Grundsätze des Verwaltungsverfahrens
lichen Verhältnisse besser kennen, abstellt. Es ist deshalb zulässig, dass
die Regierung bei der Sammlung des rechtserheblichen Sachverhalts von
den Darlegungen der Gemeindevertretung nur zurückhaltend ab-
weicht?. Es ist dagegen eine formelle Rechtsverweigerung, wenn die Re-
gierung die Beschwerde der Vorinstanz zur Beurteilung übergibt und
ihren Beschwerdeentscheid dieser Beurteilung zugrunde legt.
Der allgemein gehaltene Vorwurf, dass das Vorbringen eines Be-
schwerdeführers nicht mit genügender Ausführlichkeit behandelt wur-
de, kann noch keine formelle Rechtsverweigerung dartun. Vielmehr
muss detailliert begründet und nachgewiesen werden, dass auf eine be-
stimmte entscheidungsrelevante Behauptung oder Tatsache nicht einge-
gangen wurde, so dass der Grundsatz der Rechtsgleichheit verletzt ist?
b) Verbot des überspitzten Formalismus
Eine andere Art der Rechtsverweigerung liegt vor, wenn eine Behörde
aufgrund überspitzt formal angewandter Verfahrensregelungen auf ein
Gesuch oder eine Beschwerde nicht eintritt. Das Verfahrensrecht “hat
grundsätzlich der Verwirklichung des materiellen Rechtes zu dienen ”?.
Verfahrens- und Prozessvorschriften sind notwendig, damit das materi-
elle Recht durchgesetzt und geschützt werden kann. “Formvorschriften
dürfen nie derart interpretiert und angewendet werden, dass sie zum
Selbstzweck werden”? und damit im Ergebnis die Durchsetzung und
Anwendung des materiellen Rechts verhindern?®.
Das Verbot des überspitzten Formalismus wird als ein unge-
schriebenes oder abgeleitetes Verfassungsprinzip betrachtet, das der
3 VBI 1995/43, Entscheidung vom 4.10.1995, LES 1996, S. 32 (34); Nell, S. 158 und Anm.
385. Ebenfalls keine formelle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn ein Staat die Katego-
nie der gerichtsfreien Hoheitsakte schafft; allerdings darf eine Instanz nicht von sich aus
die Behandlung einer politisch gefärbten Beschwerde ablehnen. Die gerichtsfreien
Hoheitsakte müssen sich auf gesetzliche Grundlagen stützen, vgl. Ritter, 5. 105 ff., insb.
$. 110; Kley, Rechtsschutz, 5. 267 ff.; vgl. dazu auch S. 100, 286.
Vgl. VBI 1996/94, Entscheidung vom 10.1.1997, S. 10 f., Erw. II.d), nicht veröffentlicht.
Vgl. StGH 1991/12a und 1991/12b, Urteil vom 23.6.1994, LES 1994, S. 96 (97); StGH
1984/2, Urteil vom 30.4.1984, LES 1985, S. 65 (67). Vgl. zum Anspruch auf eine
genügende Begründung von Entscheidungen S. 258 ff.
% StGH 1992/ 13-15, Urteil vom 23.6.1995, LES 1996, S. 10 (19).
7 StGH 1992/ 13-15, Urteil vom 23.6.1995, LES 1996, S. 10 (19). ;
® Vgl. Art. 27 Abs. 1 LV und StGH 1992/8, Urteil vom 23.3.1993, LES 1993, 5. 77 (81),
welcher Art. 27 LV allerdings nicht anführt.
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