Volltext: Der Bodenmarkt in Liechtenstein

Die verfassungsmässig vorgezeichnete Rolle des Fürsten ist hier - im Gegensatz zu anderen europäischen Monarchien - nicht auf rein reprä­ sentative Aufgaben beschränkt, sondern stattet den jeweiligen Amtsträ­ ger mit wesentlichen Entscheidungs- und damit Mitwirkungsbefugnis­ sen aus. Für ihn eröffnen sich Einflussnahmemöglichkeiten auf das ta­ gespolitische Geschehen nicht nur dadurch, dass er bei bestimmten Personalfragen (etwa bei der Bestellung des Regierungschefs) letztlich entscheidet, sondern auch dadurch, dass ihm laut Artikel 64 der Landes­ verfassung das Recht zur Einbringung von Gesetzesvorschlägen in der Form von Regierungsvorlagen zusteht40 sowie dadurch, dass er vor der Verlautbarung und vor dem Inkrafttreten eines Gesetzes dieses gegen- 40 vgl. dazu Hoch: Rechtssetzung, 1994. 41 Die entsprechende Passage aus der Thronrede des Fürsten hat folgenden Wortlaut: "Für einen Teil unserer Bevölkerung sind die hohen Bodenpreise ein zentrales Problem. An dieser Situation ist die heutige Besteuerung nicht unschuldig. Es heisst, dass die be­ stehenden Bauzonen bereits Platz bieten für eine Wohnbevölkerung von rund hundert- zwanzigtausend Einwohnern. Nachdem wir aber nur ein Viertel dieser Bevölkerung ha­ ben, müssten nach den Gesetzen des Marktes ausreichend Bauplätze zu niedrigen Prei­ sen verfügbar sein. Dies ist aber offensichtlich nicht der Fall. In der Vergangenheit wurde von verschiedenen Seiten immer wieder den Spekulanten die Schuld an den hohen Bodenpreisen in die Schuhe geschoben. Um die Bodenspeku­ lation zu verhindern, wurde der Erlös aus Grundstücksverkäufen für liechtensteinische Verhältnisse ausserordentlich hoch besteuert. Der Erfolg dieser Massnahme ist, dass noch weniger Grundstücke auf den Markt kommen und der Verkäufer versucht, die Steuer auf den Verkaufspreis zu schlagen, was unweigerlich zu höheren Grundstücks­ preisen führt. Noch preistreibender ist wahrscheinlich die starke steuerliche Begünstigung der Ver­ mögensanlage in Grund und Boden, wenn man dies mit anderen Anlagemöglichkeiten vergleicht. In der Regel wird die Vermögenssteuer von den Verkehrswerten erhoben, bei Grund und Boden dagegen zu historischen Werten, die nur einen Bruchteil des Ver­ kehrswertes betragen und deshalb so gut wie keine steuerliche Belastung bedeuten. Falls wirklich günstige Grundstückspreise gewünscht werden, müsste die Grundstücks- Gewinnsteuer abgeschafft und der Baugrund zu Verkehrswerten besteuert werden. Selbstverständlich könnte im Gesetz für jeden einzelnen eine gewisse Freigrenze an Baugrund festgelegt werden, unter der wie bisher praktisch keine Besteuerung anfällt. Umgekehrt wäre es denkbar, dass falls jemand mehr als eine gewisse Fläche an Bau­ grund besitzt, zur normalen Vermögensteuer noch gewisse Zuschläge eingehoben wer­ den. Anstatt der bestehenden Bevorteilung gegenüber anderen Vermögensarten würde ab einer gewissen Zahl von Bauplätzen eine steuerliche Zusatzbelastung erfolgen. Für grössere Grundbesitzer ist es dann vorteilhafter, einen Teil ihrer Bauplätze zu verkaufen und andere Geldanlagen zu suchen, die volkswirtschaftlich auch produktiver sind. Die Angst vor einer höheren steuerlichen Belastung des Grund und Bodens war auch ein Grund für die hohe Ablehnung der Steuerreform in der Volksabstimmung. Nur ein relativ kleiner Teil der Bevölkerung wird durch die hohen Grundstückspreise direkt be­ troffen. Es sind hauptsächlich junge Familien, die kein Grundstück von ihren Eltern er­ ben. An die Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner möchte ich heute appellieren, auch auf diese jungen Familien Rücksicht zu nehmen. 124
	        

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