Anforderungen des Gesetzmässigkeitsprinzips "Bei schweren Eingriffen in grundrechtlich geschützte Positionen verlangt das Bundesgericht in den wesentlichen Punkten eine klare unzweideutige Grundlage in einem formellen Gesetz; leichtere Ein griffe können bei Vorliegen einer schlüssigen gesetzlichen Delegation auch in Erlassen unterhalb der Gesetzesstufe vorgenommen oder auf Generalklauseln abgestützt werden (...). In gewissen Fällen kann eine aufgrund der Komplexität und Vielgestaltigkeit der zu regelnden Ver hältnisse unabdingbare Unbestimmtheit der gesetzlichen Grundlage durch verfahrensrechtliche Garantien kompensiert werden (...)". Die vom Bundesgericht angesprochene Kompensation einer (nur knapp genügenden) Gesetzesgrundlage durch das Verfahrensrecht ist von zen traler Bedeutung. Diese Bedeutung des Verfahrensrechts und der Ge richtskontrolle von Grundrechtseingriffen wird in der ständigen Recht sprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hervor gehoben41. Das Bestimmtheitsgebot verwirklicht das vom Gesetzmässigkeits- prinzip geschützte Gebot der Rechtssicherheit und Rechtsgleichheit'12. Gemäss Art. 92 Abs. 2 LV sind selbst im Bereich des freien Ermessens "die durch die Gesetze gezogenen Grenzen streng zu beobachten". Der Begriff des "freien Ermessens" ist allerdings verfänglich. Im Rechtsstaat kann es kein "ungebundenes" oder eben völlig freies Ermessen geben. Das Ermessen ist rechtlich immer gebunden; die ermesseneinräumende Norm muss zudem den Sinn erkennen lassen, wie vom Ermessen Ge brauch zu machen ist43. In diesem Sinne hat der Staatsgerichtshof bei spielsweise zu Recht Art. 30 des Gesetzes über die Rechtsanwälte44 als zu unbestimmt angesehen. Nach dieser Norm hat "der Bewerber für die Ausübung der beabsichtigten Tätigkeit eine entsprechende Ausbildung und eine dreijährige berufliche praktische Betätigung auf diesem Ge 41 Vgl. z.B. Urteil Klass, EGMR/A 28, § 55 = EuGRZ 1979, S. 286; vgl. im einzelnen Kley, Rechtsschutz, S. 60 ff. « Vgl. S. 204 ff. 43 Vgl. StGH 1979/6, Entscheidung vom 11.12.1979, LES 1981, S. 114; StGH 1986/9, Urteil vom 5.5.1987, LES 1987, S. 145 ff. (147). Dies war in der Entscheidung der VBI 1976/11 vom 12.5.1976, ELG 1973-78, S. 130 (131) zweifellos nicht der Fall. Die fragliche Bewil ligung wurde indessen "nach freiem Ermessen" erteilt. In dieser Situation müsste von einer Bewilligungspflicht mangels öffentlichen Interesses wohl eher abgesehen werden. 44 Sowie über Rechtsagenten, Treuhänder, Wirtschaftsprüfer und Patentanwälte vom 13.11.1968, LR 173.501. 175