Rechtsquellen
Beim Inkrafttreten eines neuen Gesetzes wird meistens in den
Schlussbestimmungen angeordnet, nach welchem Recht die bisherigen,
noch vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes abgeschlossenen Sachver-
halte zu beurteilen sind. Wenn solche Sonderregelungen, wie etwa Art.
33 Abs. 1 aGVG (Art. 34 GVG), wonach vor dem Inkrafttreten des Ge-
setzes abgeschlossene Rechtsgeschäfte nach bisherigem Recht zu beur-
teilen sind, fehlen, kommen die allgemeinen Grundsätze zur Anwen-
dung. “Nach herrschender Auffassung ist im Rahmen eines Ver-
waltungsverfahrens die Rechtslage im Zeitpunkt der (erstinstanzlichen)
Entscheidung und nicht diejenige im Zeitpunkt der Einleitung des Ver-
fahrens massgebend”?4, Nach einer anderen Formulierung kommen auf
anhängige (Rechtsmittel-) Verfahren die geltenden, geänderten Gesetzes-
vorschriften mit ihrer Kundmachung und Inkraftsetzung im Zeitpunkt
der Entscheidung oder Urteilsfällung zur Anwendung? Von der sofor-
tigen Anwendung des neuen Rechts kann nur dann abgesehen werden,
wenn das Verfahren aus Gründen, für die der Gesuchsteller nicht ein-
zustehen hat, sehr lange gedauert hat. Dies ist etwa dann der Fall, wenn
ein Drittbeschwerdeführer in querulatorischer Weise Verfahrensver-
zögerung herbeiführt, um die Anwendung des für ihn günstigeren,
neuen Rechts zu erwirken? oder wenn die Behörde eine Entscheidung
pflichtwidrig hinauszögert?”. Nach einer gegenteiligen, auch von der
Verwaltungsbeschwerdeinstanz angeführten Auffassung?® müssen im
Laufe des Rechtsmittelverfahrens eingetretene Rechtsänderungen unbe-
achtet bleiben, es sei denn, zwingende Gründe der öffentlichen Ord-
nung verlangten die sofortige Anwendung des neuen Rechts. Diese Auf-
234 Vgl. SCGH 1980/5, Entscheidung vom 27.8.1980, LES 1981, S. 188 (189); StGH 1977/9,
Entscheidung vom 21.11.1977, LES 1981, S. 53 (56); LGVK G 32/79, Entscheidung
vom 7.3.1980, LES 1982, S. 45 (47). Diese Rechtsprechung entspricht der schweize-
rischen, vgl. Imboden/Rhinow, I, S. 96 und Rhinow/Krähenmann, S. 44 m.H.; Häfe-
ün/Müller Nr. 264 f. Dem entspricht auch die österreichische Rechtslage, vgl. Anto-
niolli/Koja, S. 215.
Vgl. StGH 1984/13, Urteil vom 24.5.1985, LES 1985, S. 108 (109); SSGH 1974/8, Urteil
vom 27.5.1974, ELG 1973-78, S. 370 (371) unter Hinweis auf Art. XIX des Gesetzes
betreffend die Einführung der ZPO: “Es ist auch ein Grundsatz des liechtensteinischen
Rechtes, dass auf ein anhängiges Verfahren die geänderte Gesetzeslage zur Anwendung
kommt, es sei denn, dass das Gesetz in den Übergangsbestimmungen ausdrücklich et-
was anderes anordnet”.
2 Vgl. BGE 113 Ib 235 f. m.H.
27 Vgl. StGH 1984/13, Urteil vom 24.5.1985, LES 1985, S. 108 (109).
»8 Vgl. VBIE 1983/21, Entscheidung vom 20.6.1996, Erw. I1.d), nicht veröffentlicht; unter
Hinweis auf Rhinow/Krähenmann, 5. 44.
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