steht die Regierung nicht allein, die Bevölkerung bekräftigt ihre Hal-
tung durch Demonstrationen. Kurzzeitige Gerüchte, ein maßgeblicher
Vertreter des Staates wolle die Internierten der Schweiz und zu deren
Verfügung überstellen, rufen Empörung hervor; mit Sensen und Heuga-
beln bewaffnet verlangt man die strikte Unterlassung eines solchen Vor-
habens.
Auch die Kirche unterstützt die Forderung nach Asylgewährung und
Schutz für die Russen. Die Haltung der sich auf das Evangelium beru-
fenden Geistlichkeit wird auch seitens der Kirchenbehörden unterstützt.
Überliefert ist so auch der an Pfarrer Johannes Tschuor in Schaan ergan-
gene Auftrag der Bischöflichen Kurie in Chur, zu dessen Bistum Liech-
tenstein gehört, gegen eine Auslieferung der Russen in Vaduz Protest
einzulegen, falls diese geplant sei. Er solle an das Wort erinnern, daß
man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen.
In den „Nachrichten der Kameradschaft des 15. Kosaken-Kavallerie-
Korps” der ehemaligen deutschen Wehrmacht (Nr. 47, Weihnachten
1984) heisst es u. a..: „Doch war es Papst Pius XII., der bereits 1945 die
zwangsweise Repatriierung von Russen kritisierte und verriet, daß den
Sowjets im Abkommen von Jalta in einer Geheimklausel die Ausliefe-
rung ihrer Landsleute zugesichert worden war.”
Die Sowjetkommission verfolgt, wie sich nachher zeigte, die Vorgänge
in Liechtenstein genau: Kaum sind die inzwischen abgehaltenen Neu-
wahlen vorüber, taucht die zwischenzeitlich abgereiste Kommission
wieder auf. Inzwischen war aber auch eine Delegation des Internationa-
len Roten Kreuzes aus Genf erschienen und setzte sich für die Flücht-
linge ein.
Am 21. 5. 1945 besichtigte eine Delegation des Internationalen Komi-
tees für Emigranten das Lager Ruggell: Georges Buschreiter, General-
sekretär aus Bern, und Graf Lubomirsky, polnischer Delegierter.
Trotz allem aber bleibt die Sowjetkommission zunächst hartnäckig.
AJ