Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

DONNERSTAG, 29. DEZEMBER 2005 
ESW WIRTSCHAFT 
11 WIRTSCHAFTSJAHR 2005 Von Alder bis Pecik ZÜRICH - Im Jahr 2005 ist ein bissiger Wind durch die Top-Etagen gefegt. Etliche Konzernchefs haben den Hut nehmen müssen - sei es wegen Firmenübernahmen oder weil sie für Fehler büssen mussten. Gut auf dem Karriereweg waren indes die Frauen. Mehrere Konzerne haben im ablaufenden Jahr Frauen in Kaderpositionen berufen. So wird etwa Jasmin Staiblin Länderchefin von ABB Schweiz und Catherine Buisson hat die Leitung der Schweizer Vertretung des US- Pharmariesen Pfizer übernommen. Eine be­ sondere Herausforderung steht nun der Britin Inga Kristine Beale bevor. Sie wird Chefin des krisengeschüttelten Rückversicherers Converium. Dort löst sie Terry Clarke ab, der die Leitung nach dem Abgang von Dirk Loh­ mann interimistisch inne hatte. Lohmann hat für Fehler büssen müssen. Er musste im Feb­ ruar den Hut nehmen, nachdem Converium wegen Fehleinschätzungen im US-Haft­ pflichtgeschäft im vergangenen Jahr ins Schlingern geraten war. In den Schlagzeilen Für Schlagzeilen sorgte auch Antoinette j Hunziker-Ebneter. Sie räumte ihren Posten als ! Handelschefin bei der Privatbank Julius Bär, y nachdem ihre Sparte ins Asset Management ; integriert worden war. Gleichzeitig aber wird Hunziker nach der Berufung von Reto Fran- cioni an die Spitze der Deutschen Börse als neue Chefin der Schweizer Börse SWX ge­ handelt. Aufmerksamkeit zogen auch die beiden ; österreichischen Industriellen Mirko Kovats und Ronny Pecik bei ihrem Handstreich auf den Schweizer Technologiekonzern Unaxis auf sich. Nach gelungenem Coup an einer ausserordentlichen Generalversammlung setz­ ten die neuen Machthaber kurzerhand das Ma­ nagement ab (Harald Eggers, Kaspar 
Kelter-Mit 
dem Fuss in der Schweiz Serie Wirtschaft 2005: Lebensversicherer und Captives bringen Wachstum Der österreichische Industrielle von der Una­ xis Beteiligungsgesellschaft Wctory: Mirko Kovats (rechts) im Gesprich Ronny Pecik. born, Matthias- Mölleney) und ihre Getreuen ein, unter anderem Thomas Limberger als Konzcrnchef. Kovats selber übernahm das Amt des Verwaltungsratspräsidenten. Geballte Macht Zur Nervenprobe ist die ordentliche Gene­ ralversammlung für Nestle-Konzernchef Pe­ ter Brabeck verkommen. Sein Streben nach dem zusätzlichen Amt des Verwaltungsrats­ präsidenten wurde nur um Haaresbreite unter­ stützt. 
In Pension ging Rainer E. Gut - die graue Eminenz der Schweizer Wirtschaft. Zum Schluss das grosse Fragezeichen Zum prominenten Sesselrücken, wenn auch ohne grosse Wellen zu schlagen, kam es an der Spitze des Rückversicherungskonzerns Swiss Re, wo John Coombcr durch Jacques Aigrain als Konzernchef abgelöst wird". Und an der Spitze des Arbcitgeberverbandes löst Thomas Daum Direktor Peter Haslcr ab. Die Karrierleiter weiter erklommen hat ausserden Urs 
Rohner, der ehemalige ProSicbenSat. I- Konzernchef ist zum Chefjuristen des fusio­ nierten Bankgeschäftes der Credit Suisse Group (CSG) ernannt worden. Kurz vor Jah­ resende tauchte plötzlich die Frage nach der Zukunft Jens Alders auf. Geht er oder bleibt er Konzernchcf der Swisscom? Denn der Bundesrat als Mehrheitsaktionär der Swiss­ com hatte Alder Ende November in seiner Auslandstrategie brüsk zurückgepfiffen und ihm damit nach Ansicht von Kommentatoren einen Schlag ins Gesicht verpasst. (sda) 
VADUZ - Der Versicherungsplatz Liechtenstein wächst über­ durchschnittlich.. Zugleich müs­ sen Versicherer Ihr Risiko in Zu­ kunft stärker managen. Der Platz bleibe dennoch wettbe­ werbsfähig, sagt Mario Gass­ ner, Bereichsleiter Verslche- rungsunternehmen und Vorsor- geelnrichtungen der Finanz­ marktaufsicht (FMA). »KorraH« PWH» r Volksblatt: Herr Gassner, neun neue Versicherungen allein in den letzten zwölf Monaten - was tut sich auf dem Versicherungs­ platz Liechtenstein? Mario Gassner: Neu sind vier Lebcnsversicherer, ein spezialisier­ ter Schadenversicherer und vier Captives, also Eigenversicherer von Konzernen. Die Müttcruntcrneh- men der Captives haben ihren Sitz nicht wie bislang ausschliesslich in der Schweiz, sondern auch in Österreich. Zum ersten Mal hat auch ein Liechtensteiner Unterneh­ men eine Eigenversicherung ge­ gründet. Bei den neuen Lebensversiche­ rungen sitzen die Hauptaktionäre in der Schweiz - 
so hat Swiss Life ei­ ne Tochter in Liechtenstein gegrün­ det - und in einem Fall sogar in Südafrika. Schnellten schon die Prämieneinnahmen 2004 um 60 Prozent in die Höhe, erwarten wir lür 2005 ein weiteres überdurch­ schnittliches Wachstum. Und schon haben weitere Versicherer in Liech­ tenstein um Bewilligung nachge­ sucht. Was heisst das in Zahlen von 2000 bis 2004? Im Jahr 2(XX) buchten 14 Unter­ nehmen auf dem Versicherungs­ platz Liechtenstein gerade einmal 0,33 Mrd. Franken Bruttoprämien. Im Jahr 2003 vereinnahmten 23 Unternehmen 1,47 Mrd. und im Jahr 2004 waren es 28 Versicherer, die 2,56 Mrd. Franken Prämien ver­ dienten. Die Kurve der Kapitalanla­ gen, also hauptsächlich der Kun­ denvermögen wuchs von 1,56 Mrd. Franken im Jahr 2000 auf 3,73 Mrd. im Jahr 2003 und lag 2004 bei stol­ zen 6,61 Mrd. Franken. Ist die Versicherungswirtschaft nach dem Boomjahr 2004 wieder zum 
normalen Wachstumspfad zurückgekehrt? 
Mario Gassner: Liechtenstein, der einzige Standort In Europa, von wo aus man auch den Schweizer Verslcheningsmarkt bearbeiten kam In Liechtenstein hält das Wachstum an. Meldungen einzel­ ner Versicherer lassen darauf schliessen, dass sich das Versiche­ rungsgeschäft weiter überdurch­ schnittlich entwickelt. Besonders die Lebensvcrsicherer und die neu­ en 
grossen Erstversicherungs-Cap- tives tragen dazu bei. Wie sähen die Zahlen ohne Le­ bensversicherungen für Privat­ kunden aus? 17 der heute 31 Versicherungs- unternehmen mit Sitz in Liechten­ stein sind Lebcnsversicherer. Die erwirtschafteten 91,9 Prozent des Prämienvolumens im Jahr 2004, sprich 2,35 Mrd. Franken. Bei den Kapitalanlagen entfielen 77,8 Pro­ zent auf die Lcbensversicherer. Die Versicherungswirtschaft «spielt» in Liechtenstein im Bereich Lebens­ versicherungen. Schadenversiche­ rungen sind Uber die Grenzen hin­ weg lediglich als spezialisierte Ni­ schenplayer tätig. Wie entwickelt sich der Cap- tive-Standort Liechtenstein? 
Der Standort wächst organisch. Insgesamt gibt es elf Captives in Liechtenstein, davon sind fünf Schadenversicherer und sechs Rückversicherer. Grosse internatio­ nale Konzerne decken zunehmend Risiken in Eigenverantwortung ab. Wir gehen davon aus, dass sich da­ her der Captive-Standort Liechten­ stein weiter positiv entwickeln wird. Anders als manch anderer Versicherungsplatz ist Liechten­ stein kein «Billigdiscounter», son­ dern ein Standort für qualitativ gu­ te Captives. CapitalLeben spricht die Liga der Superreichen an, PrismaLife den Otto Normalverbraucher, mit der Uniqa ist eine Kunstver­ sicherung vertreten. Wo liegen die Stärken des Versicherungs­ platzes Liechtenstein? Eine Stärke sind die allgemein günstigen Rahmenbedingungen. Versicherungsunternehmen kön­ nen in Liechtenstein sehr rasch in­ novative Produkte entwickeln und auf den Markt bringen. Ausserdem ist Liechtenstein der einzige Stand­ort 
in Europa, von wo aus ein Unternehmen nicht nur den EWR- Markt bearbeiten kann, sondern auch den Schweizer Versiche­ rungsmarkt, der zwar interessant ist, aber gegen aussen sonst «abge­ schottet». Wenn Sie den kleinen Versiche­ rungsplatz mit der Schweiz oder Luxemburg vergleichen. Wo steht Liechtenstein internatio­ nal? Liechtenstein zählt 31 Versiche­ rungsunternehmen, die Schweiz 216, Luxemburg rund 350. An Prä­ mien hat Liechtenstein 2,56 Mrd. Franken, Luxemburg 17,8 Mrd. und die Schweiz 111,1 Mrd. im Jahr 2004 verbucht. Stichwort «Solvency II». Wer­ den Versicherungsnehmer sich auf rigide Risikokontrollen ein­ stellen müssen? In Liechtenstein werden keine ri­ giden Risikokontrollen nötig sein. Die FMA arbeitet 2006/2007 mit der Versicherungswirtschaft an der Umsetzung von Solvency II und die Wettbewerbsfähigkeit des Ver­ sicherungsplatzes soll erhalten bleiben. Der Ansatz ist stärker auf JUsiken konzentriert, die künftigen tU-Vorschriften enthalten extrem viele Details. Hier geht es darum, die im internationalen Vergleich eher kleinen liechtensteinischen Versicherer nicht durch Überregu- licrungen einzuschränken. Für liechtensteinische Unternehmen besteht dennoch Handlungsbedarf: Sie müssen ein umfassendes Risi­ komanagementsystem entwickeln und sie müssen sich mit der Frage beschäftigen, ob hierfür qualifizier­ te Systeme und Mitarbeiter zur Ver­ fügung stehen. Der Weg 2006 - was ist ge­ plant? Im Mittelpunkt steht für den Ver­ sicherungsstandort attraktive, wirk­ same Rahmenbedingungen zu schaffen: für einen Pensionsfonds- Standort und für Solvency IL Wie die FMA in ihrer Vision und in ih­ rem Leitbild festhält, geht es um den Schutz der Kunden sowie da­ rum, Missbräuche zu vermeiden und die Einhaltung internationaler Standards zu sichern. Damit leistet die FMA ihren Beitrag zur Wettbe­ werbsfähigkeit und zum Ansehen des Finanzmarktes und damit zum Wohle des Landes. 2006 sollte ein günstiges Jahr werden Schweizer Preisüberwacher sieht keinen Grund für Teuerungsalarm BERN - Trotz Ölprelshausse hat die Schweiz auch 2005 das Ziel der Preisstabilität erreicht - zum zwölften Mal in Serie. 2006 wird sich das kaum ändern. Allerdings bleibt die Schweiz im internationalen Vergleich ein Hochpreisland, wie Preisüber­ wacher Rudolf Strahm bedauert Mit einer mittleren Jahresteue­ rungsrate von voraussichtlich 1,2 Prozent blieben die Konsumenten­ preise auch dieses Jahr deutlich un­ ter der Schwelle von zwei Prozent, die von den Ökonomen als Grenze für die Preisstabilität definiert wird. Klammert man den Effekt der mar­ kant gestiegenen Preise für Erdöl­ produkte aus, nähert sich die Infla­ tionsrate weiter gegen Null. Die Teuerung ist denn auch auf keinem Sorgenbarometer zu finden, und die Konjunkturauguren rechnen für 
2006 mit einem Rückgang auf un­ ter ein Prozent. Statistiken stimmen allerdings selten mit der subjektiven Wahr­ nehmung überein. Das wird auch 2006 nicht anders sein. So werden die Haushalisbudgets schon im Ja­ nuar vielerorts durch die höheren Krankenkassenprämien strapaziert. Mit durchschnittlich 5,6 Prozent ist der Aufschlag deutlich stärker als im zu Ende gehenden Jahr mit 3,7 Prozent. Auch die Mieter könnten stärker zur Kasse gebeten werden. Vermut­ lich aber erst in der zweiten Jahres­ hälfte und nur, wenn die National- bank den Leitzins bis dann weiter erhöht. Einen Nachholbedarf von 4,5 Prozent haben die Cafetiers für den Preis des Cafe creme angemel­ det. 18 Franken teurer wird über das ganze Jahr ferner das Ferrisehgu- cken Uber das Cablecom-Netz. Der 
Aufschlag darf laut dem Deal mit dem Preisüberwacher aber nur dort kassiert werden, wo der Kabelnetz­ betreiber digital 37 Kanäle offeriert. «Es gibt aber keinen Grund zum Preisalarm», sagte Monsieur Prix auf Anfrage der AP. Denn es gibt mindestens so viele Bereiche mit stabilen oder sinkenden Preisen. Das gilt zum Teil sogar für das Ge­ sundheitswesen. 
So tritt die zwi­ schen Bund und Pharmaindustrie ausgehandelte Senkung der Medi­ kamentenpreise um 250 Millionen Franken nächstes Jahr in Kraft. Kostensenkend sollte sich auch der differenzierte Selbstbehalt für Me­ dikamente auswirken. Dies wird nach den Erwartungen Strahms den Trend bei den Medikamenten aller­ dings nicht brechen. Er verwies auf die so genannten Umsteigeteue- rung, bei der neue Arzneimittel mit ähnlicher 
Wirkung, aber zu höhe­ren 
Preisen auf den Markt kom­ men. Runter geht es nach dem Be- schluss des Bundesrats vom No­ vember aber mit den Preisen für Laboranalysen sowie medizinische Geräte und Produkte. Hier beträgt der Abschlag zehn Prozent. Insge­ samt wird sich das Gesundheitswe­ sen nach Erwartung des Preisüber- wachers wegen der Mengenauswei­ tung aber auch 2006 verteuern. Im Detailhandel ist der Preis­ kampf in vollem Gang und dürfte sich mit dem Markteintritt des Hard-Discounters Aldi weiter ver­ schärfen. In zwei Schritten Mitte und Ende 2006 fallen schliesslich die preisgebundenen Buchpreise im Deutschschweizer 
Buchhandel um insgesamt vier Prozent. Auch da­ nach sind die Buchpreise aber noch zwölf Prozent teurer als in Deutschland. (AP)
	        

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.