Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Rechtsstaatliche Verfahrensgarantien 
Vielmehr werden die Bestimmungen der Zivilprozessordnung für Ver- 
waltungsverfahren sachgemäss angewendet”. Dies führt dazu, dass die 
direkt auf Art. 31 Abs. 1 LV abgestützte Rechtsprechung zur unentgelt- 
lichen Rechtspflege keine allzugrosse Bedeutung hat. 
In der Praxis stellt sich das Problem, ob auch juristischen Personen die 
unentgeltliche Rechtspflege zusteht. Der Gesetzgeber hatte.nämlich 1987 
die unentgeltliche Rechtspflege ausdrücklich auf natürliche Personen 
beschränkt®®, Damit ist die bisherige Rechtsprechung der liechtensteini- 
schen Gerichtshöfe, die auch juristischen Personen die unentgeltliche 
Rechtspflege zuerkannte®, überholt worden. Der Staatsgerichtshof 
hatte diese Schlechterstellung der juristischen Personen zwar nicht 
namentlich erwähnt, sondern nur festgehalten, dass das “Recht auf 
einstweilige Befreiung von den Prozess- und Anwaltskosten für natür- 
liche Personen” gelte. Er prüfte nicht, ob Art. 31 Abs. 1 LV nicht auch 
den juristischen Personen ein selbständiges Recht :auf unentgeltliche 
Rechtspflege verschaffe. 
Es ist immerhin bemerkenswert, dass das schweizerische Bundes- 
gericht allmählich dazu übergeht, unter eng umschriebenen Vorausset- 
zungen auch den juristischen Personen die unentgeltliche Rechtspflege 
zu gewähren. In einem jüngeren Entscheid hat das Bundesgericht erst- 
mals die Möglichkeit der unentgeltlichen Rechtspflege für juristische Per- 
sonen angedeutet®, Denn sehr wohl könne eine juristische Person zu ei- 
nem Prozess gezwungen sein, um die Bezahlung einer Schuld zu errei- 
chen, die einziges Aktivum sei. Freilich könne eine wirtschaftlich aktive 
juristische Person, die bloss eine begrenzte Verantwortlichkeit habe, 
keine völlige Gleichbehandlung mit natürlichen Personen verlangen, de- 
nen im Falle einer persönlichen Notlage die unentgeltliche Rechtspflege 
zugesprochen werde. Allerdings ist es nach der Auffassung des Bun- 
desgerichtes denkbar, juristischen Personen einen grundsätzlichen An- 
spruch auf unentgeltliche Rechtspflege zuzusprechen, falls die erforder- 
lichen Mittel weder von ihnen noch von den am Rechtsstreit wirtschaft- 
lich Beteiligten aufgebracht werden könnten. 
7 Siehe Art. 43 Abs. 1 LVG i.V.m. $ 63 ZPO. 
Vgl. LGBI. 1987/27 Anderung von $ 60 Abs. 2 und $ 63 Abs. 1 ZPO. 
8 Vgl. OGH vom 16.10.1985, 3 C 203/80-46, LES 1987, S. 10 (14). Im Urteil wurde je- 
denfalls einer Konkursmasse nach einem Sitzunternehmen gemäss $ 57a ZPO das Ar- 
menrecht nicht grundsätzlich verweigert. 
8 Vgl. SCGH 1993/22, Urteil vom 22.6.1995, LES 1996, 5. 7 (9). 
ss Vgl, BGE 119 Ia 337. 
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