Der Vaduzer Weinbau im Spiegel der Etiketten
Hansjörg Frommelt
Aus Anlass des hundertjährigen Jubiläums der
Winzergenossenschaft Vaduz sind die Flaschen-
etiketten der Vaduzer Weine und des Vaduzer Marc
aus früheren Jahrzehnten bis zu den jüngsten Jahr-
gängen zusammengetragen worden (Abbildung 1).
Anfänglich als unergiebig eingestuft, entpuppte sich
die Etikettensuche bald als äusserst erfolgreiches
Unterfangen. Was sich an Vaduzer Etiketten aus
Sammlungen von Winzern und Weinfreunden in un-
erwarteter Fülle angesammelt hat, zeigt nicht nur
eine Entwicklung in der Etikettengestaltung auf, son-
dern widerspiegelt ein Stück weit auch die Geschichte
des Weinbaus in Vaduz, die Geschichte der Winzer-
genossenschaft und die Geschichte der Vaduzer
Gastronomie.‘
Die vorliegende Etikettensammlung erhebt keinen
Anspruch auf Vollständigkeit (Abbildung 2). Mit
Gewissheit kann davon ausgegangen werden, dass
mehrere Etiketten dereinst mit dem Leergut entsorgt
worden sind. Mit den Jahren sind sie auch aus der
Erinnerung verschwunden. Schwierigkeiten bereitet
in vielen Fällen die zeitliche Einordnung der wieder-
entdeckten Etiketten. So dürfen denn die in diesem
Beitrag versuchten Datierungen niemals als absolut
verstanden werden. Vielmehr sollen angegebene
Jahreszahlen mögliche Chronologien aufzeigen.
Auch über die Gestalter kennen wir nur selten Nähe-
res. In einigen Fällen lassen sich sogar Winzer oder
Händler nicht mehr identifizieren.
Beim Verfassen des vorliegenden Beitrags habe ich
mich ausschliesslich auf die Etiketten selbst als
Geschichtsquellen gestützt. Getreu den Methoden
des Historikers ergänzte ich mein Wissen in Gesprä-
chen mit Zeitzeugen, vernachlässigte aber ausführ-
liches Archiv- und Aktenstudium. Dieses würde wahr-
scheinlich zu weiteren Erkenntnissen führen, die zur
Korrektur der einen oder anderen hier getroffenen
Feststellung Anlass geben könnten. Die also nicht in
höchstem Masse wissenschaftliche Geschichte der
Vaduzer Weinetiketten sollte aber auch nicht allzu
ernst genommen werden.
Von den Geschichten auf den Etiketten
Recht kurzweilig gestaltet sich die Durchsicht der vie-
len Vaduzer Etiketten. Die einen erzählen eine
Geschichte oder berichten von einem besonderen
Ereignis. Die anderen wollen nur einfach durch ihr
farbenfrohes Erscheinen den Betrachter erfreuen.
Manch eine ist dem Geniesser wahrscheinlich länger
in Erinnerung geblieben als der Wein, für den sie ge
schaffen worden ist.
Wussten Sie zum Beispiel, dass in der Weinstube
Real vom Vaduzer Genossenschaftswein des Jahr-
gangs 1942 eine “Spezialabfüllung anlässlich der
Vermählung Seiner Durchlaucht des Landesfürsten
am 7. März 1943”? mit einer eigens für diesen Anlass
gestalteten Etikette ausgeschenkt worden ist (Abbil-
dung 3)? Können Sie sich vielleicht noch an die
Etiketten des Vaduzers erinnern, der im “Waldhotel”?
= Ich danke den Herren Norbert W. Hasler, Leiter des liechten-
steinischen Landesmuseums, und Hansjörg Ritter vom Weinhaus
Ritter in Schaan für die Unterstützung bei der Suche.
Interessante Hinweise stammen von den Herren Karl Verling, Pe-
ter Amann und Hubert Gassner. Gedankt sei auch Herrn
Bernhard Ospelt, Direktor der fürstlichen Domäne in Vaduz für
wichtige Hinweise. Ein Grossteil der in diesem Beitrag abgebilde-
ten Etiketten stammt aus der Sammlung der Winzer Karl und
Markus Verling, Vaduz. Herr Dr. Erich Goop, Vaduz, hat seine
Etikettensammlung freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Mehrere Winzer haben mir ihre Etiketten für diese Publikation
überlassen. —- Herr Paul Frick vom liechtensteinischen Landes-
museum zeichnet für alle Abbildungen verantwortlich. Ihm sei
gedankt.
Wortlaut auf der Etikette aus dem Jahr 1943.
Das traditionsreiche “Waldhotel” wurde von der Gemeinde
Vaduz im Januar 1975 abgebrochen. Kein Ersatzbau.