Alternativen zum EWR
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Schliesslich wird am Beispiel Schweiz deutlich, dass der "neue" Bilateralismus mit dem
alten auch deshalb nicht zu vergleichen ist, weil die EU angekündigt hat, nach dem
Prinzip der dreifachen Parallelität verfahren zu wollen. Die Union strebt ein ausgewo-
genes Verhandlungsergebnis sowohl insgesamt als auch bei jedem einzelnen
Abkommen an. Als stärkere Verhandlungspartnerin wird sie am Ende bestimmen, was
sie als ausgewogen ansieht und was nicht. Überdies will die EU eine Verknüpfung der
einzelnen Abkommen bezüglich deren Inkraftsetzung erreichen. Das bedeutet, dass
ein Vertrag, welcher der Schweiz eher Vorteile bringt, nur in Kraft treten kann, wenn
die Schweiz im Gegenzug ein Abkommen ratifiziert, das der EU günstig ist. In ihrer
Mitteilung mit dem Titel "Künftige Beziehungen zur Schweiz” vom Oktober 1993,
welche die Leitlinien für die Verhandlungen festlegt, betont die Kommission, dass
Verhandlungsbegehren der Schweiz strikt auf der Basis gegenseitiger Vorteile geprüft
werden sollen und dass sie das EWR-Abkommen nicht unterlaufen dürfen. Es wäre
nicht angemessen, wenn die Schweiz alle Vorteile aus einem Abkommen erhielte, das
sie abgelehnt habe und dessen Inkrafttreten. dadurch verzögert worden sei *®
Dieses Junktim ist vor allem deshalb bedeutungsvoll, weil die EU den Abschluss
bilateraler Abkommen mit der Schweiz grundsätzlich von der Einführung der vollen
Personenfreizügigkeit für EWR-Angehörige abhängig macht. Damit hatte man in der
Schweiz nach dem 6. Dezember 1992 nicht gerechnet. Ähnliches gilt für die Forderung
der EU nach Liberalisierung des Handels mit Agrargütern. Mit beiden Postulaten zielt
die EU politisch gewissermassen ins Herz der schweizerischen Position. Man kann
sich unschwer vorstellen, welche Wünsche die EU gegebenenfalls Liechtenstein
gegenüber aufs Tapet bringen würde. Dass die Themen Personenfreizügigkeit und
Finanzdienstleistungen unter diesen Desideraten figurieren würden, ist nach den
Erfahrungen der Schweiz nicht nur nicht auszuschliessen, sondern muss angenommen
werden. Das könnte z.B. bedeuten, dass die EU auf voller Personenfreizügigkeit ohne
Schutzklausel und ohne Reviewklausel bestehen würde. Und dass der Finanzplatz
Liechtenstein unter Druck geraten könnte.
268 Mitteilung der Kommission vom 1. Oktober 1993 (KOM (93) 486 endg., S. 2.