Alternativen zum EWR
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2, Bilaterale Verhandlungen im Schlepptau der Schweiz
Ein Sichanhängen an die bilateralen Verhandlungen der Schweiz mit der EU ist wohl
nicht praktikabel. Die Schweiz wäre auch bei bestem Willen ausserstande, ihre an sich
schon schwierige Position in den Verhandlungen zusätzlich mit den besonderen
Anliegen Liechtensteins zu belasten. Zunächst liegt es im Wesen bilateraler
Negoziationen, dass die jeweiligen Beteiligten ihre eigenen, spezifischen Interessen
verfolgen. Diese Interessen sind im Verhältnis Liechtenstein - Schweiz in zentralen
Bereichen nicht deckungsgleich. Beispiele sind wiederum die Finanzdienstleitungen,
die für Liechtenstein relativ gesehen eine sehr viel grössere Bedeutung haben als für
die Schweiz und die Personenfreizügigkeit für EU- und EFTA-Angehörige, die in der
Schweiz nach dem Urteil praktisch aller Ökonomen problemlos eingeführt werden
könnte. Zu beachten ist überdies, dass der Bilateralismus im Verhältnis EU-Schweiz
in den vergangenen zwei Jahren zu nichts geführt hat. Ob sich Liechtenstein nach
einem Verzicht auf den EWR praktisch am nächsten Tag, d.h. ohne Wartefrist, in die
bilateralen Verhandlungen einklinken könnte, ist offen.
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EWR-Beitritt der Schweiz im zweiten Anlaı
Dass die Schweiz versuchen wird, im zweiten Anlauf EWR-Mitglied zu werden, ist mit
den EU-Beitritten Österreichs, Finnlands und Schwedens weniger wahrscheinlich
geworden. Aber selbst wenn ein EWR-Beitritt der Schweiz noch möglich sein sollte,
so würde er wohl bedeuten, dass dann auch Liechtenstein Ja zum EWR sagen
müsste. Eine solche Situation hätte absurde Züge. Sie würde bedeuten, dass der
Zugang zum Binnenmarkt verspätet geöffnet würde. Liechtenstein würde, wenn
entsprechende Verhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden könnten, das
erhalten, was es heute haben kann, aber mit Jahren Verzögerung. Das wäre
gleichbedeutend mit Verlusten nicht nur im wirtschaftlichen, sondern auch im
aussenpolitischen Bereich.