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Kapitals von sekundärer Bedeutung. San Marino ist zwar ein souveräner Staat, der
aber unter der Schutzherrschaft Italiens steht. Schliesslich ist darauf hinzuweisen,
dass die EU für ein solches Abkommen möglicherweise Forderungen stellen würde,
die gerade im Finanzdienstleistungssektor signifikant höher sein könnten als die im
EWR zu erbringenden Gegenleistungen.
2. ALTERNATIVEN IM SCHLEPPTAU DER SCHWEIZ
2.1. Vorbemerkungen
Die übrigen EWR-Nein-Szenarien bedeuten notwendig, dass das europapolitische
Schicksal des Fürstentums mit dem der Schweiz verknüpft ist. Das wäre freilich nicht
gleichbedeutend mit einer Fortführung des bisherigen Verhältnisses. Nach aller
Voraussicht würde sich die Abhängigkeit vielmehr verstärken. Zum einen würden die
Beziehungen Liechtensteins zur EU wieder durch die Schweiz bestimmt. Die
schweizerische Europapolitik der letzten zehn Jahre ist aber keine Erfolgsgeschichte.
Nach dem Beinahe-Patt vom 6. 12. 1992 sind klare Konturen der helvetischen
Europapolitik nicht auszumachen. Bei der Entscheidung, ob sich Liechtenstein in der
Europafrage erneut in den Schlepptau der Schweiz begeben will, muss es diese
Ungewissheit berücksichtigen.
Zum anderen hat sich auch das Verhältnis Liechtensteins zur Schweiz gewandelt. Es
ist eine Illusion, zu glauben, dass man 1995 wieder dort anknüpfen könnte, wo man
1988 stand. Die Hauptfrage, die sich stellen würde, ist, ob die Schweiz das im
Finanzdienstleistungssektor bestehende Regulierungsgefälle, z.B. beim Formular B,
bei der Geldwäschegesetzgebung, bei der Rechtshilfe oder bei der Verrechnungs-
steuer weiterhin tolerieren würde. Dazu wäre sie aus innenpolitischen Gründen kaum
mehr in der Lage. Man wird nicht übersehen, dass auf dem Finanzplatz Schweiz seit
dem EWR-Nein Tendenzen zu einer verstärkten Offshore-Ausrichtung erkennbar sind.
EWR-Beitritt und angepasster Zollvertrag erlauben dem Fürstentum eine Fortführung
der engen Beziehungen zur Schweiz unter veränderten Umständen.