Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Rechtsstaatliche Verfahrensgarantien 
zur Behebung von heilbaren Mängeln geben. Behebbare Mängel einer 
Beschwerdeschrift lassen sich über eine entsprechende Befragung zu Be- 
ginn der mündlichen Verhandlung beseitigen. Eine solche Auslegung 
der Art. 93 Abs. 1 1.V.m. Art. 96 Abs. 2 LVG entspricht dem aus Art. 31 
Abs. 1 LV abgeleiteten Anspruch auf rechtliches Gehör“. 
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs im erstinstanzlichen Verwal- 
tungsverfahren könnte im Rechtsmittelverfahren geheilt werden, wenn 
die Rechtsmittelinstanz über freie Kognition in Rechts- und Sachverhalts- 
fragen verfügt und dem Betroffenen die gleichen Mitwirkungsrechte wie 
vor erster Instanz zustehen®. Diese Rechtsprechung ist zwar wegen des 
Verlustes einer Instanz für den Betroffenen ungünstig; der Staatsgerichts- 
hof hat sie aber — wie das schweizerische Bundesgericht®® — als verfas- 
sungsmässig anerkannt”. Die Verwaltungsbeschwerdeinstanz verlässt sich 
indes nicht auf die Heilung der Verletzung des rechtlichen Gehörs im 
Rechtsmittelverfahren. Sie weist bei Verletzungen des rechtlichen Gehörs 
die Beschwerdesache gemäss ständiger Praxis an die Vorinstanz zurück?!, 
Damit geht dem Beschwerdeführer keine Instanz verloren. 
4. Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege 
Art. 31 Abs. 1 LV beinhaltet den Anspruch, dass eine mittellose Person 
keine Gerichtskosten bezahlen muss und auf Kosten des Staates einen 
Anwalt beiziehen kann. Allerdings hängt dieser Anspruch von drei Vor- 
aussetzungen ab’”?: 
— die fragliche Partei muss bedürftig sein, 
der Prozess darf nicht aussichtslos sein und 
5 Vgl. StGH 1993/22, Urteil vom 22.6.1995, LES 1996, S. 7 (10). 
58 Vgl. StGH 1992/8, Urteil vom 23.3.1993, LES 1993, S. 77 (80) unter Hinweis auf Mül- 
ler, Grundrechte, S. 270 und BGE 105 Ia 195, 116 Ia 95 f.; ın VBI 1995/46, Entscheidung 
vom 13.9.1995, LES 1996, S. 22 (25) lag ein besonderer Fall vor, der nicht Allgemein- 
gültigkeit beanspruchen kann. 
% Vgl. z.B. BGE 118 Ib 120 f. 
® Vgl. SCGH 1992/8, Urteil vom 23.3.1993, LES 1993, S. 77 (80). In VBI 1974/20, Entschei- 
dung vom 11.9.1974, ELG 1973-78, S. 119 wurde ein Verfahren betreffend Sozialhilfe 
wegen Nichtgewährung des rechtlichen Gehörs an die Regierung zurückgewiesen. 
Vgl. z.B. VBI 1995/82, Entscheidung vom 6.12.1995, LES 1996, S. 131 (132); VBI 1996/11, 
Entscheidung vom 29.5.1996, LES 1997, S. 46 (47). Hingegen scheint die Verwaltungsbe- 
schwerdeinstanz die Heilung einer Verletzung der Begründungspflicht von Entschei- 
dungen zuzulassen, vgl. VBI 1996/32, Entscheidung vom 2.10.1996, LES 1997, S. 169 (173). 
7 Vgl. StGH 1993/22, Urteil vom 22.6.1995, LES 1996, 5. 7 (9). 
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