RECHNUNGSWESEN ——
SE —
Hans-Werner Gassner, Die Neuordnung der Rechnungslegung in Liechtensterr
an den Rechnungslegungsvorschriften
bzw. an ihrer Aktualisierung nicht sehr
ausgeprägt ist —-, haben diese Verände-
rungen bis heute jedoch nicht (wie in
anderen Staaten) zu vermehrten An-
strengungen in Richtung auf eine Revi-
sion der seit nunmehr siebzig Jahren
(praktisch) unveränderten Rechnungs-
legungsvorschriften geführt.
nischen Personen- und Gesellschafts-
recht (PGR). Die zentralen Bestim-
mungen über die Rechnungslegung
sind im für alle im Handelsregister
sintragungspflichtigen Gesellschaften
verbindlichen, sogenannten «kaufmän-
ıschen Verrechnungswesen» (Art.
‚045-1066 PGR) enthalten; Verbands-
personen (bei denen es sich im erster
Linie um juristische Personen handelt)
ı1aben zusätzlich zu diesen weitere Be-
stimmungen zu beachten, die sich in
den für sie aufgestellten allgemeinen
Vorschriften befinden (Art. 202-209
PGR). Banken und Finanzgesellschaf-
Die Rechnungslegungspraxis in
Liechtenstein zeigt jedoch, dass sich die
Unternehmen in den letzten Jahren
den hohen internationalen Standards
angepasst haben. Insbesondere die Ge-
«Die Anwendung von EU-Normen bringt
nicht nur eine Qualitäts-, sondern auch
eine Imageverbesserung mit sich.»
schäftsberichte der liechtensteinischen
Banken lassen erkennen, dass sie be-
strebt sind, den Anschluss an die inter-
nationalen Entwicklungen, vor allem
diejenigen in der EU, nicht zu verpas-
sen. Dies geschieht wohl einerseits auf-
grund der Erkenntnis, dass ein interna:
tionaler Wirtschaftsstandort und Bank-
platz Liechtenstein internationale
Rechnungslegungs- und Informations:
standards braucht, andererseits aber
auch wegen des sowohl innerhalb
Liechtensteins als auch international
wachsenden Druckes in Richtung einer
offeneren und liberaleren Informati-
onspolitik. Hinzu kommt, dass die An-
wendung von EU-Normen nicht nur ei-
ne Qualitäts-, sondern auch eine Ima-
geverbesserung mit sich bringt.
ten, die Spezialgesetzen unterliegen,
haben im Grundsatz die Rechnungsle-
zungsvorschriften des PGR zu befol-
zen, sind darüber hinaus aber zur Be-
achtung weitergehender Bestimmun-
zen angehalten, die sich insbesondere
auf die Gliederung von Bilanz und Er-
‘olgsrechnung sowie die Bekanntgabe
zusätzlicher Angaben beziehen.
Die Vorschriften des PGR über die
Rechnungslegung haben ihr Vorbild in
den Entwürfen zum Schweizerischen
Obligationenrecht von 1936 aus den
lahren 1919 und 1923. Trotz der Orien-
ierung am schweizerischen Vorbild ist
n einzelnen Bestimmungen der Ein-
luss des Allgemeinen Deutschen Han-
delsgesetzbuches vom 16. März 1861
ınd des Deutschen Handelsgesetzbu-
ches vom 10. Mai 1897 spürbar geblie-
sen. Die Rechnungslegungsvorschrif-
:en sind bis heute, abgesehen von der
Neuregelung der Aufbewahrungspflicht
m Jahre 1976, unverändert geblieben.
2. Grundzüge des geltenden
Buchführungs- und
Bilanzierungsrechtes
2.1 Gesetzlicher und historischer
Rahmen
Die geltenden Buchführungs- und Bi
lanzierungsvorschriften, welche dieje-
nigen des Allgemeinen Deutschen
Handelsgesetzbuches vom 16. März
1861 ablôsten, datieren aus dem Jahre
1926 und befinden sich im liechtenstei-
2,2 Die Rechnungslegungspflicht
und ihre Folgen
Die Rechnungslegungspflicht be-
stimmt sich nach Art. 1045 Abs. 1 PGR.
Gemäss dieser Bestimmung hat jeder,
jer verpflichtet ist, seine Firma in das
Handelsregister eintragen zu lassen,
die Pflicht, Inventare aufzunehmen,
Bilanzen aufzustellen und Geschäfts-
bücher zu führen, aus denen die Ver-
mögenslage der Firma und die einzel-
nen, mit dem Geschäftsbetrieb zusam-
menhängenden Schuld- und Forde
rungsverhältnisse sowie die wirtschaft-
liche Lage des Unternehmens ersehen
werden können. Die Rechnungsle-
gungspflicht ist demnach die unmittel-
»are Folge der Pflicht zur Eintragung
der Firma ins Handelsregister.
Verbandspersonen — abgesehen von
gewissen Vereinen und Stiftungen, ôf-
fentlich-rechtlichen Anstalten und
Körperschaften, kleinen Genossen-
schaften, kleinen Versicherungsverei-
nen und kleinen Hilfskassen — Koilek-
‘iv- (bzw. offene Handels-) und Kom-
manditgesellschaften sowie Treuunter-
1ehmen sind unabhängig davon, ob sie
sin nach kaufmännischer Art geführtes
Gewerbe betreiben oder nicht, im
Handelsregister eintragungs- und da-
mit rechnungslegungspflichtig. Die
Vereine und Stiftungen sind dies nur,
wenn sie ein nach kaufmännischer Art
zeführtes Gewerbe betreiben.
Verbandspersonen und Treuunter-
aehmen haben ihre Bilanz und Er-
‘olgsrechnung jährlich pritfen zu lassen
und zusammen mit dem Prüfungsver-
merk oder dem Prüfungsbericht bei der
Liechtensteinischen Steuerverwaltung
sinzureichen (Bilanzvorlagepflicht).
Sofern aber Anstalten, Vereine, Stif-
‚ungen und Treuunternehmen kein
ıach kaufmännischer Art geführtes
Gewerbe betreiben und deren statuta-
ischer Zweck den Betrieb eines sol-
chen Gewerbes nicht zulässt, sind sie
;owohl von der Prüfungs- als auch der
Bilanzvorlagepflicht befreit. An deren
Stelle tritt für sie jedoch die sogenann-
:e Deklarationspflicht gegenüber dem
Handelsregisteramt, in deren Rahmen
sie jedes Jahr bestätigen müssen, dass
Bilanz und Erfolgsrechnung vorliegen
sowie im Berichtsjahr kein nach kauf-
männischer Art geführtes Gewerbe be-
trieben wurde, Die Richtigkeit der Er-
klärung kann entweder vom Handels-
registeramt selbst oder von einem
zugelassenen Wirtschafsprüfer über-
prüft werden.
Kollektiv- und Kommanditgesell-
‘chaften haben jährlich ihre Bilanz und
Jer Schweizer Treuhänder 4/06