Ermessen und Gesetzmässigkeitsprinzip
der Ermessensüberprüfung durch den Verfassungs- und Gesetzgeber
beseitigt werden sollte. Sie verschafft der Verwaltungsbeschwerde-
instanz eine merkwürdige Zwitterstellung zwischen oberstem Ver-
waltungsgericht und “Oberregierung ”!*, Der Staatsgerichtshof hat die
Verwaltungsbeschwerdeinstanz je nach Zusammenhang entweder als
“Gericht ”!6 oder als “Verwaltungsbehörde”!® qualifiziert. In der jüng-
sten Zeit hat er diese widersprüchliche Rechtsprechung zu verbinden
gesucht. Er hat zwar festgehalten, dass die Verwaltungsbeschwerde-
instanz “als Verwaltungsgericht mit der verfassungsmässigen Garantie
der Unabhängigkeit eingerichtet” ° ist. Aber “als verwaltungsgericht-
liche Letztinstanz im Verwaltungsverfahren ist die Verwaltungsbe-
schwerdeinstanz den Verwaltungsbehörden zuzurechnen und zählt un-
beschadet der Gerichtsstellung nicht zu den Organen der ‘Rechtspflege’
im Sinne von Art. 99 bis 103 LV.” Dieses Urteil ist mysteriös; es erinnert
an die frühere Auseinandersetzung, ob überhaupt eine Verwaltungs-
gerichtsbarkeit zulässig, ja vorstellbar sein könnte. Der Staatsgerichtshof
wankt zwischen der Skylla der Verwaltungsbehörde und der Charybdis
der Gerichtsbarkeit hin und her!7!, Immerhin ist das Urteil insofern be-
rechtigt, als die mögliche Ermessenskontrolle durch die Verwaltungs-
beschwerdeinstanz für ein Verwaltungsgericht untypisch ist und an eine
Verwaltungsbehörde erinnert. Es besteht insofern gesetzgeberischer
Handlungsbedarf, als ein echtes Instanzgericht mit einer Sachverhalts-
und Rechtskontrolle eingerichtet werden sollte.
4. Begründung von Ermessensentscheiden
Es ist richtig, dass jede Rechtsmittelinstanz und die Verwaltungsbe-
schwerdeinstanz eine Begründung für jeden Ermessensentscheid verlan-
gen muss, um die Ermessensbetätigung gegebenenfalls nachprüfen zu
'97 Die Literatur hat demzufolge Mühe gehabt, die Verwaltungsbeschwerdeinstanz der Ge-
richtsbarkeit oder der Verwaltung zuzuordnen, vgl. Ritter, S. 53 ff.; Sprenger, S. 367 f.;
Batliner, Verfassungsrecht, S. 85, Anm. 138; Loebenstein, Gutachten, S. 41 f.
168 Vgl. StGH 1996/15, Urteil vom 27.6.1996, LES 1997, S. 89 (92); StGH 1986/7, Urteil
vom 5.5.1987, LES 1987, S. 141 (144); StGH 1980/7, Urteil vom 10.11.1980, LES 1982,
$. 1 (3); SIGH 1996/15, Urteil vom 27.6.1996, LES 1997, S. 137 (140).
169 Vgl. SCGH 1984/1, Urteil vom 30.4.1984, LES 1985, S. 35 (37); SCGH 1984/1/V, Urteil
vom 15.10.1984, LES 1985, S. 37 (38).
70 Vg]. SCGH 1993/9, Urteil vom 22.3.1994, LES 1994, 5. 68.
71 Vgl. Sprenger, S. 338 f.
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