Entstehung des EWR-Projekts
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wurden nicht berührt. Diese Ausrichtung entsprach durchaus den Wünschen der
Schweiz °.
Das Luxemburger Programm stand bereits im Zeichen der Anstrengungen der
Gemeinschaft zur Vollendung des Binnenmarktes. Das für die europäische Integration
folgenreichste Ereignis der achtziger Jahre war zweifellos das Treffen des Europäi-
schen Rates vom 28. und 29. Juni 1985 in Mailand. Die Kommission hatte dem Gipfel
ihr zwischenzeitlich berühmt gewordenes Weissbuch über die Vollendung des
Binnenmarktes vorgelegt. Das Binnenmarktprogramm sah die Abschaffung der
physischen, technischen und steuerlichen Hindernisse bis zum 31. Dezember 1992
vor. Es beruhte i.w. auf drei Prinzipien: (1) Die Gemeinschaft sollte nicht mehr um
jeden Preis versuchen, eine Harmonisierung oder Standardisierung der Vorschriften
der Mitgliedstaaten zu erreichen; in den meisten Fällen sollte eine Angleichung der
Parameter ausreichen, um die Unterschiede bei Tarifen oder technischen Spezifikatio-
nen auf ein akzeptables Mass zu reduzieren. (2) Das Programm sollte keine
Massnahmen enthalten, welche Kontrollen an den internen Grenzen mit sich bringen;
die internen Grenzen sollten vielmehr verschwinden, was von eminenter psychologi-
scher und praktischer Bedeutung sei. (3) Als wesentlicher Faktor für den Erfolg des
Programms wurde der zweiphasige, verbindliche Zeitrahmen bezeichnet *
Obwohl also die Zeichen an der Wand deutlich sichtbar waren (was von aufmerk-
samen Zeitgenossen auch registriert wurde), hielt die Schweiz unbeirrt am bilateralen
Ansatz fest und definierte ihr Verhältnis zur Gemeinschaft weiterhin als rein
wirtschaftliches. Das offizielle Bern ging davon aus, dass die EG zu einer Umsetzung
des Binnenmarktprogramms gar nicht in der Lage sein würde. Die Beitritte Spaniens
und Portugals würden die Kräfte der Gemeinschaft auf Jahre, wenn nicht Jahrzehnte
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Vgl. NZZ v. 7.11.1984; dazu Langejürgen, 43 f.
EG-Bulletin 6-1985, 18 ff.