Grundsätze des Rechtsmittelverfahrens
$ 17 Grundsätze des Rechtsmittelverfahrens
I. Recht auf Zugang zu einem Verwaltungsgericht
Die liechtensteinische Landesverfassung garantiert in verwaltungsrecht-
lichen Streitigkeiten einen lückenlosen Zugang zu einer gerichtlichen In-
stanz. Art. 43 LV gewährleistet das Recht der Beschwerdeführung “nöti-
genfalls bis zur höchsten Stelle, soweit nicht eine gesetzliche Beschrän-
kung des Rechtsmittelzuges entgegensteht”'. Eine entsprechende
Garantie kennt auch das österreichische, nicht jedoch das schweizeri-
sche Verfassungsrecht?. Der Gesetzesvorbehalt ist im Zusammenhang
mit den Art. 97 und 104 LV zu lesen. Danach wird die Verwaltungs-
beschwerdeinstanz in verwaltungsrechtlichen Streitsachen nach dem Sy-
stem der Generalklausel zuständig erklärt (Art. 97 LV)°. In besonderen,
enumerierten Fällen amtiert dagegen der Staatsgerichtshof als oberster
Verwaltungsgerichtshof*. Dieses System garantiert insgesamt, dass der
einzelne den Anspruch auf einen lückenlosen Zugang zu gerichtlicher
Kontrolle hat>. Im Zweifel ist “stets die Zulässigkeit des Rechtsmittels
anzunehmen”; ferner gewährleistet Art. 43 LV “grundsätzlich das Recht
der Beschwerdeführung bis zur letzten Instanz. Ausnahmen sind aber
stets einschränkend zu interpretieren ”®. Der Staatsgerichtshof hat in Art.
43 LV ein Gebot effektiven Rechtsschutzes garantiert gesehen. Er hat
beispielsweise ausgeführt, dass es dem in Art. 43 LV verankerten Be-
schwerderecht widersprechen würde, “wenn eine von der Steuerbe-
— StGH 1988/20, Urteil vom 27.4.1989, LES 1989, S. 125. Der Staatsgerichtshof hat diese
Garantie in den letzten Jahren immer mehr effektuiert und sie zu einer grundlegenden
Norm des liechtensteinischen Verwaltungsprozessrechts gemacht. Früher wurde Art. 43
LV noch als gesetzlich beschränkbar angesehen, vgl. z.B. SEGH vom 27.3.1972, ELG
1967-72, S. 270 (274); StGH 1995/5, Urteil vom 27.6.1996, LES 1997, S. 1 (9). Siche die
ausführliche Darlegung der Rechtsprechung bei Höfling, S. 237 ff.; Hoch, Verfahrens-
garantien, S. 107 f., 113 f.
Vgl. VIGH vom 29.6.1995, B 2534/94, EUGRZ 1995, S. 615 (616 m.H.). Vgl. zur Ver-
fassungslage in der Schweiz: Kley, Rechtsschutz, S. 68 ff., 73 ff., 93 ff., 98 ff.
Vgl. Ritter, S. 86 ff.; Steger, S. 523; Waschkuhn, System, S. 198; Loebenstein, Gutachten,
S. 10.
Vgl. Art. 13 StGHG; Sprenger, S. 358 f.; Ritter, S. 84 f., 90; Steger, S. 523; Nell, S. 216;
Ritter, Beamtenrecht, S. 256; Waschkuhn, System, S. 198 m.H. auf den Kommissionsbe-
sicht zum StGHG; Loebenstein, Gutachten, S. 10.
Vgl. Ritter, Beamtenrecht, S. 256; Batliner, Rechtsordnung, S. 155 f.
OHG vom 16.2.1987, Hp 3/81—60, LES 1989, 5. 19; zitiert in SSGH 1995/11, Entschei-
dung vom 22.6.1995, LES 1996, 5. 1 (6).
284