Volltext: Grundriss des liechtensteinischen Verwaltungsrechts

Auslegung des Verfassungs- und Verwaltungsrechts 
wird zwar durch die liechtensteinischen Richter, die in Österreich stu- 
diert haben bzw. die österreichischen Richter vermittelt. Er scheint aber 
keinen zentralen Stellenwert zu haben und wird nicht konsequent ange- 
wendet!*, Ferner relativiert die moderne österreichische Methodenlehre 
die von Kelsen geprägte positivistische Rechtsauffassung stark!#®. 
Die Anwendung der Gesetze ist ein produktiver Vorgang; keine 
Rechtsnorm kann ohne einen vom Vorverständnis des Rechtsanwenders 
geleiteten Verstehensprozess angewendet werden. Es gibt keine von Ge- 
sellschaft, Kultur, Sprache und Subjektivität losgelöste “reine” oder 
“saubere” Auslegung. Die Hinführung zum richtigen Resultat der Ge- 
setzesauslegung ist nach den Erkenntnissen der Hermeneutik alles an- 
dere als durch die Auslegungsmethoden gesteuert oder gar garantiert. 
Die Rechtsanwender huldigen vielmehr einem Methodenpluralismus; 
Winfried Hassemer formulierte diese Ausweglosigkeit prägnant!**: 
“Solange es also keine Meta-Methode gibt (und die gibt es nicht), 
welche vorschreibt, in welchen Situationen welche Methode zu ver- 
wenden ist, sind die Auslegungsmethoden nicht Regeln, sondern 
facons de parler; sie steuern das Ergebnis der Entscheidung nicht, 
sondern sind nichts weiter als sprachliche Vehikel, auf denen das Er- 
gebnis daherkommt. Eine für eine praktisch interessierte Methoden- 
lehre deprimierende Situation”. 
Die Hermeneutik hat ein Problembewusstsein gebildet, aber keine me- 
thodischen Lösungen vorgeschlagen, wie die Bindung des Rechts- 
anwenders an das Gesetz sichergestellt werden könnte. Es handelt sich 
um ein bis heute ungelöstes Problem der Rechtswissenschaft!®®. In der 
juristischen Praxis ist man bei den bisherigen Auslegungsmethoden ge- 
blieben, obwohl die Auslegungsmethoden das Auslegungsergebnis ge- 
rade nicht zu steuern vermögen. Das Ergebnis wird vielmehr durch die 
subjektiven Wertungen des Auslegers festgelegt. Denn die Metho- 
147 Dies lässt sich namentlich an der These von der “Geschlossenheit des Rechtsquellen- 
systems” nachweisen, vgl. S. 67, 75. 
48 Vgl]. z.B. Adamovich u.a., Staatsrecht, S. 34 f. 
# Vgl. Einführung in die Grundlagen des Strafrechts, 2. Aufl., München 1990, S. 117. 
50 Vgl. zu den Weiterentwicklungen Kley, Rechtsschutz, S. 174 ff; Andreas Kley, Wittgen- 
stein und die moderne juristische Methodik, Recht 1996, S. 189 ff. 
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