Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Privatwirtschaftsverwaltung 
Der Staat hat niemals ein Recht auf Willkür, in welcher Rechtsform er 
auch immer auftritt. Nach rechtsstaatlicher Lehre und Rechtsprechung 
ist das Gemeinwesen auch dann vollumfänglich an die Grundrechte ge- 
bunden, wenn es in den Formen des Privatrechtes tätig wird (sog. Fis- 
kalgeltung der Grundrechte)!?. Die “Flucht in das Privatrecht” wird zu- 
mindest aus grundrechtlicher Sicht nicht honoriert. Dem Staatsgerichts- 
hof hat seine langjährige Praxis nach entsprechender Kritik? mit Urteil 
vom 30. August 1996!* modifiziert: 
“Um nun aber unabhängig vom vorliegenden Fall eine allfällige un- 
zulässige Flucht ins Privatrecht überhaupt wirkungsvoll sanktio- 
nieren zu können, braucht es eine öffentlichrechtliche Kontrolle auch 
über die Privatwirtschaftsverwaltung. Und auch bei zulässiger Ver- 
wendung des Privatrechts durch die Verwaltung erscheint es nicht 
vertretbar, dass hier rechtsfreie Räume ohne jegliche verwaltungs- 
rechtliche Kontrolle entstehen. Denn der im Bereich der Privatwirt- 
schaftsverwaltung offene zivile Rechtsweg steht nur den Vertrags- 
partnern zur Verfügung. Gegen die allfällige Verletzung öffentlicher 
Interessen oder der Interessen spezifisch betroffener Dritter bietet 
der Zivilrechtsweg indessen keinen Rechtsschutz”. 
Faktisch ergibt sich bei den privatrechtlichen Handlungsformen jedoch 
ein etwas grösserer Spielraum der Verwaltung, da sie — je nach Sachge- 
biet — nicht direkt an die allgemeinen Grundsätze des Verwaltungsrechts 
(gesetzliche Grundlage oder Verhältnismässigkeit) gebunden ist. 
1? Vgl. das schweizerische Bundesgericht BGE 109 Ib 155 oder das Urteil vom 10.7.1986, 
ZBl. 1987, S. 205 ff. (208); Häfelin/Müller Nr. 237; Yvo Hangartner, Öffentlich- 
rechtliche Bindungen privatrechtlicher Tätigkeit des Gemeinwesens, in: Festschrift für 
Mario Pedrazzini, Bern 1990, S. 129 ff. (143); Antoniolli/Koja, S. 39 und Adamovich/ 
Funk, S. 147, 152 f. betonen für die österreichische Situation nur Geltung des Gleich- 
heitssatzes. In der deutschen Literatur ist die Bindung des Gemeinwesens auch in seinen 
privatrechtlichen Handlungsformen an die Grundrechte unbestritten: Hesse, Ver- 
fassungsrecht Nr. 345-348; Klaus Stern, Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutsch- 
land, Band H/1: Allgemeine Lehren der Grundrechte, München 1988, S. 71 ff. und Band 
111/1, S.1396 ff; Höfling, S. 73. In Österreich wird die fehlende Fiskalgeltung der 
Grundrechte kritisiert; sie müsste durch den Verfassungsgeber eingeführt werden, vgl. 
Walter/Mayer, Bundesverfassungsrecht Nr. 1333 m.H. 
13 Vgl. Höfling, S. 73 f. 
4 StGH 1996/5, Urteil vom 30.8.1996, LES 1997, S. 141 (147). 
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