Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

DONNERSTAG, 17. NOVEMBER 2005 
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33 KULTUR IN KÜRZE «19» - Roadmovie zwischen Jim Jarmusch und Takeshi Kttano Auf dem Heimweg von der Universität wird der Student Usami (Bild) ohne ersichtlichen Grund von drei jungen Männern gestoppt und in ihr Auto gezerrt. Sie zwingen ihn auf eine Reise, die verblüffende Ähnlichkeit mit einem Familienausflug hat: ein Einkaufsbummel im Supermarkt, ein Zoobesuch, Erinnerungsfotos. Die anfänglichen Versuche Usamis, seinen Ent­ führern 
zu entkommen, schlagen fehl. Nach und nach entwickeln sich zwischen Usami und den einzelnen Mitgliedern der seltsamen Reise­ gruppe eigene, intensive Beziehungen, bis sich die Rollen zu verschieben beginnen. Das Spielfilmdebüt von Kazushi Watanabe erzählt mit lakonischem Humor und in fast beiläufiger Radikalität von einer ebenso sur­ realen wie wirklichen Reise - ein Roadmovie irgendwo zwischen Jim Jarmusch und Take­ shi Kitano, das mit einer ganz eigenen Ästhe­ tik fasziniert. Basierend auf einer authenti­ schen Begebenheit, berichtet «19» von einer Jugend, deren Rebellion sich in scheinbar sinnloser Form äussert - die die Regeln bricht und sie gleichzeitig widerspiegelt. Kazushi Watanabe hat für diese Erzählung eine filmi­ sche Form gefunden, die ebenso stringent wie unbekümmert 
ist; ein überraschendes Aben­ teuer, klug und unterhaltsam, spannend, be­ rührend und subversiv. «19» ist heute Donnerstag um 20 Uhr sowie am Samstag und Sonntag um 18 Uhr im Taki- no zu sehen. «Samaria» - Philosophische Reflexion über Verlust der Kindheit Die neunzehnjährige Yeo-Jin lebt seit dem Tod ihrer Mutter allein mit ihrem Vater Yeong-Ki. Zusammen mit ihrer besten Freun­ din Jae-Young träumt sie davon, nach der Schule Europa zu bereisen. Die Mädchen ha­ ben sich eine gefährliche Einnahmequelle er­ schlossen. Jae-Young arbeitet als Prostituier­ te, während Yeo-Jin so etwas wie ihre Mana­ gerin ist. Sie arrangiert die Verabredungen und wacht vor den Hotels, um ihre Freundin vor der Sittenpolizei zu warnen. Schliesslich sind die Mädchen noch minderjährig. Als Yeo-Jin eines Tages die heranrückende Poli­ zei übersieht und Jae-Young nicht mehr recht­ zeitig 
aus dem Hotel verschwinden kann, nimmt das Unglück seinen Lauf. Kim Ki- Duk, der mit seinen ungewöhnlichen Filmen «The Isle», «Spring, Summer, Fall, Winter... and Spring» oder «Bin-Jip» bei uns bekannt wurde, legt erneut ein Meisterwerk vor. «Samaria» ist grosses, überwältigendes Ki­ no, durchsetzt mit Bildern christlicher My­ thologie, die um Schuld, Erlösung und Barm­ herzigkeit kreisen. Mit seiner verstörenden Parabel gewann der kompromisslose'Regis­ seur an der Berlinale 2004 den Silbernen Bä­ ren. «Samaria» ist von Freitag bis Montag je­ weils um 20 Uhr im Takino zu sehen. (PD) Hertstkonzert des Musikvereins Konkordia Mauren MAUREN - Am 27. November findet das traditionelle Herbstkonzert des Musikvereins Konkordia statt. Wir möchten hierzu alle Blasmusikfreunde recht herzlich einladen. Unser Dirigent Prof. Edwin Malin hat wiede­ rum ein ausgewogenes Programm zu­ sammengestellt. Der Höhepunkt des diesjäh­ rigen Programms ist unser Wettbewerbsstück «Posaunen von Jericho» von Gottfried Veit. Nach dem Konzert lädt die Konkordia alle Konzertbesucher zum gemütlichen Beisam­ mensein im Gemeindesaal ein. Wir würden uns freuen, Sie am 27, November um 17 Uhr in Mauren begrüssen zu dürfen. Musikverein Konkordia Mauren 
Bühnenhaftigkeit und Kunstwelt Evelyne Bermann im Gespräch mit Kunsthistoriker^ Dagmar Strecke! VADUZ - In ihrem Schaaner Ate­ lier sägt Evelyne Bermann der­ zeit die letzten Module aus far­ big-transparentem Acrylglas für Ihre Rauminszenierung «Lichträume» zurecht, die am 22. November um 18 Uhr Im Kunstraum Englinderbau eröff­ net wird. Die Kunsthistorikerin Dagmar Strecke! sprach mit der Künstlerin. Sie arbeiten mit Acrylglas. Wie sind Sie zu diesem Material ge­ kommen? Evelyne Bermann: Ich arbeite mit Acrylglas seit dem Jahr 2000, hatte aber schon sehr lange damit geliebäugelt. Es ist ein glasreines Material mit einer sehr leichten Wirkung, das durch seine Zähigkeit aber andere Formgebungen ermög­ licht als Glas. Gerade diese fluores­ zierenden, kräftigen Farben setzen Die kräftigen Farben setzen mein Adrenalin in Bewegung mein Adrenalin in Bewegung. Mich erfreut das Material. Ich habe eine Schwäche für edle Materialien, ha­ be im Gegensatz dazu aber auch Naturmaterialien gerne. In der Inszenierung des fenster­ losen Ausstellungsraums, der mit seinen Massen von 25 m 
x 13 m x 3,9 m recht schwierig ist, kom­ men natürliche Materialien nun nicht vor. Sie betonen also das Künstliche? Wenn ich nicht auf dem Land le­ ben würde, wäre es vielleicht an­ ders. Für mich ist es spannend, eine ganz eigene Welt, mit diesem künstlichen Material zu gestalten. In der Sehnsucht nach einer heile­ ren Welt wollen viele das Material nicht sehen, obwohl die Kunststof­ fe unseren Alltag sehr stark bestim­ men. Für mich ist es ein 
zeitgemäs- Für mich ist es ein zeitgemässes Material ses Material, das es vor 50 Jahren noch nicht gegeben hat und vor 10 Jahren war es noch fast uner­ schwinglich und schwer zu bekom­ men. Licht spielt in Ihrer Rauminsze­ nierung eine grosse Rolle. Das Acrylglas selbst leuchtet an sei­ nen Kanten und wird durch elektronisch gesteuertes Licht angestrahlt. Diese selbstleuchtenden Kanten waren für mich wirklich eine Ent­ deckung. Ihr Leuchten ist ein phy­ sikalischer Effekt und ein wichtiges Element. 
Ich setze die Leuchtkan­ ten so ein, dass sie die Konstruktion betonen. Je nach Betrachterstand­ punkt verändert sich das Spiel die­ ser Linien wie in einer modernen Glasarchitektur. Die Strenge der Form ist sozusagen der Gegenpart der kräftigen, für viele fast schon zu kräftigen Farben. Da ist fast eine Ich mag die Strenge, ich mag die Ordnung Bauhaus-Strenge vorhanden. Ich komme von einer Kunstschule, die noch ganz auf das Bauhaus fixiert war. Ich mag die Strenge, ich mag 
Evelyne Bermann trifft In ihrem Schaaner Atelier die letzten Vorbereitungen für ihn «UditrMuma». die Ordnung: das sind grundsätz­ liche Formen, Quadrate und Krei­ se, die sind ja altbekannt, aber durch die Farben und durch die Leuchtkanten entsteht etwas Neu­ es, auch weil man durch die ver­ schiedenen Acrylglas-Lagen hin­ durchsieht. Der architektonische Charakter ist Ihnen einerseits sehr wichtig, andererseits durchbrechen Sie ihn. Ich möchte einfach nicht Opfer einer Ordnung, die ich geschaffen habe, werden. Es ist spannend, die Strenge wieder aufzulockern. Im Fall der Rauminszenierung für den Engländerbau haben Sie das mit der organischen Form ei­ ner Wellenlinie getan. Ja. Das Senkrecht-Waagerechte wird durch die Wellenlinie wieder weicher, durchlässiger gemacht. Ich denke, dass die zwei ganz gut miteinander spielen und überra­ schende Bilder ergeben, die ich allerdings nicht bis zum Letzten vorplanen kann. Die Lichtführung wird die Bilder auf der Wand immer wieder ver­ ändern. Hat das Licht eine der Wellenlinie vergleichbare Funk­ tion? Durch das Licht werden die Raumkörper, die ich aus in sich verschiedenfarbigen Modulen auf­ baue, in der Projektion verzogen. Wenn du die Farben der Objekte mit den Farben der Projektion ver­ gleichst, sind die Farben auf der Wand in ihrer Mischung abgestuf­ ter. Eine der ursprünglichen Ideen zu diesem Projekt war, dass ich bei den kleineren Würfeln aus Acryl­ glas, die ich schon länger baue, dachte, es müsste toll sein, darin herumzulaufen. Ich wollte natür­ lich keinen Wintergarten bauen, 
sondern fand das Hinausprojezie­ ren des Innenlebens dieses Körpers spannend. Im Raum stehen vier statische, grosse Objekte, deren Lichtbil­ der nicht mehr ganz dem Cha­ rakter von Architektur entspre­ chen. Ihre Abbilder geraten in Bewegung und werden unsicher, dadurch optisch interessanter für den Betrachter, aber sie wird erst einmal unsicher. Ich finde es spannend, dass das Objekt und sein Farbschaffen in der Projektion 
ein Bild ergeben, als wärst du plötzlich mittendrin in 
ei- Als wärst du plötzlich mittendrin nem Haus. Das Verschwimmen von innen und aussen, von Objekt und Projektion irritiert. Das ist fiir mich der Unterschied zur Architektur. Ich wollte keine kleinen Häuser bauen, sondern etwas erlebbar ma­ chen, das man in der Form mit Ar­ chitektur gar nicht erleben kann. Licht und Leuchten werden mög­ licherweise gegenwärtiger sein als die Objekte selbst Hat die rot-gelb-orange Farbigkeit auch metaphysische Aspekte? Metaphysische Überlegungen kommen vielleicht, wenn ich dann im Raum stehe. Als optischer Mensch hat mich das feine Sichver­ ändern dessen, was man sieht, wäh­ rend man um ein Acrylglasobjekt herumgeht, interessiert. Setzen Sie vor allem auf die Wir­ kung der Farbe? Ich denke, dass man bei dieser Arbeit ganz automatisch in Emo­ tionen kommt. Die einen fühlen sich, wie ich, völlig angezogen von 
dieser intensiven Farbigkeit und es gibt Leute, die können das fast nicht ertragen. Es ist ihnen einfach Es gibt Leute, die können das fast nicht ertragen zu viel. Aber es ist ja auch kein Wohnzimmergegenstand, sondern eine künstliche Welt, in der du et­ was erlebst, was du auf der Strasse nicht erlebst. Sie haben zwar keinen Sakral­ raum realisiert, aber es Ist doch ein Raum in einer Ausnahmesitu- ation, der auch eine sehr feierli­ che Wirkung haben wird. Das fände ich schön. Ich denke dabei auch an eine Bühne. Ich hat­ te von Anfang an die Vorstellung, es müssten sich Tänzer darin be­ wegen und etwas von ihrer Energie und Perfektion da hinein bringen. Eine Art barocker Diesseitigkeit? Mich interessiert die Bühnenhaf­ tigkeit, die Kunstwelt. Als Rah­ menprogramm gibt es dreimal Tanz in der Ausstellung zu sehen. Ich ha­ be Dilxat Türsun, Yukie Koji und Jacqueline Beck als Choreografin eine Carte Blanche gegeben und gesagt, ich möchte einfach, dass sie ihre Kunst meiner Kunst beifügen. Nicht nur die Tänzer, auch die 
Be- Besucher werden Bestandteil der Rauminszenierung sein sucher werden Bestandteil der Raum­ inszenierung sein. Und sie können sich dem nicht entziehen. Das Gan­ ze ist für mich ein Experiment. • -11. -1.. .TTI.iT. ITiiriTIT T T ir. ni tl 1 Hl Hilm  
	        

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