Rechtsstaatliche Verfahrensgarantien
Staatsgerichtshof anerkennt?. Danach dürfen Verfahrens- und Prozess-
vorschriften jedoch nicht derart überspannt werden, dass sie dem einzel-
nen den Zugang zu einem Verfahren und damit zum materiellen Recht
übermässig erschweren oder sogar verhindern”. In der Sachentschei-
dung müssen die rechtlich relevanten Anträge oder Beschwerdegründe
behandelt und entschieden werden?!. Ein unzulässiger Formalismus liegt
beispielsweise vor, wenn ein fehlerhafter Beschwerdeantrag und dessen
Begründung zwar in der Replik verbessert wurde, die angerufene In-
stanz aber gleichwohl nicht auf die Beschwerde eintritt”. Ein nicht be-
hebbarer Mangel in der Aktivlegitimation darf in zweiter oder letzter
Instanz “nur zur Aufhebung und Rückweisung der unterinstanzlichen
Entscheidung führen. Eine formelle Zurückweisung der Beschwerde
stellt eine Verweigerung der Sachentscheidung mit der Folge der Rechts-
kraft ... dar”.
c) Verbot der Rechtsverzögerung
Rechtsverzögerung liegt vor, wenn eine zum Handeln verpflichtete
Behörde ein Verfahren über Gebühr verschleppt und damit dem Betrof-
fenen sein materielles Recht abschneidet*. Eine Rechtsverzögerung
durch eine überlange Verfahrensdauer verletzt ebenfalls Art. 31 LV®5
und Art. 43 LV®. Die angemessene Dauer beurteilt sich nach der Natur
29 Vgl. StGH 1995/11, Urteil vom 22.6.1995, LES 1996, 5. 1 (6); StGH 1992/ 13-15, Urteil
vom 23.6.1995, LES 1996, S. 10 (19); SEGH 1995/10, Urteil vom 23.5.1996, LES 1997,
S. 9 (17) zur Ableitung aus Art. 31 Abs. 1 LV; vgl. auch Höfling, S. 243 zur Anspruchs-
grundlage des Art. 43 LV.
» Vgl. grundlegend StGH 1992/8, Urteil vom 23.3.1993, LES 1993, 5. 77 (81 f.).
” Vgl. Art. 80 Abs. 3 und Art. 83 Abs. 3 LVG und dazu StGH 1978/11, Entscheidung vom
11.10.1978, LES 1981, S. 99 (102).
2 Vgl. SCGH 1995/11, Urteil vom 22.6.1995, LES 1996, S. 1 (6).
3 StGH 1989/5, Urteil vom 3.11.1989, LES 1990, S. 48 (51).
* Vgl. SCGH 1984/14, Urteil vom 28.5.1986, LES 1987, S. 36 (40 f.); Hoch, Verfahrensga-
rantien, S. 115. Der Staatsgerichtshof hatte allerdings eine Verfahrensdauer von drei Jah-
ren und zehn Monaten als formelle Rechtsverweigerung bewertet. Dies ist nicht richtig,
da eine Rechtsverzögerung vorliegt. Bei der formellen Rechtsverweigerung weigert sich
die Behörde, überhaupt einen Sachentscheid zu fällen; vgl. aber VBI 1966/7, Ent-
scheidung vom 4.4.1966, ELG 1962-66, 5. 31.
5 Vgl. VBI 1994/44, Entscheidung vom 9.11.1994, LES 1994, 5. 44.
% Vgl. SCGH 1984/14, Urteil vom 28.0.5.1986, LES 1987, S. 36 (40). Höfling, S. 244 macht
darauf aufmerksam, dass die verfassungsrechtliche Verortung des Verbots der Rechts-
verzögerung unklar ist.
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