Volltext: Der Bodenmarkt in Liechtenstein

Eine zunächst auf juristischer Ebene angesiedelte und an der herr­ schenden Lehre orientierte Präzisierung der Vorstellungen lässt erken­ nen, dass sich für den schweizerischen Raum folgende Auffassung durchgesetzt hat: "Unter Liegenschaften sind demnach räumlich abge­ grenzte Teile der Erdoberfläche zu verstehen (d.h. Erdausschnitte, die zwar mit dem Erdkörper fest zusammenhängen, die für den Sachbegriff erforderliche Selbständigkeit aber dadurch erlangen, dass jeder einzelne Teil durch eine in sich zurücklaufende geometrische Linie gegen die ihn umgebenden Teile der Oberfläche abgegrenzt wird)."26 Untermauerung findet diese Ansicht im übrigen auch bei der schwei­ zerischen Grundbuchsverordnung, wo als Liegenschaft derjenige abge­ grenzte Teil der Bodenfläche gilt, der als in sich geschlossenes Ganzes den Gegenstand dinglicher Rechte bildet. Obgleich das liechtensteini­ sche Recht eine solche explizite Definition der "Liegenschaft", wie sie die eidgenössische Grundbuchsverordnung vornimmt, nicht kennt,27 dürften einer unveränderten Begriffsübernahme keine wesentlichen Hemmnisse entgegenstehen, zumal ja - wie zuvor bereits ausgeführt - die sonstigen bodenbezogenen sachenrechtlichen Bestimmungen in bei­ den Staaten weitgehend parallel verlaufen. Jener Transferschritt, der den schweizerischen Rechtsterminus auf das Fürstentum Liechtenstein überführt, stellt freilich aus ökonomischer Sicht noch keinen befriedigenden Schlusspunkt dar. Denn um ein ad­ äquates Rüstzeug für wirtschafts-, sozial- oder politikwissenschaftliche Analysen abzugeben ist die juridische Umschreibung der "Liegen­ schaft" als Bodenfläche mit genügend bestimmten Grenzen in einer wei­ teren Stufe so gut wie möglich in das Sprachgebäude besagter Diszipli- hen, so dass es dann angelegen erscheint, ihn gegenüber dem "Grundstück" als Oberbe­ griff zu interpretieren. Sofern nämlich doch ein Bemühen um begriffliche Differenzie­ rung zum Tragen kommt, tendiert die juristische Praxis in Osterreich beim "Grund­ stück" zu einer Auslegung, die nur einen genau bezeichneten Teil der Erdoberfläche umfasst, ohne damit verbundenes Zubehör (etwa Bäume oder Zäune) respektive ohne auf ihm errichtete Gebäude, wohingegen der Liegenschaftsbegriff dies dann mitinklu- diert. "Liegenschaft" steht hier also für die Summe von Grundstück und darauf befind­ lichen unbeweglichen Sachen; der dazu in Gegensatz gebrachte Grundstücksbegriff wiederum verkörpert eine vollkommen "leere" Fläche. Gleichwohl bleibt einzuräumen, dass im österreichischen Recht die angedeuteten inhaltlichen Relationen infolge gewis­ ser Inkonsequenzen nicht stets gelten. So erfährt etwa im Liegenschaftsteilungsgesetz der Liegenschaftsbegriff eine Einengung, die eine Reduktion des Begriffsinhaltes auf eine rein vermessungstechnische Einheit bewirkt. 26 Meier-Hayoz: Das Sachenrecht - Band IV, 1965, S. 15f. 27 Auf dieses Defizit verweist ausdrücklich Frommelt: Das Grundbuch des Fürstentums Liechtenstein, 1974, S. 161. 35
	        

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