Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Grundsätze des Rechtsmittelverfahrens 
Diese Bestimmung ist deshalb singulär und in Europa wohl einzigar- 
ung, weil sie dem obersten Verwaltungsgericht erlaubt, nicht nur Tat- 
bestands- und Rechtsfragen, sondern zusätzlich auch Ermessensfragen 
zu prüfen. Die Verwaltungsbeschwerdeinstanz kann demnach ihr Er- 
messen an Stelle desjenigen der Regierung setzen. Diese Kompetenz 
geht ausserordentlich weit und kann, zumindest theoretisch, den 
Spielraum des eigenverantwortlichen Handelns der Verwaltung stark 
einengen?!, 
Die letztinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsbeschwerde- 
instanz sind endgültig, d.h. sie können durch ordentliche Rechtsmittel 
nicht mehr angefochten werden. Vorbehalten bleiben die ausserordent- 
üichen Rechtsmittel der Wiederaufnahme (Revision) und der Erläute- 
rung; die Vorstellung und das Nachsichtsgesuch an die Verwaltungs- 
beschwerdeinstanz sind nur in Verbindung mit einer Beschwerde zu- 
lässig. Soweit verfassungsrechtliche Fragen offenstehen, kann der 
Staatsgerichtshof als Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung von 
Grundrechten oder als Kompetenzkonfliktshof innert offener Frist an- 
gerufen werden?S. 
» Vgl. ausführlicher S. 194 f. 
2 Vgl. Art. 101 Abs. 5 LVG und dazu Ritter, S. 146, Anm. 28. Bis zur Verfassungsände- 
rung vom 25.2.1958, LGBl. 1958/1 enthielt die Verfassung in Art. 97 die Bestimmung, 
wonach die Urteile der Beschwerdeinstanz “endgültig” sind. Diese Bestimmung wurde 
öhne Grund gestrichen, ohne dass sich die Rechtslage geändert hätte. 
Nach Ritter, S. 132 ff. sind die Rechtsbehelfe, die sich an die den Verwaltungsakt 
erlassende Behörde wenden, für die Verwaltungsgerichtsbarkeit bedeutungslos. Des- 
halb können die Urteile der Verwaltungsbeschwerdeinstanz bei ihr nur durch ein Re- 
visionsgesuch oder ein Erläuterungsgesuch angefochten werden. Die Verwaltungs- 
beschwerdeinstanz, VBI 1977/17, Entscheidung vom 12.3.1980, LES 1982, S. 129 hat 
demgegenüber festgehalten, dass ihre Urteile durch Nichtigkeitsbeschwerde, Vorstel- 
lung oder Anzeige anfechtbar seien. Dies dürfte in der Tat nicht richtig sein, denn bei 
den genannten drei Mitteln handelt es sich nur um Rechtsbehelfe bzw. die “Nichtig- 
keitsbeschwerde” ist bloss die Entscheidungskompetenz aufgrund eines Rechtsmittels 
{nämlich die Aufhebung oder Kassation, vgl. dazu Abschnitt VI., S. 297), vgl. Kom- 
missionsbericht und Begründung, S. 13; Steger, S. 525; SCGH vom 6.11.1931, SIGH-E 
1931, 5. 31 ff. (37). 
Vgl. Ritter, S. 132, 136 f. Die Vorstellung und das Nachsichtsgesuch haben somit keine 
selbständige Bedeutung; sie sind ein Bestandteil der Beschwerde, vgl. Art. 90 Abs. 3 
LVG. 
3 Vgl. Art. 23 SSGHG und dazu Ritter, S. 132. 
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