stische Russen aufnehmen möchten, denn erstens sind die Sowjets als
Alliierte noch präsent, und zweitens weiß man um ihre Macht. Einen
Affront, den man noch dazu nicht unbedingt nötig hat, vermeidet man
da eben gern. Anders denkt der argentinische Staatschef Juan Perön, der
mit diesen Männern allein schon deswegen sympathisiert, weil sie der
Deutschen Wehrmacht angehört haben, außerdem kann man diese Män-
ner, unter denen viele Spezialisten sind, gebrauchen. Über die Vermitt-
lung der deutschen russisch-orthodoxen Kirche kommt schließlich eine
Einwanderungsgenehmigung nach Argentinien zustande. Das Land
erklärt sich bereit, insgesamt 24 000 Russen aufzunehmen, unter ihnen
jene aus Liechtenstein, für die sich Perön persönlich interessiert hatte.
Die Kosten dieser Auswanderung übernimmt Liechtenstein, sie betra-
gen inklusive der Visagebühren pro Person ca. 1300 Franken. Später
erstattet die Bundesrepublik Deutschland als Rechtsnachfolger des
Deutschen Reiches diese Kosten dem liechtensteinischen Staat zurück,
ebenso die anderen entstandenen Kosten. Das weiß zum Zeitpunkt der
Ausreise allerdings noch niemand; ein solcher Beschluß wäre damals
auch noch nicht möglich gewesen, weil die heutige Bundesrepublik
bekanntlich in vier Besatzungszonen unterteilt war, in denen voneinan-
der unabhängige Militärregierungen das Sagen hatten, einschließlich
der Sowjets.
Eine Zeitlang hatten die Russen die verantwortlichen Persönlichkeiten
des Landes stark in Anspruch genommen, erst jetzt sind die Probleme
langsam überschaubarer, als es sich letztlich nur noch darum handelt,
die ganze Sache ordnungsgemäß zum Abschluß zu bringen. Doch eine
Sorge erwies sich als grundlos: zu Schaden gekommen ist während des
Aufenthaltes im Fürstentum Liechtenstein keiner der Internierten. Die
Reise derer, die sich für die Sowjetunion entschieden hatten, endete, wie
gesagt, zumindest ungewiß. Denn es ist kaum anzunehmen, daß sie dem
unendlich oft bewiesenen Ende ihrer durch verschiedene Staaten ausge-
lieferten Schicksalsgenossen entgangen sein sollen. Nach beruhigenden
französischen Erklärungen hatten sich diese Personen über Feldkirch
zur Ausreise in die UdSSR entschlossen; Staatenlose und Ostarbeiter
hatten außerdem angeblich sowieso nichts zu befürchten, was sich eben-
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