes Theils so alt als das Zehentrecht selbst und ist an
dern Theils in der wirthschaftlichen Natur der Sache be
gründet. Nicht wahr! Der Zehentherr muß den Zehent
selbst einsammeln oder einsammeln lassen. Diese Arbeit
ist mit Zeitverlust oder Unkosten verbunden. Der Lohn
sammler will Bezahlung für seine Arbeit und der Zehent
herr gewährt sie ohne Widerrede. Wieviel ist nun das
Recht auf den ganzen Zehent werth? Wohl nur soviel,
als nach Bestreitung des Einsammelns noch erübrigt.
Bei der Ablösung wird das Einsammeln dem Bauern
selbst überlassen. Dieser besorgt alle erforderlichen Arbei
ten selbst und liefert dem Herrn die blanken Thaler auf
den Tisch. Ist nun der Bauer verpflichtet den Zehent
unentgeltlich einzusammeln? — Wer will ihn dazu ver
halten? — Die Gerechtigkeit fordert, daß ihm die
Sammelarbeit bezahlt wird, und dies geschieht durch den
Abzug von t/5 oder ^ u. s. f., je nach der Höhe der
Arbeitslöhne. Ferner! Der Zehentherr hat nicht alljähr
lich die gleiche Einnahme, wenn und obgleich er dem
Sammler jedesmal den gleichen Lohn geben muß. In
Mißjahren wird er oft nur Vz oder noch weniger ernten.
Bei der Ablösung wird die Ernte vom Bauer selbst be
sorgt. Wenn dieser nun z. B. ^ des gewöhnlichen Er
trags erntet, soll er dann gehalten sein, den ganzen
Ertrag zu liefern? Kein Zehentherr in der Welt kann
das mit Recht und wird das mit gutem Gewissen
verlangen.
Der Abzug für Einsammeln ist also natürlich und
selbstverständlich und die Erfahrung beweist, daß man
denselben in allen Ländern als recht anerkannt hat, ja
sogar dort, wo man nicht durch Gesetz, sondern durch
Uebereinkommen abgelöst hat. Auch die Kirche hat über
all diesen Abzug gebilligt. Die Aufgabe ist nur: Wie
viel soll abgezogen werden? Hätte man genaue Buch
führung über die Zehenterträge in einer Reihe von Jah
ren und über den Belauf der Sammelkosten, so wäre in
dem Mittel dieser Zahlen die mathematisch-genaue Lösung
der Aufgabe enthalten. Wo diese Buchführung fehlt, da
muß man es einer Pflicht- und Gewissenstreuen Schätzung
überlassen, dieses Mittel zu finden. In dieser Hinsicht
könnten wir nichts, als den Gesetzgebern und einstigen
Schätzleuten die strengste Unparteilichkeit und Gerechtig
keit empfehlen, wenn diese Empfehlung überhaupt noth
wendig wäre. Beiden Theilen soll recht geschehen, in
der Gegenwart, ohne Rücksicht auf Zukunft und
Vergangenheit. Alle Nebenabsichten müssen schwei
gen, sobald die Herrschast des Gesetzes beginnt; nur so
lange man gütlich verhandelt, hat man unbeschränkte
Freiheit der Rücksichten. Das ist unsere Ansicht von
Recht, und Gesetz. ^
Deutschland.
Vorarlberg. Die Feldk. Ztg. meldet, daß die Be
schlüsse des Landtags über die Erhöhung der Gehalte der
Volksschullehrer vom Kaiser nicht genehmigt wurden. Der
Grund dafür ist, weil diese Beschlüsse theilweise nichts
Neues, theilweise Bestimmungen enthalten, welche über
das dem Landtage resp, den Gemeinden zustehende Recht
hinausgehen. Es wird sich nun in dem nächsten Land
tage zeigen, ob die bekannte liberale Gesinnung dieser Ver
sammlung sich auch praktisch bewährt, — oder ob man
auch in Geldsachen, fwo die Gemüthlichkeit aufhört) wirk
lich liberal ist. Ist's dem Landtage Ernst, dann dürfen
die zum großen Theile nicht besonders gut bezahlten Leh
rer Vorarlbergs hoffen, daß ihnen eine Aufbesserung aus
solchen Kassen verliehen wird, über welche der Landtag
mit Recht verfügen darf — Auch das vom Landtag
berathene Gemeindegesetz wird angeblich die kaiserl. Sank
tion nicht erhalten. k. e.
Wien. Am 18. Juni geschah die feierliche Eröffnung
des Reichstags durch den Bruder des Kaisers, Erzherzog
Karl Ludwig. Eine ungemein große Zahl von Zuschau
ern hatte sich dazu angefunden. Die Thronrede, wodurch
im Namen des Kaisers der Reichsrath eröffnet wurde,
fand nach den Berichten der Mg. Ztg. einen lebhaften
Beifall. Man erkannte daraus, daß es der Kaiser auf
richtig meint mit der neuen Verfassung, er selbst gesteht
es zu, daß nur durch ein freieres politisches Leben die
Wiedergeburt Oestreichs möglich wurde, und daß nur
durch dieses Mittel die Finanzen und der Staatskredit
wieder geregelt und verbessert werden konnten.
Es ist das eine erfreuliche Nachricht auch für Liechten
stein. Unter allen unseren 35 Bundesgenossen ist uns
Ostreich in jeder Hinsicht der nächste, es ist aber auch
ein Erfahrungsgrundsatz, daß unser Staatsschifflein von
jeher in demselben Fahrwasser dahin segelte, in welches
die östreichische Staatenflotte eingelenkt hatte. Wir hat
ten nur den geringeren Tiefgang des Schiffleins voraus,
so daß es manchmal noch flott blieb, wenn dort die gan
ze Flotte aufgefahren war.
— Die protestantische Gemahlin des französischen
Gesandten ist zur katholischen Religion übergetreten. Ein
Jesuitenpater, welcher die Töchter zur hl. Kommunion
vorbereitete, hat diesen Uebertritt zu Stande gebracht.
Preußen. Der König ist seit längerer Zeit leidend.
Er reiste am 20. nach Karlsbad um dort Genesung zu
suchen. Man glaubt auch der russische Kaiser werde dort
eintreffen, sowie Kaiser Franz Josef.. Die Nachkur wird
der Preußenkönig in Jschl oder Nagatz nehmen; je nach
„Neigung".
Baiern. Der Landtag ist wieder zusammengetreten.
Als Präsident wurde gewählt Graf Hegnenberg-Dur,
als Vizepräsident Professor Pözl. Die Kammer zog die
sen dem andern Kandidaten aus dem höhern Richterstande,
v. Neumayr, vor. Der frühere Vicepräfident Dr. Weis
erhielt keine Stimme. Er scheint durch sein Auftreten in
der deutschen Frage oder wie immer an Vertrauen ver
loren zu haben. Das zeigte sich auch bei der Abgeord-
neten-Wahl. Diese Thatsache ist nicht bedeutungslos da
Dr. Weis als Vertreter der ministeriellen Richtung gilt;