19. Jahrhunderts vereinzelt zu Zehntverweigerungen
gekommen war und in der Folge in Petitionen des
Volkes mehrmals die Befreiung von den Zehntlasten
gefordert wurde, verabschiedete der Landtag 1864 ein
Zehntablösungsgesetz. Die Zehntrechte konnten ge-
gen Bezahlung des 20fachen jährlichen Durchschnitts-
ertrages abgelöst werden. In den folgenden Jahren
wurden die Zehntablösungskapitalien ermittelt und in
Raten abbezahlt. So verschwand eine jahrhunderte-
alte, auf dem Agrarland haftende Grundlast.23%0
Weinzehnt in Vaduz
Naturgemäss war der Weinzehnt die erträglichste
Zehntart in Vaduz. Im Sulzisch-Hohenemsischen
Urbar wird deren Aufteilung um 1600 ersichtlich:
“Der dritte Theill weinzehendten zu Vaduz dishalb
des Mühlbachs deren der drite Theill unser Frawen
altar in St. Florins Cappel zu vaducz, undt der drite
dem Pfarrer von Schan, von welchem ganzen zehen-
ten denen von ramschwag der 18. Theill gehörig, so
sye ...vermög lehen revers von der Herrschaft zue
lehen tragen ”.21 Vom gesamten in Vaduz anfallenden
Weinzehnten bezogen also damals die Herren von
Ramschwag, Vögte auf Schloss Gutenberg, im voraus
den 18. Teil. Den Rest teilten sich die gräfliche
Landesherrschaft, die untere Hofkaplaneipfrund in
Vaduz und die Schaaner Pfarreipfrund. Der Zehnt-
ertrag der Herrschaft wurde mit drei Fudern (etwa
2’470 Liter) Weinmost angegeben. Der gesamte
Weinzehnt in Vaduz ergab somit etwa 7’850 Liter.
Eine durchschnittliche Weinernte darf in dieser Zeit,
wenn man noch einen kleinen Ertrag von zehntfreien
Weingärten berücksichtigt, mit mindestens 80’000
Litern angenommen werden.
Zehntfreie Weingärten
Welche Weingärten zehntfrei waren, ist nicht genau
bekannt. Sicher gehörte dazu der herrschaftliche
“Häldele- oder Marinweingarten”, vom Landvogt
Schuppler ausdrücklich als “zehntfrei . . . und die
Umzäunung ausgenommen, ohne Lasten” bezeich-
net.?* Vermutlich im Zusammenhang mit einem
Zehntstreit im Jahr 1827 bestätigt Johann Adam
Strub, der 25 Jahre Weinzehntsammler gewesen war,
dass vom “kleinen Weingarten bey dem untern
Pfrundhaus” niemals Zehnt gegeben worden sei.?33
Mehr Aufschluss über zehntfreie Güter in Vaduz gibt
im gleichen Zusammenhang der pensionierte Rent
schreiber Goldner. Er berichtet Hofkaplan Joseph
Anton Frommelt auf dessen Wunsch, “dass die älte-
sten Männer behaupten, von ihren Vorältern schon
gehört zu haben, dass der ganze Hügel am Fusse des
Schlossberges vom Schloss-Fahrweg bis an die Tries-
ner Gränze von allen Zeiten her zehendfrei gewesen
wäre, weil dieser Bezirch ein Theil der Burghalden
und Schlossberg ausmache, und dass diejenigen
Stücke, die darin in Händen der Privaten sich befin-
den, von den mehrhundertjährigen hohen Herr-
schafts-Inhabern bloss zu mildem Zweck hergegeben
worden seyen, was auch zu beweisen scheinet, dass
auf diesen Stücken für die Vaduzer Armenspende
und zur fürstlichen Hofkapelle unablösliche Grund-
zinse haften”, Ob “das kleine Fleckel Weinreben ober
der untern Hofkaplaneywohnung” bei der Errich-
zung des Grundbuchs als zehntfrei angegeben wor-
den sei, wisse er nicht. Er habe aber sein “dortmals be-
sessenes Stück Reben und Bünd” und ein weiteres
Grundstück als zehntfrei “eingelegt”. Seit 1794, als
er zusammen mit Landvogt Menzinger erstmals bei
der Weinzehnt-Abteilung dabei gewesen war, wisse er
nie, “dass von dem Bündl oder Reben beim untern
Aofkaplaneyhaus ein Zehend gegeben oder auch nur
gefordert worden wäre”. Auch die Herrschaft habe
‘von allen ihren in diesem Bezirch habenden urbaren
Stücken, als dem Häldeler Weingarten, Bünden.
7 LLA RE 1932, Nr. 92, mehrere Schreiben.
28 LLA RF 130/317, mehrere Schreiben (1932).
29 LLA RF 137/161, mehrere Schreiben (1933).
"0 Zum Zehntwesen vgl. Ospelt, Wirtschaftsgeschichte, S. 99-103
and S. 134-188.
31 LUB I/4, S. 435£.
32 LB Schuppler (1815), S. 306.
33 LLA Rentamtsakten, eigenhändig unterzeichnete Bestätigung
des Adam Strub für Hofkaplan Frommelt,. 16. Mai 1827.