Abgrenzung von öffentlichem Recht und Privatrecht
grad enthält nicht nur das Prozessrecht, sondern zum Teil auch Bestim-
mungen des allgemeinen Verwaltungsrechts. Man kann das Landesver-
waltungspflegegesetz daher als Teilkodifikation des Verwaltungsrechts
ansprechen. Gleichwohl ist das Abstellen auf die privat- oder öffentlich-
rechtliche Rechtsquelle wenig tauglich. Sie mag etwa bei den privat- und
öffentlichrechtlichen Baueinsprachen angehen’, da der Einsprecher die
nach seiner Auffassung verletzte Rechtsnorm anzuführen hat. Daraus
ergibt sich die entsprechende Zuständigkeit. Diese Methode versagt,
wenn die zivilrechtlichen Kodifikationen - wie in Liechtenstein - auch
öffentlichrechtliche Normen enthalten: “Der Gesetzgeber hat öfters
öffentliches Recht in privatrechtlichen Kodifikationen untergebracht
(man denke nur etwa an die Schlussabteilung im PGR), was freilich an
deren prinzipiell öffentlichrechtlichen Natur nichts ändert”®. Vielfach
besteht das Problem gerade darın, dass die Rechtsfrage anhand pri-
vatrechtlicher oder verwaltungsrechtlicher Rechtsquellen gelöst werden
kann.
Es ist aus praktischen Gründen wichtig, sich bei einem Rechts-
problem zu überlegen, ob das fragliche Rechtsverhältnis dem Pri-
vatrecht oder dem öffentlichen Recht zuzurechnen ist. Denn die Ant-
wort auf diese Frage bestimmt den Rechtsschutz vor den ordentlichen
Gerichten oder vor den Verwaltungsinstanzen?. Untersteht die Lösung
eines Rechtsproblems dem bürgerlichen Recht, so sind für diesen
Rechtsstreit gemäss Art. 100 LV und Art. 29 Abs. 1 lit. a LVG die
ordentlichen Gerichte zuständig. Als ordentliche Gerichte “in bürger-
lichen Rechtssachen” gemäss Art. 102 LV gelten nach $ 1 Abs. 1 des Ge-
richtsorganisationsgesetzes!® das Landgericht (erste Instanz), das Ober-
gericht (zweite Instanz) und der Oberste Gerichtshof (dritte Instanz).
' Vgl. Art. 73 BauG und dazu StGH 1984/8, Urteil vom 24.4.1985, LES 1985, S. 105 (106);
StGH 1980/2, Entscheidung vom 5.3.1980, Stotter, S. 136 f. Ziff. 5.
VBI 1979/25, Entscheidung vom 29.4.1981, LES 1983, 5 (6). Art. 1 Abs. 2 PGR behält
seine öffentlichrechtlichen Bestimmungen ausdrücklich vor. Das Allgemeine bürgerli-
che Gesetzbuch enthält eine Reihe öffentlichrechtlicher Bestimmungen; siehe etwa die
5$ 449-453 über die öffentlichen Sachen, vgl. dazu S. 201 f.; daneben enthalten die $$ 1
ff. ABGB Grundsätze, die nicht nur im Privatrecht, sondern auch im öffentlichen Recht
Geltung haben, z.B. $ 5 (Rückwirkungsverbot), $ 3 und $ 9 (Geltungsdauer der Ge-
setze) usw., vgl. dazu S. 70 ff.
Vgl. StGH 1984/8, Urteil vom 24.4.1985, LES 1985, S. 105 (106); Antoniolli/Koja, S. 110.
Vom 7.4.1922, LR 173.30; vgl. dazu SGH vom 18.4.1931, SEGH-E 1931, S. 15 (19); Kie-
ber, Regierung, S. 301.
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