Rechtsquellen
sachliche Gründe abgewichen werden??. Die Praxis der richterlichen
Behörden, namentlich des Staatsgerichtshofes und der Verwaltungs-
beschwerdeinstanz, hat eine besondere Autorität und steht als Quelle
des “Richterrechts” im Vordergrund. Vielfach erfüllt die höchst-
richterliche Rechtsprechung de facto eine dem Gesetz ähnliche Funk-
ti0n226,
Die Verwaltungsbeschwerdeinstanz ist sich dieses Bindungseffekts
ihrer früheren Entscheide bewusst. In einem “delikaten”, ausländer-
rechtlichen Fall hatte sie sich ausdrücklich davon distanziert: “In die-
sem Sinne muss betont werden, dass die vorliegende Entscheidung an-
gesichts sämtlicher in Erwägung gezogener Tatsachen gefällt wurde
und deshalb nicht als Grundsatzentscheidung heranzuziehen ist”??7,
Den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts und den Verwaltungs-
behörden ist es möglich, sich unter Hinweis auf die besonderen Um-
stände des Einzelfalls der Bindungswirkung der Präjudizien zu entzie-
hen.
Die Praxis der Gerichte wird amtlich publiziert, soweit sie von
allgemeinem Interesse ist?®, In Liechtenstein werden die wichtigen
Entscheide sämtlicher Gerichtshöfe in der Liechtensteinischen Ent-
scheidungssammlung (LES) veröffentlicht. Die LES erscheint seit
1980 viermal jährlich. Vorher bestanden seit 1946 die in Mehr-
jahresbänden zusammengefassten Entscheidungen der Liechten-
steinischen Gerichtshöfe (ELG). Ausserdem veröffentlicht auch die
liechtensteinische Zeitschrift Jus & News ausgewählte Gerichtsent-
scheide.
5 Vgl. VBI 1996/9, Entscheidung vom 3.4.1996, LES 1996, S. 90 (91).
26 Vgl. Adamovich/Funk, S. 252.
27 Vgl. VBI 1986/6, Entscheidung vom 12.11.1986, LES 1987, S. 56 (58).
28 Art. 43 Abs. 3 SIGHG verlangt, dass die Regierung die Entscheidungen des Staatsge-
richtshofes alljährlich ganz oder teilweise zum Abdruck bringt.
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