DONNERSTAG, 3. NOVEMBER 2005 BLATT
UNLAND 5 NACHRICHTEN Kongress der Gemeinden und Regionen Europas zu Besuch VADUZ - Am 3. und 4. November weilt eine dreiköpfige Delegation des Kongresses der Gemeinden und Regionen Europas in Liech tenstein. Es ist dies der erste offizielle Besuch einer solchen Kongressdelegation in Liech tenstein. Auf dem Programm stehen Gesprä che mit Regierungschef Otmar Hasler und Regierungsrat Martin Meyer sowie Besuche bei den Gemeindeverwaltungen Vaduz, Gam- prin und Schellenberg. Zudem wird die Dele gation zu Höflichkeitsbesuchen bei Erbprinz Alois und Aussenministerin Rita Kieber-Beck empfangen. Der Kongress der Gemeinden und Regio nen Europas ist neben dem Ministerkomitee und der Parlamentarischen Versammlung das dritte
zentrale Organ des Europarats. Er er möglicht den Erfahrungs- und Informations austausch unter den Vertretern von Gemein den und Regionen und kümmert sich um die Umsetzung der Europäischen Charta der kommunalen Selbstverwaltung. In diesem Zusammenhang besucht er diejenigen Staa ten, die diese Charta ratifiziert haben und in formiert sich über die Umsetzung der Ge meindeautonomie. In Liechtenstein trat die Charta am I. September 1988 in Kraft. Zur Zeit wird Liechtenstein durch die Vorsteher Donath Oehri und Norman Wohlwend im Kongress vertreten. (pafl) Informationsveranstaltung der Sportschule Liechtenstein VADUZ - An der Sportschule Liechtenstein absolvieren leistungsorientierte Sportlerin nen und Sportler aller drei Niveaus der Se kundarstufe I an der Realschule Schaan ein reduziertes Untcrrichtspcnsum. Ergänzend bieten die Sportverbände Trainingsmöglich keiten und Strukturen, die auf die Bedürf nisse der jugendlichen Sportlerinnen upd Sportler eingehen. Eltern sowie Sportschü lerinnen und Sportschüler, der Sportschule Liechtenstein an der Realschule Schaan äussern sich aufgrund der bis anhin ge machten Erfahrungen durchwegs positiv über das Konzept sowie über das schulische wie auch das sportliche Angebot. Für leis tungsorientierte Sportlerinnen und Sportler der 5. Klassen der Primarschulen, welche mit einer Empfehlung ihres Verbandes für die Sportklasse rechnen können und im kommenden Schuljahr in die Sportklasse eintreten wollen, sowie für deren Eltern fin det am Mittwoch, den 9. November um 19 Uhr in der Aula der Realschule Schaan eine Informationsveranstaltung statt. Im Rahmen dieses Anlasses werden Vertreter des Liech tensteinischen Olympischen Sportverban des (LOSV) und der Realschule Schaan über das Konzept der Sportschule Liechten stein an der Realschule Schaan informieren. Zudem besteht die Möglichkeit, sich bei Verbandsverantwörtlichen der involvierten Sportverbände sowie bei Eltern, Sportschü lerinnen und Sportschülern zu informieren. Eine Bewerbung für die Sportschule Liech tenstein an der Realschule Schaan kann aus schliesslich über einen Sportverband erfol gen, welcher auch über die geforderten Trai ningsstrukturen verfügt. Informations- und Bewerbungsunterlagen finden Sie unter www.schulen.li/sportschule . (pafl) Matinee in der Gemeindebibliothek BALZERS - Die Bibliothekskommission Balzers lädt Sie am Sonntag, den 6. Novem ber um 11 Uhr recht herzlich zur 3. Matinee in der Gemeindebibliothek in Balzers ein. Agnes Schuler, Stefan Wächter und Ida Moritz erzählen Alltagsgeschichten aus ihrer Freizeit und von ihrer Arbeit, von ihren Kind heitserlebnissen und ihren Lebensumständen. Durch
ihr Erzählen lassen sie uns an ihrem Schatz an Erfahrungen teilhaben, längst Ver gangenes wird wieder lebendig und rückt nä her. Es werden Brücken geschlagen zwischen den Generationen. Bei einer kleinen Ausstel lung von alten Gegenständen und Musik von Adelbert Foser wird ein Apöro offeriert. Die Bibliothekskommission Balzers freut sich auf Ihren
Besuch. (PD)
Aus für Milchwirtschaft? Botschafter Norbert Frick zu den heiklen WTO-Agrarverhandlungen VADUZ/GENF - Droht der liech tensteinischen Milchwirtschaft das Aus? Diese Frage stellt sich im Zusammenhang mit dem derzeit heftig umkämpften Agrardossier der Welthandels organisation (WTO)- Wir haben dazu Liechtensteins Vertreter bei der WTO, Botschafter Nor bert Frick, beiragt. • Martin Frommalt In den letzten Wochen ist in Genf, zum Teil in Anwesenheit von Ministern der wichtigsten Handels mächte, intensiv über das Agrar dossier verhandelt worden. Die Zeit drängt. Anlässlich des kom menden WTO-Ministertreffens vom 13. bis 18. Dezember in Hong kong sollen grundsätzliche Be schlüsse gefasst werden. Die Posi tionen liegen aber nach wie vor weit auseinander. Für die europäi schen Staaten geht es auch um die Zukunft ihrer Landwirtschaft. Forderungen der grossen Agrarproduzenten Die in der G20 zusammengefas- sten Schwellenländer unter der Führung Brasiliens streben eine weitgehende Öffnung der Agrar- märkte an. Im Visier der G20 ste hen vor allem Europa und Japan was den Abbau des Zollschutzes, das heisst verbesserte Marktzutritts- chancen betrifft, aber zusätzlich die USA, was den Abbau der handels verzerrenden internen Stützungen und der Exportsubventionen anbe trifft. Vorstoss der USA Im Wissen darum, dass ohne grössere Zugeständnisse seitens der USA
und der Europäer im Agrarbe- reich die laufende Doha-Welthan- delsrundc nicht zu einem Ab- schluss gebracht werden kann, ha ben die USA den Ball angestossen und angeboten, die Exportsubven tionen bis 2010 abzuschaffen und über eine Periode von 15 Jahren in Stufen alle Zölle und alle handels verzerrenden Subventionen zu eli minieren (60 Prozent davon in den ersten fünf Jahren). Dazu Norbert Frick: «Die US-Offerte ist an die Bedingung geknüpft, dass der Marktzugang für ihre kompetitive Agrar-Exportwirtschaft spürbar verbessert wird, in anderen Worten, dass Europa und Japan ähnliche Offerten wie die USA auf den Tisch legen. Da die Einfuhrzölle, aber auch die staatlichen Beihilfen für die Landwirtschaft in Europa höher sind als in Amerika, müsste die EU gemäss dem amerikani schen Vorschlag schmerzhaftere Einschnitte (bis zu SO Prozent) vor nehmen als die USA. Für die EU können die amerikanischen Vor schläge deshalb keine Verhand- lungsbasis darstellen.» Angebot der Ell Wie Botschafter Frick weiter ausführte, hat sich darauf die EU mit relativ konkreten Vorschlägen «zum Fenster hinausgelehnt»: «Auch sie hat angeboten, im Laufe der Zeit auf jegliche Exportsubven tionen zu verzichten. Hinsichtlich der internen handelsverzerrenden Stützung offeriert die EU eine Re duktion um 70 Prozent. Beim Marktzugang bietet Brüssel einen umso höheren Zollabbau an, je hö her die Zölle sind; zu diesem Zweck werden die Zölle in vier Ka tegorien eingeteilt. Bei denjenigen mit den höchsten Belastungen (mehr als 90 Prozent) an der
Gren«Beisplelsweise
liefert Neuseeland Milch für 25 Rappen pro Kilogramm, was wohl das Aus für die liechten steinische Milchwirtschaft bedeuten würde»: Botschafter Norbert Frick, Liechtensteins WTO-Vertreter. ze würde der Schnitt mindestens 50 Prozent betragen. Für sensitive Pro dukte sollen rund 8 Prozent der Zollpositionen, entsprechend rund 160 Produkten, flexibler gehand- hubl werden können. Alle Zölle sollen aber auf höchstens KW) Pro zent beschränkt werden. EU-intern hat Frankreich nach Bekanntgabe dieser Vorschläge einen Sturm aus gelöst und dem EU-Handelskom missar Peter Mandelson die Über schreitung seines Mandats vorge worfen. Die Kombination der Zuge ständnisse bedeute das Aus für die europäische Landwirtschaft. Beson dere Sorgen bereitet Paris der Be reich Marktzugang. Auch die EU- Kommission hat ihr Angebot an ei ne ganze Reihe von Bedingungen geknüpft, unter aftderen an entspre chende Angebote bei anderen Ver handlungsbereichen wie die Libera lisierung des Handels mit
Industrie gütern und Dienstleistungen.» Probleme für Liechtenstein Ein Verhandlungsergebnis im Bereich des EU-Angebotes hätte nach Überzeugung von Botschafter Frick
«erhebliche Konsequenzen» für die Landwirtschaft in Liechten stein und ein Ergebnis im Bereich des US-Angebotes oder der Vor stellungen der G20 wäre völlig un akzeptabel. Norbert Frick: «Die Folgen für die Agrarwirtschaft wä ren verheerend. Die Differenz der Produktionskosten in der Schweiz ^(und Liechtenstein) und dem Aus land könnten nicht mehr in genü gendem Ausmass durch den Zoll schutz aufgefangen werden. Der Markt wäre praktisch offen, nicht nur für Produkte und Lieferanten aus der EU, sondern aus der ganzen Welt. Beispielsweise liefert Neu seeland Milch für 25 Rappen pro Kilogramm, was wohl das Aus für die liechtensteinische Milchwirt schaft bedeuten würde.» Diese kann heutzutage noch mit einem Kilopreis von 70 Rappen rechnen, Tendenz sinkend. Noch weit auseinander Wie weit die Vorstellungen einer Lösung noch auseinander liegen,
kann der Reaktionen der G20 ent nommen werden. Sie begrüsste das Angebot der EU zwar grundsätz lich, wies aber gleichzeitig mit aller Deutlichkeit darauf hin, dass dieses zwar in die richtige Richtung; gehe, aber natürlich noch um einiges nachgebessert werden müsse. Veto als Notbremse? Aufgrund der Entwicklungen sah sich die Schweiz als Sprecher der G10 (die vier EFTA-Staaten, Japan, Korea, Taiwan, Israel und Mauri tius) vergangene Woche genötigt, Klartext zu sprechen. Der schwei zerische Handelsdelegierte für die Welthandelsorganisation (WTO), Botschafter Luzius Wasescha, ver langte ein angemessenes Mass an Flexibilität für die Nettoimporteure von Lebensmitteln. Wenn man in die Ecke gedrängt werde, würde sich die G10 zwangsläufig zu einer Interessengruppe in der Doha-Run- de entwickeln, die das Einlegen ei nes Vetos als Notbremse erwägen müsste. Es gäbe nicht nur Agrarex- portländer, sondern unter anderem auch Nettoimporteure wie die Schweiz und Japan und arme Ent wicklungsländer, die ihre Präfe renzbehandlung zunehmend verlö ren. Es sei an der Zeit, die Doha- Runde, die im Besonderen im Agrarbereich zunehmend von Ro mantikern dominiert werde, auf ei ne realistische Basis zurückzufüh ren, die den Bedürfnissen aller Teil nehmer - auch von Minoritäten - Rechnung trage. Öffnung der Märkte Nach Aussage von Botschafter Frick sehen die GlO-Staaten «aber sehr wohl die Notwendigkeit weite rer Reformen im Agrarbereich und eine weitere Öffnung ihrer Märkte ein. Die GlO-Staaten akzeptieren ei nen ins Gewicht fallenden Abbau der Zölle. Sie lehnen jedoch - im Gegensatz zur EU - einen festge schriebenen Höchstzoll ab und möchten etwas mehr Produkte als sensitiv einstufen können. Soll der Landwirtschaft nicht der Lebensnerv geraubt werden, muss ein gewisser Grenzschutz (Zölle und sensitive
Produkte) erhalten bleiben. Hinge gen sind die G 10-Staaten bei der Eli minierung der Exporthilfen- und beim Abbau der inländischen han- delsverzerrenden Agrarsubventionen flexibel. Sie setzen sich auch dafür ein, dass von den Entwicklungslän dern weniger Konzessionen verlangt werden und dass den ärmsten Ent wicklungsländern quoten- und zoll freier Zugang gewährt wird.» Die GlO-Staaten rechtfertigen ih re Politik einerseits mit ihrem Sta tus als Nettoimporteure, so Bot schafter Frick: «Absolut ist Japan der grösste Nettoimporteur von Le bensmitteln weltweit und die Schweiz/Liechtenstein pro Kopf. Die Schweiz importiert pro Kopf 10-mal mehr Lebensmittel als die EU und 60-mal mehr als die USA. Andererseits verteidigen die GlO- Staaten die (in der Schweiz in der Verfassung festgeschriebene) Mul- tifunktionalität der Landwirtschaft, die unter anderem auch das Recht auf die Aufrechterhaltung einer ge wissen Eigenproduktion von Agrar- produkten enthält. Die Multifunk- tionalität der Landwirtschaft wird auch von der G33 (Gruppe von Entwicklungsländern) in gleicher Weise formuliert. Interessant ist überdies, dass die agrarhandelspo- litischen Überlegungen der GlO- Staaten und der AKP-Staaten (81 Entwicklungsländer im afrikani schen, karibischen und pazifischen Raum) in die gleiche Richtung zie len.
Es ist also keineswegs so, dass die GlO-Staaten eine isolierte Min derheitsposition vertreten.» Aktive Mitarbeit Liechtensteins Wie Norbert Frick abschliessend festhält, orientiert sich die liechten steinische
Landwirtschaftspolitik aufgrund des Zollvertrags eng an der schweizerischen: «Der Grenz schutz ist allein schweizerische Kompetenz. Die liechtensteinische Regierung bekennt sich jedoch voll zur Politik und zu den Verhand- lungszielen der von der Schweiz angeführten GlO-Staaten und unterstützt Letztere durch ihre akti ve Mitarbeit in den WTO-Agrar verhandlungen.»