Vorstellungen tief verwurzelte - Realteilung20 induzierte zwangsweise eine extreme Kleinteiligkeit und Parzellierung. Dieses Phänomen wie derum schafft am aktuellen Bodenmarkt solche Voraussetzungen, dass kaum jemals grosse in sich geschlossene Flächenstücke von einem einzi gen Anbieter zum Kauf offeriert werden können. Ausserdem impliziert das Prinzip der Realteilung, dass sich in Fällen, wo ein verhältnismässig kleiner Grundbesitz auf eine relativ grosse Zahl von Erben zu verteilen ist, eine physische Auftrennung in wirtschaftlich gerade noch verwertbare Stücke gar nicht mehr realisieren lässt; unter diesen Umständen bleibt jenen Erbengemeinschaften, die eine traditio nelle Vermögenssplittung herbeiführen wollen, keine andere Wahl, als die erbgegenständliche Liegenschaft am Markt feilzubieten und mit dem aus dem Verkauf erlösten Geldbetrag die Erbansprüche aliquot zu be friedigen. "Von jeher waren alle Landgüter frei, und theilbar; starb ein Familienvater, so war es nicht an dem genung, dass die Güter einzeln unter seinen Erben getheilt worden wären, sondern, es musste unter dem Vorwande, dass keiner verkürzet werde, jedes einzelne Stük in so viele Theile, als Erben waren, zersriiklet, und jedem sein Betrefniss an jedem Stük Boden zugewiesen werden. Diese Zersriiklung gieng von Erbfall zu Erbfall, die Güter wurden so immer kleiner, woher es kömmt, dass die dermahligen in den kleinsten Abtheilungen bestehen, denn wenngleich die weitere Zersriiklung aufgehoben und die Vergrösserung der Güter bis wenigstens auf einen Arealbetrag von 400 kl angeordnet worden, so war sie doch gros sen Theils wegen gerichtlichen Verpfändungen der zu vertauschenden Stüke nicht mög lich, und wird erst nach und nach, durch das dem Anreiner vorbehaltene Zugrecht zu Stande kommen. Man kann diesen bestandenen Unfug nicht den vormaligen Beamten zur Last legen, er gründet, und schreibet sich aus der vorigen fehlerhaften Landeskonstitution her, an der noch itzt der Unterthan mit sehr viel Vorliebe hängt, und an der neuen Ordnung der Dinge kein Behagen findet, ohngeachtet sie seinem Interesse erspriesslicher ist." Ospelt (Hrsg.): Die Landesbeschreibung des Landvogts Josef Schuppler, 1975, S. 247. • 20 Für die Vermutung einer schweren Veränderbarkeit, wenn nicht gar Starrheit der Erb gewohnheiten spricht zumindest in Liechtenstein die historische Erfahrung. Seinerzei tige Versuche, die Beschränkungen der freien Teilbarkeit des Grundeigentums durchzu setzen, stiessen auf massiven Widerstand und waren im Endeffekt als gescheitert zu be trachten. Eine ausführliche Schilderung jener Massnahmen, die bereits am Beginn des 19. Jahr hunderts in Liechtenstein zur Bekämpfung der Güterzerstückelung einzusetzen ver sucht wurden, sowie eine Darstellung der damaligen, zum Teil recht vehementen Reak tionen aus der Bevölkerung enthält die Dissertation von Ospelt: Wirtschaftsgeschichte des Fürstentums Liechtenstein, 1972, S. 148ff. Einen noch weiter in die Vergangenheit zurückreichenden Uberblick über die seinerzei tigen Erbgewohnheiten enthalten die Beiträge von Schädler: Die alten Rechtsgewohn heiten und Landsordnungen, 1905, S. 39ff. sowie von Beck: Eheliches Güterrecht und Ehegattenerbrecht, 1917, S. 106ff. 111