Volltext: Vaduzer Wein

Weinberg bestehen bleiben” und besser als bisher 
bewirtschaftet werden sollte. Die Tragweite dieses An- 
:rags sei sehr gross. Dieser erste Schritt könne für den 
Weinbau der Gemeinde Vaduz von eminenter Bedeu- 
ung werden. 
Der Regierungschef führte weiter wörtlich an: “Der 
Vaduzer Weinbau ist weit über die Grenzen unseres 
kleinen Lands hinaus bekannt. Man muss es gehört 
haben, wie alte und älteste Leute vom Vaduzer 
Eigenbau in Verbindung mit der alten Schlosswirt- 
schaft in Vaduz sprechen, welche Poesie sich um die- 
sen Rebensaft webt, welche Sagen und lieben Erinne- 
rungen an diesem köstlichen Getränke haften. Der 
Susersonntag ist im Auslande nicht minder als in der 
Heimat sprichwörtlich geworden, und überall wo 
man von Vaduz spricht, steuern die Gedanken macht- 
voll hin zum prickelnden ‘Krätzer’ und seinem etwas 
zahmeren aber nicht minder gehaltvollen ‘Abzug’. 
Wer meint, dass das Schloss allein den Anziehungs- 
punkt für Vaduz darstelle, hat sicher den Vaduzer 
noch nicht gekostet. Hat einer dieses Versäumnis erst 
sinmal nachgeholt, so wird er wiederkehren in die 
herrlichen Rebgelände und sich laben an dem Göt- 
tertranke, dem Vaduzer.” 
Man gebe sich über die schlechte Rendite des 
Bockweingartens keinen Illusionen hin, meinte der 
Regierungschef. Bei besserer Bewirtschaftung könn- 
ten die Rechnungsabschlüsse aber jedenfalls besser 
ausfallen. Und wenn auch hie und da noch ein Defizit 
zu verzeichnen sein werde, dann sei darauf hingewie- 
sen, “dass der Vaduzer es war, der den alten Ruf der 
Hauptstadt, in der ja auch Seine Durchlaucht immer 
wieder gerne weilen, begründet hat und stets fortle- 
ben lässt.” Der grösste Teil der Vaduzer Bürger teile 
die Ansicht der Regierung. Die Vaduzer würden der 
Regierung einmal schwere Vorwürfe machen, “wenn 
sie leichterdings über diese Sache hinwegginge”. Jetzt 
schon werde vermutet, “dass mit einem Drittel ange- 
fangen werde, und dann das zweite und endlich das 
letzte Drittel folgen werde”. Wenn aber einmal aus 
dem Bockweingarten die Reben verschwänden, 
werde auch dem Vaduzer Weinbauern der Mut sin- 
ken. Vom rein kaufmännischen Standpunkt aus sei 
der Antrag der Domäne verständlich, vom “Stand- 
aunkte des Heimatschutzes und des Fremdenver- 
kehrs aus” seien aber die Ausführungen der Regie- 
rung unbedingt gerechtfertigt. 
Der Regierungschef sprach dafür, “die Bearbei- 
ung des Weingartens mit erneuter Kraft und Ener- 
gie, eventuell auch unter anfänglicher Bringung von 
Opfern” an die Hand zu nehmen. Falls jedoch “mit 
Rücksicht auf die bisherige Defizitwirtschaft” am Ver- 
kauf eines Drittels festgehalten werde, so empfahl die 
Regierung, den Boden an die Gemeinde zu einem 
Klafterpreis von etwa zehn Franken abzugeben. Der 
‘Untergrund zur Strasse” sollte der Gemeinde ge- 
schenkt werden. “Gewiss würde auf öffentlicher Ver- 
steigerung ein höherer Preis erzielt, aber sicherlich 
würden in diesem Falle 90 Prozent des Grundes in 
judenhände geraten”, meinte der Regierungschef. 
Die restlichen zwei Drittel sollten “für alle Zukunft als 
Weingarten bewirtschaftet werden”. Die Angelegen- 
heit habe der Regierung “viele Stunden ernsten 
Überlegens” verursacht. Wenn auch ein Entgegen- 
sommen für die Gemeinde noch so sehr erwünscht 
sei, so sei doch eines todsicher: “Der Tag, an dem ein 
Drittel der Reben des Bockweingartens sterben, wird 
ein Trauertag für jeden echten Vaduzer sein” 
Fürst entscheidet für Verkauf 
Wenig später gab die Kabinettskanzlei die Entschei- 
dung des Fürsten bekannt: “So sehr Seine Durch- 
laucht der Landesfürst die von der fürstlichen Regie- 
rung im Interesse des Heimatschutzes dargestellten 
31 Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, S. 174. 
32 Zeller, S. 85. 
33 Vgl. oben S. 63-68. 
34 LLA RE 1923, Nr. 293 und Nr. 637, mehrere Akten. 
35 1LA RE 1923, Nr. 293, Kabinettskanzlei an Domänenver- 
waltung, Wien, 18. Januar 1928; zur Kenntnis an Regierung, 
LLA RE 1923, Nr. 637, Forst- und Domänenverwaltung Vaduz 
an Kabinettskanzlei, 8. Februar 1923. 
LLA RE 1923, ad Nr. 637, Ortsvorstehung Vaduz an Domänen- 
verwaltung, Abschrift, 9. Februar 1923. — Das Schreiben war 
ınterzeichnet von Vorsteher Josef Gassner und Gemeinde- 
<assier B(ernhard) Risch. 
LLA RE 1923, Nr. 637, Regierung an Kabinettskanzlei, 
29, Februar 1923. 
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