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—— RECHNUNGSWESEN
Hans-Werner Gassner
Die Neuordnung der Rechnungs-
iegung in Liechtenstein
EWR-initiierte Überarbeitung des Buchführungs- und Bilanzierungsrechtes
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Mit dem Abschluss des Abkommens über den ge-
meinsamen Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA\),
hat sich Liechtenstein unter anderem dazu verpflichtet,
die 4. und 7. Richtlinie der Europäischen Union (EU)
über den Jahresabschluss und den konsolidierten Ab-
schluss sowie die Richtlinie über den Jahresabschluss
und den konsolidierten Abschluss von Banken und
anderen Finanzinstituten sowie von Versicherungsun-
ternehmen bis zum 31. Dezember 19% in das natio-
nale Recht zu transformieren. Der am 22. Januar 1996
von der Regierung in die Vernehmlassung gegebene
Gesetzesentwurf soll in einem ersten Schritt die liech-
tensteinischen Rechnungslegungsvorschriften an die
Bestimmungen der 4. und 7. EU-Richtlinie anpassen.
1. Gründe für die
Neuordnung
1.1 Der EWR- Vertrag als
Ausgangspunkt
Am 22. Januar 1996 hat die Regierung
des Fürstentums Liechtenstein einen
Gesetzesentwurf für die Neuordnung
Jer liechtensteinischen Rechnungsle-
zungsvorschriften in die Vernehmlas-
zung gegeben. Aufgrund des Entwurfes
sind wesentliche Änderungen zu er-
warten. Unmittelbarer Anlass für den
aun vorliegenden Entwurf ist das Ab-
kommen über den gemeinsamen Eu-
-opäischen Wirtschaftsraum (EWRA),
welchem Liechtenstein seit dem 1. Mai
1995 angehört. Die Frage, ob die Neu-
‚egelung der Rechnungslegung auch
ohne EWRA in Angriff genommen
worden wäre, ist berechtigt. Wie die
folgenden Ausführungen zeigen, hät-
en die Rechnungslegungsvorschriften
früher oder später ohnehin moderni-
siert werden müssen.
Der Schweizer Treuhänder 4/96
1.2 Die Sogwirkung der
internationalen Entwicklung
Mit den (Konzern-)Bilanzrichtlinien
hat die EU einen bedeutenden Beitrag
zur Weiterentwicklung der Rechnungs-
Hans-Werner Gassner, Dr. oec. HSG,
dipl. Biücherexperte, Vizedirektor und Lei-
ter der Internen Revision bei der Liechten-
steinischen Landesbank AG, Vaduz
rue”
1
legung geleistet. Die EU ist mit ihren
Bestrebungen jedoch nicht allein. Zu
erwähnen sind ausserdem insbesonde
re das immer mehr an Bedeutung ge-
winnende International Accounting
Standards Commitee (IASC), das Fi-
nancial Accounting Standards Board
(FASB) und die Securities and Exchan-
ge Commission (SEC), die ebenfalls
auf dem Gebiet der Rechnungslegung
:ätig sind. Die weltweit vorhandenen
Entwicklungen und Bestrebungen auf
dem Gebiet der Rechnungslegung sind
Ausdruck der sich seit einigen Jahren
grundlegend verändernden wirtschaft-
lichen Gegebenheiten. Die Internatio-
nalisierung der Wirtschaftsbeziehun-
zen schreitet unaufhaltsam voran. Sie
führt nicht nur zu stärkeren Wirt-
schafts-, sondern auch zu vermehr-
ten Unternehmensverflechtungen. Sie
zieht darüberhinaus einen Kapitalbe-
darf nach sich, den die Gesellschaften
in zunehmendem Masse nur mehr auf
dem Kapitalmarkt decken können, wo-
durch die Interessen von Öffentlichkeit
und Anlegern — insbesondere im Hin-
blick auf die Aussagekraft und Trans
parenz-der Rechnungslegung — ver
mnehrt Bedeutung erlangen.
Auch Liechtenstein ist von diesen
globalen Veränderungen nicht ver-
schont geblieben. Davon zeugt die ver-
mehrte Hinwendung liechtensteini-
scher Banken und Unternehmen zu
ausländischen Kapitalmärkten, die
Übernahme ausländischer Unterneh-
mungen durch liechtensteinische Fir-
men und die steigende Anzahl von
Gründungen von Tochtergesellschaf-
ten im Ausland. Aus Gründen, die auf
die Kleinheit des Landes zurückzu-
führen sind — sie bewirkt hauptsächlich
die Entstehung von Einzelfirmen und
Familiengesellschaften, die sich nur in
Ausnahmefällen zu Publikumsgesell-
schaften weiterentwickeln, wodurch
naturgemäss das öffentliche Interesse