Ausgewählte Verfahrensgrundsätze und Maximen
5. Bindung an die Anträge und die Beschwerdebegründung
Gemäss Art. 81 Abs. 2 LVG ist die Regzerung ım erstinstanzlichen Ver-
fahren an die Anträge der Parteien gebunden. Somit kann über den Ge-
genstand der Verhandlung nicht hinausgegangen und nicht mehr zuge-
sprochen werden, “als beantragt ist, sofern die rechtlichen Voraus-
setzungen gegeben sind”, Diese Bindung an die Parteianträge gilt nur
im erstinstanzlichen Verwaltungsverfahren. Im Beschwerdeverfahren
vor der Regierung oder der Landessteuer- und Grundverkehrskommis-
sion besteht diese Bindung an die Parteianträge nicht mehr!”. Die Ver-
waltungsbeschwerdeinstanz ist weder an die von den Parteien geltend
gemachten Gründe gebunden noch bei der Nichtigerklärung einer Ent-
scheidung von einer auf diese Vernichtung gerichteten vorhergegange-
nen Rüge der Parteien abhängig!®. Sie ist vielmehr berechtigt, die
Gesetzmässigkeit des durchgeführten und der Entscheidung zugrunde-
gelegten Verfahrens zu überprüfen und bei Ausserachtlassung zwingen-
der gesetzlicher Vorschriften selbst von Amts wegen auf deren Befol-
gung zu drängen!,
6. Wiederaufnahme (Revision)
Die Wiederaufnahme eines Verfahrens (Revision) setzt regelmässig neue,
bekanntgewordene Tatsachen oder andere Umstände voraus, welche die
Richtigkeit der früher getroffenen Entscheidung in Frage stellen!®. Die
Wiederaufnahme sucht die objektive Rechtmässigkeit einer Entschei-
dung durchzusetzen!*! und dies sogar in dem Falle, dass die frühere
Entscheidung rechtskräftig geworden ist!®. Sie kann nicht nur auf
Parteiantrag (Art. 104 Abs. 1 LVG), sondern auch von Amtes wegen
156 SYGH 1984/3, Urteil vom 15.10.1984, LES 1985, S. 40.
157 Vgl. zur Reformatio in peius vel melius S. 294 ff.
158 Vgl. Art. 100 Abs. 5 LVG.
159 Vgl. Art. 102 Abs. 3 1.V.m. Art. 106 Abs. 1 lit. b LVG und dazu VBI 1996/11, Entschei-
dung vom 29.5.1996, LES 1997, S. 46 (48); VBI 1996/22, Entscheidung vom 20.6.1996,
LES’1997, S. 50 (53).
1% Vg}. Antoniolli/Koja, S. 806 f.
161 Vgl. Adamovich/Funk, S. 408.
162 Art. 105 Abs. 1 LVG gestattet die Wiederaufnahme schon vor Eintritt der formellen
Rechtskraft; dies ist aber nicht mehr als Revision, sondern vielmehr als Widerruf einer
Verfügung zu werten, vgl. 5. 126 ff.
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