Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Rechtsstaatliche Verfahrensgarantien 
Art. 13 EMRK. Danach darf das Beschwerderecht nicht nur formeller 
Art sein, sondern muss einen tatsächlich wirksamen Gehalt in Form ei- 
ner Sachentscheidung haben". 
Formelle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn ein Anspruch auf ein 
Verfahren besteht und die Behörde sich weigert, dieses trotz des Begeh- 
rens eines Berechtigten an Hand zu nehmen und zu behandeln. Sei es, 
dass die Behörde die Behandlung des Begehrens ablehnt oder sei es, dass 
sie das Gesuch stillschweigend nicht behandelt'®. Das Verbot der 
Rechtsverweigerung erfasst die schlichte Untätigkeit einer Gerichts- 
oder Verwaltungsbehörde, die ein Urteil, einen Beschwerdeentscheid 
oder einen Verwaltungsakt erlassen müsste. 
Eine Rechtsverweigerung kommt aber nicht nur zustande, wenn die 
Behörde untätig bleibt, sondern auch, wenn sie nicht im gesetzlich 
geforderten Mass tätig wird. Dies trifft zu, wenn der entscheidungs- 
relevante Sachverhalt überhaupt nicht oder fehlerhaft abgeklärt wird! 
oder die Kognition unzulässigerweise beschränkt wird?. So muss die 
Verwaltungsbeschwerdeinstanz alle Tatsachen-, Rechts- und Ermessens- 
fragen überprüfen (Art. 100 Abs. 2 LVG}. Eine rechtliche oder fak- 
tische Bindung an vorinstanzliche Entscheide würde eine formelle 
Rechtsverweigerung beinhalten?. Gleichwohl bedeutet es keine for- 
melle Rechtsverweigerung, wenn die Regierung als Beschwerdeinstanz 
auf die besondere Sachkenntnis der Gemeindebehörden, welche die ört- 
7 Vgl. SEGH 1994/26, Urteil vom 27.6.1996, LES 1996, S. 195 (202); StGH 1989/5, Urteil 
vom 3.11.1989, LES 1990, S. 48 (51 f.); StGH 1982/31, Urteil vom 15.10.1982, LES 1983, 
S. 105; SCGH 1982/31/V, Urteil vom 10.2.1983, LES 1983, S. 118 f. In SCGH 1988/4, Ur- 
teil vom 30./31.5.1990, LES 1991, S. 1 (4) definiert der Staatsgerichtshof die Rechts- 
verweigerung als eine schwere Verletzung des formellen Rechts (unter Hinweis auf 
StGH 1961/1, Urteil vom 12.6.1961, nicht veröffentlicht); VBI 1996/74, Entscheidung 
vom 10.1.1997, S. 11, Erw. IL.c), nicht veröffentlicht. 
Grundlegend StGH 1991/12a und 1991/12b, Urteil vom 23.6.1994, LES 1994, S. 9 (97) 
unter Hinweis auf Müller, Grundrechte, S. 261 f.; SGH 1995/5, Urteil vom 27.6.1996, 
LES 1997, S. 1 (8); StGH 1989/14, Urteil vom 31.5.1990, LES 1992, S. 1 (3); StGH 
1978/3, Urteil vom 24.4.1980, LES 1980, S. 28 (31). 
Vgl. SIGH 1961/1, Entscheidung vom 12.6.1961, S. 5, nicht veröffentlicht; VBI 1996/74, 
Entscheidung vom 10.1.1997, S. 11, Erw. ILc), nicht veröffentlicht, 
20 Vgl. SCGH 1991/12a und 1991/12b, Urteil vom 23.6.1994, LES 1994, S. 96 (97). 
a Vgl. VBI 1955/2, ELG 1955-1, 5. 21; VBI 1954/9, ELG 1947-54, S. 5; SCGH 1978/11, 
Entscheidung vom 11.10.1978, LES 1981, S. 99 (102). 
A.A. VBI 1964/19, Entscheidung vom 12.1.1966, ELG 1962-66, S. 7; VBI 1961/8, ELG 
1955—1, S. 20 f.; VBI 1954/10, ELG 1947-54, S. 5; vgl. aber VBI 1960/11, ELG 1955-61, 
S. 20, wo die drei Instanzen verschiedene Meinungen vertraten, schloss sich die Ver- 
waltungsbeschwerdeinstanz der lokalen Behörde, der Gemeindevorstehung, an. 
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