Erntetermine lagen im 19. Jahrhundert im allgemei-
nen zwischen Anfang und Ende Oktober. Im Anhang
sind in einer Tabelle die aus den eingesehenen
Quellen ersichtlichen Weinlesetermine für Vaduz
jahrgangsweise aufgeführt.!?!
Wimmeln
Die Weinberge wurden schon einige Wochen früher,
veim Blauwerden der Trauben, für jedermann ge-
sperrt. Feldhirten oder Wingerthüter walteten ihres
Amtes und schützten die reifende Frucht vor Mensch
und Tier. Das Wimmeln wurde mit Glockengeläute
am Morgen eröffnet. Die Trauben wurden abge-
schnitten und in Körben oder Kübeln gesammelt,
dann in Tragen, die sogenannten “Kürbsen”, geleert
und in den Torkel getragen. Dort wurde das Trauben-
gut in die bereitgestellten Bottiche (“Bötti”) geschüt-
tet. War der Weg in den Torkel für die Träger zu
weit, wurden die Trauben in Standen mit Fuhrwerk
transportiert. Jeder Rebbesitzer hatte seine eigenen
gekennzeichneten Bottiche 1?
Aufsicht der Torkel- und Wingertmeister
Die Torkel- und Wingertmeister hatten auch das
Wimmeln zu beaufsichtigen. Sie sollten unter ande-
rem nicht zulassen, “dass die Wimmler Trauben ein-
stecken ”.1®3 Sie hatten auch darauf zu achten, dass
“die roten und weissen Trauben ordentlich abgesön-
dert werden”, ausser das Oberamt verfügte “wegen
Misswachs oder anderen Umständen” etwas anderes.
In einem solchen Fall durfte dann alles unter einem
gewimmelt werden. !?4 Die Trennung der Traubensor-
ten vermerkt auch Landvogt Schuppler, “um dem
roten Weine eine so viel möglich dunkle Farbe zu
geben, weil auf diese die Käufer oft mehr als auf die
innere Güte sehen”. Er rät auch dazu, vom Frost ge-
schädigte oder nicht vollständig reif gewordene
Trauben getrennt zu ernten und abzupressen. Der
daraus gepresste Most solle “so gut als möglich, auch
ınter dem geringsten Preis” verkauft werden. 12
Zecherei und “Stubeten”
Nach dem Wimmeln herrschte frohes, ausgelassenes
Treiben in den Torkeln, das sich auch mit oberamt-
lichen Verboten nicht unterbinden liess. Solche Ver-
bote der Zecherei und der “Stubeten” finden sich
mehrfach in den Quellen des 18. und 19. Jahrhun-
derts. Sie belegen geradezu das fruchtlose obrigkeit-
üiche Unterfangen.
Arbeiten im Frondienst
Ein Teil der Arbeiten im herrschaftlichen Rebbau war
zeit alten Zeiten im Frondienst zu verrichten. So ver-
merkt bereits das Brandisische Urbar (1505 bis 1510)
als altes Herkommen, dass “ein jeder, der in den
Dörfern Schaan oder Vaduz haushablich sitzt”, schul-
dig sei, Jährlich ein Fuder Mist in den Vaduzer
Herrschaftsweingarten zu geben und zu führen.
Weiters waren die Bewohner von Schaan und Vaduz
verpflichtet, für die Herrschaft jährlich die Stickel zu
führen, wenn für den Transport nicht mehr als ein
Tag benötigt würde. Dafür war den Fuhrleuten “ein-
mal zu essen geben”. Ebenfalls hatte, wer in den bei-
den Dörfern “haushablich” war, zwei Tage, “der ge-
neine Mann” einen Tag jährlich, “in siner gnaden
wingarten” zu hauen oder zu gruben. Zu diesem
Frondienst konnte man sich durch “einen guten
Knecht” vertreten lassen. Den Fronleuten hatte die
Herrschaft “den Imbiss, den Marend und einem
jeden zu Nacht ein Hofbrot” zu geben. Schliesslich
waren die Fuhrleute in Schaan und Vaduz schuldig,
den Wein, “der jährlich in sinr gnaden wingartten zu
vaducz wechst”, aus dem Torkel auf das Schloss zu
führen. Die Herrschaft hatte dagegen die Fuhrleute
zu verpflegen und die Zugtiere zu füttern.!?® Das
Sulzisch-Hohenemsische Urbar (um 1617) vermerkt
die gleichen Fronen wie das Brandisische. Es beziffert
den Ertrag der Dungfronen in den Herawingert auf
120 Fuder Mist.!?7 Auch Landvogt Schuppler erwähnt
1815 die gleichen Frondienste in seiner Landesbe-
schreibung. Den in den Urbaren verwendeten Begriff
*“haushablich” umschreibt Schupnler mit “ansässig”.