EU Familienhilfe
nisse belegen - Auswirkungen hinsichtlich:
Heiratsverhalten, Erbstrategien, Verweildauer
der Kinder, Aufnahme zusätzlicher Arbeits-
kräfte oder Versorgung nicht mehr arbeitsfähi-
ger Angehöriger. In Agrargebieten mit mehr-
heitlich Viehzucht hingegen trachtete man da-
nach, die Arbeitskräftezahl des Familienbetrie-
bes konstant zu halten.
Tendenzen des Wandels
Viele der Tendenzen des Wandels innerhalb
der Familienverhältnisse setzten sich in den
letzten Jahrzehnten und in der Gegenwart be-
schleunigt und einschneidender fort. Dadurch
sind die Voraussetzungen für die Begründung
and Stabilisierung familialer Zusammenhänge
insgesamt schwieriger geworden. Unmittel-
barste Gründe dafür sind - neben allgemeinen
Phänomenen der Überforderung - auch ver-
schiedene Benachteiligungen der Familie bzw.
der Elternschaft. Darunter fallen: Benachteili-
gung des nicht erwerbstätigen Elternteils etwa
in der Altersversicherung, zunehmend kinder-
feindlichere Wohnungspolitik (-markt), man:
gelnder Ausgleich für den ökonomischen Kin-
deraufwand und eine unzureichende soziale
Anerkennung der Elternschaft. Der Wandel
manifestiert sich ausserdem in Schlagworten
wie: Individualisierung, Phänomen des „Sin-
gels“ als extreme Alternative zu traditionellen
Familienformen, Zunahme der Einzelhaushal-
te von Menschen in unterschiedlichsten Le-
benszyklen, individuelle Lohnarbeit, Überfor-
derung der Familie als soziale Gruppe wie ge-
genwärtig zunehmend auch des Individuums.
In Wohnungen hat heute oft jedes Familien-
mitglied einen eigenen Raum - die Familie
wird räumlich aufgeteilt, individualisiert.
Weitere Motoren der Veränderung sind: Wan-
del der Familiengrösse und seine Auswirkun-
gen auf den Familienalltag, Möglichkeiten der
Geburtenplanung, zunehmende Flexibilität
der Geschlechterrollen, Arbeitsteilung und
Rollendifferenzierung, Deinstitutionalisierung
der Ehe und Zunahme der Scheidungshäufig-
keit. Das Bedürfnis nach Orientierung und da-
mit nach Hilfe wuchs.
Familie in Liechtenstein
Nicht viel anders stellt sich die heutige Si-
tuation im kleinräumigen Liechtenstein dar,
das zwar kein städtisches Zentrum hat, aber in
mancherlei Hinsicht städtische Merkmale und
Bedingungen aufweist. Im Buch „Inventur.
Zur Lage der Frauen im Fürstentum Liechten-
stein“ hat Beatrice Schmid-Frommelt die Lage
der liechtensteinischen Familie in Vergangen-
heit und Gegenwart zusammengefasst. Auch
hier werden verschiedene schon erwähnte
Aspekte deutlich, etwa der Zusammmenhang
von Familie und Arbeitskraft, die recht hohe
Zahl von Heiraten aufgrund einer Schwanger-
schaft der Frau, die früher hohe Kindersterb-
lichkeit und ein gegenüber den Vätern wesent-
lich tieferes Sterbealter der Mütter. Seit etwa
der Mitte des 19. Jahrhunderts verbesserte sich
die Lage etwas, trotzdem die allgemeine Ar-
mut. und der Zwang zur saisonalen Auswande-
tung Alltag blieb.
Im Zuge der vermehrten ausserhäuslichen
Arbeitsmöglichkeiten in der neu entstehenden
Industrie veränderte sich das Familienbild und
die Rollendefinition von Mann und Frau ganz
allgemein. Um die Jahrhundertwende schliess-
lich setzte sich das bürgerliche Familienideal -
die Ehepartnerin als Mutter und Hausfrau, der
Ehepartner als Vater und Ernährer - immer
stärker durch. Die Familie mit den heutigen
Strukturen und in ihren vielfältigen Ausfor-
mungen hat demnach eine vergleichsweise
kurze Entwicklungsphase hinter sich. Diese
Veränderungsprozesse laufen weiter. Die Fami-
lie ist hier wie anderswo unter Druck, was sich
etwa darin zeigt, dass 1990 162 Ehen ge-
schlossen und gleichzeitig 67 Ehen getrennt
oder geschieden wurden. Zwei Jahre später
lebten in Liechtenstein etwa 440 Ein-Eltern-
Familien mit etwa 790 Kindern: von den al-
MD