Vollstreckungsmittel
$ 9 Vollstreckungsmittel
I. Grundsätze
Die Verwaltung hat die formell rechtskräftigen Verfügungen zu voll-
strecken. Der Staat müsste geradezu abdanken, wenn er auf die Voll-
streckung von Verfügungen verzichten würde, Insbesondere kann er
sich nicht darauf beschränken, an Stelle der effektiven Vollstreckung nur
Schadenersatz wegen Nichterfüllung gesetzlicher Pflichten zu verlan-
gen. Denn damit wäre die Geltung des öffentlichen Rechts und die
Verfügungsbefugnis der Behörden in Frage gestellt'. Gegen Bezahlung
einer Schadenersatzgebühr könnte jemand beispielsweise ausserhalb der
Bauzone und auch ohne Baubewilligung bauen. In den verwaltungs-
rechtlichen Vollstreckungsmitteln drückt sich die Hoheitsgewalt des
Staates aus.
Das Landesverwaltungspflegegesetz regelt die Vollstreckung in den
Art. 110 bis 135 ausführlich. Zum Teil handelt es sich nicht nur um Nor-
men der Zwangsvollstreckung, sondern auch des Polizeirechts?. Voraus-
setzung für das Vollstreckungsverfahren ist die Vollstreckbarkeit der
Verfügung oder des Urteils. Diese wird in aller Regel mit dem Eintritt
der formellen Rechtskraft gegeben sein’. Art. 110 Abs. 1 und Art. 119
Abs. 1 LVG machen allerdings deutlich, dass eine Verfügung auch schon
vor Eintritt der formellen Rechtskraft vollstreckt werden kann. Dies gilt
jedoch nicht allgemein. Das Landesverwaltungspflegegesetz schweigt
sich darüber aus, trotz seiner ansonsten hohen Regelungsdichte. Eine
Verfügung kann vor Eintritt der formellen Rechtskraft vollstreckt wer-
den‘, wenn der Beschwerde ausnahmsweise keine aufschiebende Wir-
kung zukommt oder wenn ıhr die aufschiebende Wirkung entzogen
worden ist. Eine rechtskräftige Verfügung wird zu einem späteren Zeit-
punkt als dem Eintritt der formellen Rechtskraft vollstreckt, wenn in
der Verfügung selbst eine längere Vollstreckungsfrist festgesetzt ist®.
| Vgl. Häfelin/Müller Nr. 913.
Vgl. Art. 128 LVG über Epidemien oder Art. 135 LVG über den Einsatz von Waffen.
Vgl. Adamovich/Funk, 5. 413.
Vgl. Walter/Mayer Nr. 472 f.; Antoniolli/Koja, S. 578; Adamovich/Funk, S. 413.
Vgl. Art. 100 i.V.m. Art. 116 LVG und dazu unten S. 293. Dies bedeutet die nach Art. 82
Abs. 1 lit. d LVG mögliche Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit.
Vgl. Art. 82 Abs. 1 lit. d LVG.
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