Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Rechtsgleichheit 
sem Grundsatz gibt es aber eine Ausnahme, die in sämtlichen Rechtsge- 
bieten gilt. Weicht eine Behörde nicht nur in einem oder in einigen 
Fällen, sondern in ständiger Praxis vom Gesetz ab, und gibt sie zu er- 
kennen, dass sie auch in Zukunft nicht gesetzeskonform entscheiden 
werde, so kann der einzelne verlangen, gleich behandelt, d.h. ebenfalls 
gesetzwidrig begünstigt zu werden. Freilich kann aus der Tatsache, 
“dass es der Landespolizei nicht möglich ist, sämtliche in Liechtenstein 
begangenen Übertretungen ohne Verzug zu ahnden”, geschlossen wer- 
den, es liege eine konsequent gesetzwidrige Praxis vor’®. Das Interesse 
der Betroffenen an der Gleichbehandlung überwiegt nur dann gegen- 
über dem Grundsatz der Gesetzmässigkeit, wenn eine Behörde nicht ge- 
willt ist, eine rechtswidrige Praxis aufzugeben”. Freilich besteht die 
Möglichkeit, dass eine gesetzwidrige Praxis bei der Regierung angezeigt 
und von dieser auf dem Aufsichtsweg aufgehoben wird. Ein Anspruch 
auf Weiterführung einer gesetzwidrigen Praxis besteht indes nicht. Ver- 
letzt eine ständige gesetzwidrige Praxis Grundrechte der Verfassung, so 
tritt die Gleichbehandlung im Unrecht vor den Grundrechten auf jeden 
Fall zurück?. 
3. Praxisänderung 
Die Behörden dürfen eine lange geübte Praxis grundsätzlich ändern, 
wenn die tatsächlichen Umstände zu einer neuen sachlichen Beurteilung 
der bisherigen Praxis führen‘. “Eine richtige rechtliche Beurteilung 
kann nun nicht grundsätzlich daraus abgeleitet werden, dass eine beur- 
teilende Behörde stets gleich entscheidet, und es kann auch nicht 
grundsätzlich eine unrichtige rechtliche Beurteilung sein, wenn die glei- 
3 Vgl. SCGH 1992/1315, Urteil vom 23.6.1995, LES 1996, S. 10 (19) unter Hinweis auf 
BGE 108 Ia 213; VBI 1983/21, Entscheidung vom 20.6.1996, Erw. ILe), nicht ver- 
öffentlicht; offen gelassen in VBI 1994/17, Entscheidung vom 11.5.1994, LES 1994, 
$. 130 (133); unter Hinweis auf Rhinow/Krähenmann, 5. 223; Häfelin/Müller Nr. 90. In 
VBI 1995/21, Entscheidung vom 5.7.1995, LES 1995, S. 137 (142) war das Erfordernis 
einer ungleichen Behandlung nicht erfüllt. 
% VBI 1996/26, Entscheidung vom 20.6.1996, LES 1997, 5. 48 (50). 
”7 Vgl. VBI 1983/21, Entscheidung vom 20.6.1996, Erw. 1l.e), nicht veröffentlicht. 
® Vgl. VBI 1988/47, Entscheidung vom 14.9.1989, LES 1990, S. 98 (100). 
9 Vgl. StGH 1969/1, Urteil vom 13.7.1970, ELG 1967-72, S. 251 (253). 
Vgl. VBI 1996/26, Entscheidung vom 20.6.1996, LES 1997, S. 48 (50). 
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