Volltext: Liechtensteiner Volksblatt (2005)

SAMSTAG, 22. OKTOBER 2005 
ÜÖSfl KULTUR 
32 TAKIIMO «Crustaces et coquillages»: Beschwingte Meeresfriichte Urlaubsstimmung, Sonne, Meer und sommer­ liche Leichtigkeit - vor diesem Hintergrund entfaltet sich eine erfrischende Komödie um das Liebesleben einer französischen Familie. Marc besucht nach langen Jahren wieder sein Heimatstädtchen an der Cote d'Azur. Mit da­ bei sind sein Sohn Charly, dessen schwuler Freund Martin, die Tochter Laura und natür­ lich Bdatrix, Marcs 
attraktive und lebenslusti­ ge Frau. Rasch zeigt sich, dass jeder von ih­ nen seine eigenen Erwartungen an die Ferien mit sich trägt. Laura macht sich nach wenigen Tagen mit ihrem Freund auf dem Motorrad davon. Martin ist in Charly verliebt und leidet vor sich hin, Charly wiederum mimt das se­ xuelle Neutrum, will nicht als schwul gelten und grenzt sich so offensichtlich davon ab, dass seine Eltern erstmals darüber nachden­ ken, ob er es nicht doch sein könnte. Prompt versucht sein Vater eines dieser peinlichen be­ sorgten Aufklärungsgespräche über Safer Sex, das seine offene Haltung zum Thema de­ monstrieren soll, doch er bringt das so ver­ krampft, dass seine guten Absichten gründ­ lich missverstanden werden. Und als dann auch noch Beatrix' Lover seiner Angebeteten nachgeeilt kommt, scheint das Potenzial die­ ser Komödie für turbulente Verstrickungen ei­ gentlich ausgeschöpft. Nichts da! Die Regisseure Olivier Ducastel und Jaques Martineau («Dröle de Felix» (2000) und «Ma vraie vie ä Rouen» aus dem Jahre 2002) ziehen weitere Trümpfe aus dem Ärmel... Wer mit wem, warum und wie lange noch - «Crustaces et coquillages» taucht tief in Beziehungsmuster, findet Lebenslügen, stellt Fragen nach Identität und sexueller Orientierung und serviert herrlich gelassen geistreiche Lösungen. «Crustaces et coquillages» ist am Sonntag und Montag jeweils um 20 Uhr im Takino zu sehen. «Kontroll»: Spannung, Poesie und bestes Handwerk Bulcsü hat sich für das Leben im Labyrinth entschieden. Tag und Nacht schleicht er durch die Gänge des U-Bahnnetzes, fährt Zug von früh bis spät und packt mit seiner Truppe den härtesten, undankbarsten Job der Welt an: die Fahrkartenkontrolle. Seine Kollegen und er werden angepöbelt, angespuckt, angebrüllt. Wer einmal U-Bahn- kontrolleur geworden ist, der ist offensicht­ lich nicht mehr in der Lage mit der Welt an der Oberfläche zurecht zu kommen. Unter der Erde ist die Welt aber auch nicht einfacher zu meistern. Bootsie der flinkste Schwarzfahrer der Stadt, narrt die Kartenkon­ trolleure jeden Tag aufs Neue. Die Rivalen aus den anderen Kontrolltrupps feinden sie dauerhaft an. Und ein mysteriöser Killer, der immer wieder unschuldige Fahrgäste vor ein­ fahrende Züge stösst, verbreitet Angst und Schrecken. «Kontroll», der erfolgreichste un­ garische Film der letzten Jahre und Gewinner des Prix de Jeunesse beim Filmfestival in Cannes 2004, ist eine rasante Geisterfahrt durch die surrealen, unterirdischen Neon-La- byrinthe eines U-Bahn-Systems. Der in den USA aufgewachsene Jung-Re- gisseur Nimrod Antal erzählt in spannenden Bildern, unterlegt mit moderner Musik (Neo), von durchgeknallten Fahrkartenkontrolleuren, die ihre Arbeit nur mit viel schwarzem Humor ertragen, von renitenten Schwarzfahrern, von einem gesichtslosen Killer und einem hüb­ schen Mädchen im Bärenkostüm, das am Ende in Engelsgestalt den Helden Bulcsu aus dem Underground-Fegefeuer zurück in die wirkliche Welt holt. In der fantastischen Kulisse der Budapester Subway gedreht, ist «Kontroll» eine symbolische Komödie und zugleich ein mythischer Actionthriller. «Kontroll» ist am Sonntag um 18 Uhr so­ wie kommenden Dienstag um 20 Uhr in Takino zu sehen. (Takino) 
Die glorreichen Zwölf Ein Dutzend Bands tritt heute Abend beim Sauntschäk 2005 auf Betraten heute Abend um 23 Uhr die Sauntschäk-Bfihne im Vaduzer Saal: die Mitglieder der etwas spezielleren Band Ranger Bob. VADUZ - Zum bereits 13. Mal findet in diesem Jahr der Saunt­ schäk des Vereins der «Freunde der liechtensteinischen Blues- und Rockmusik e. V.» (FLBR) statt. Insgesamt zwölf einheimi­ sche Bands werden den Vaduzer Saal heute Abend einmal mehr zum Kochen bringen. Liechtensteins Blues- und Rocksze­ ne trifft sich wieder. Heute Abend werden zwölf Bands, deren Band­ breite sich von Dialekt bis Fremd­ sprache und von Pop bis Rock 
er- Medienpartner VOLKSBLATT streckt, während jeweils 20 Minu­ ten Spielzeit ihr Können auf der Bühne des Vaduzer Saals demon­ strieren (genaues Programm siehe roter Kasten). ANZEIGE One, two, th ree, for Landesbank. Hauptsponsor. V 1.1 FC H1E \ST F1NISC11K | I.ANDFSBANK S AKt lLNC.l Si l l SCH \! 
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Das Volksblatt stellt auch in die­ sem Jahr alle zwölf Sauntschäk- Bands vor. Den Schlusspunkt des Vorstellungsreigens bilden heute Ranger Bob und Why CC. Ranger Bob - Ein bisschen spezieller Ungefähr zwei Jahre ist es nun her, als sich fünf Personen aus nebeneinander liegenden Proberäu­ men dazu entschlossen 
haben, statt gegeneinander Lärm, miteinander so etwas wie Musik zu machen. Was folgte war die harte Realität des Musikbusiness. Ausverkaufte Konzerte - drei an der Zahl, was durchschnittlich ein Konzert in acht Monaten bedeutet und einiges an Stress mit sich bringt. Längere Zwangspausen aufgrund unkon­ trollierter Alkoholexzessc und de­ ren Auswirkungen - zwei Schluck Weizenbier und eine durchtrennte Sehne inklusive Nerv.' Zu guter Letzt folgte ein personeller Eng- pass an dem Drums Alle Widrigkeiten sind nun aber überwunden und die Position an den Drums wurde sensationell durch ein Mitglied der ehemaligen Untergrundhelden Angry Cockro- aches besetzt. Handvcrlesener Gi­ tarrenpop mit Hang zum leicht ex­ perimentellen 
Lärm würde wohl Eva Umbauer (FM4) das Ganze nennen und auch Sounds! auf DRS3 würde wohl Songs von 
Ranger Bob spielen, wenn die ent­ sprechenden Zahlungen geleistet würden. Somit haben Marta, Tobi­ as, Wenzel, Clemens und Sascha nur etwas zu tun - und zwar all diejenigen einzuladen, für die es auch mal ein bisschen spezieller sein darf. Why CC - Eine explosive Mischung Bislang stand der Name «Why CC» für rund 30 Studiomusiker/- innen, die am CD-Projekt «Homo- nopoly» mitgewirkt haben. Ab 2005, live on Tour, steht der Name «Why CC» für Pat Walt (Lead-Vo- cals), Christian Kindle (Gitarre), Clemens Kaufmann (Bass), Pirmin Schädler (Keyboards) und Louis Vogt (Drums). Fünf musikalische Schwergewichte setzen die Songs der CD «Homonopoly» live um. Fett, energiegeladen und ohne Kompromisse. Pat Walt, der ehemalige Front­ mann der Band Slamdunk, ist wohl die Rockröhre in der Region über­ haupt. Der stimmgewaltige Power­ sänger kennt auf der Bühne keine Grenzen - stimmlich wie show- mässig. Zusammen mit «Gitarren­ papst» Christian Kindle, «Ham­ merdrummer» Louis Vogt, «Mr. Coolman» am Bass und «Jazzy Schädler» an den Tasten, eine ex­ plosive Mischung, die live ihres­ gleichen sucht. Ergänzt wird das 
Eigenprogramm mit Abgeh-Covers von Bands wie Living Colour, Whi- tesnake, Led Zeppelin und anderen. Ein Abend mit Why CC ist etwas für gestandene «Rocksurfer», die Wellen im Puplikum werden ver­ dammt hoch schlagen. Einen idea­ len Vorgeschmack auf «Why CC» bietet übrigens die CD «Homono­ poly», erhältlich bei Treff Electro­ nic in Vaduz. (PD) SAUNTSCHÄK 2005 Das Programm 19.00 Uhr: Rääs ' ! 19J0 Uhr: Dropdown 20.00 Uhr: So what?! 20.30 Uhr: Save Joan 21.00 Uhr: Amontelm 21.30 Uhr: Burned Down j Neighbourhood 22.00 Uhr: 
Lovechild 22 J0 Uhr: Why CC L 23tt*tmftHS*gerBob ' < 2330 Uhr: Manada 24.00 Uhr: Kharma OOJFL̂Uhr: 
GSP 2 Der FLBR hofft auf viele gut­ gelaunte Besucher beim dies­ jährigen Sauntschäk im VaduzÄr Saal. Die Türöffnung wird um 18 Uhr sein, der Eintritt beträgt 12 Franken und ist nur Besu­ chern ab 16 Jahren gestattet - diesbezüglich werden Ausweis­ kontrollen durchgeführt. Stress ist nichts Schlechtes! Der Kabarettist Werner Brix mit «Brix allein im Megaplexx» im Schlösslekeller VADUZ - Ohne das Symposium «Die Wiederentdeckung der Langsamkeit», das am Donners­ tag in Vaduz stattfand, wäre Werner Brix nicht am Abend in den Schlösslekeller gekommen. Das wäre sehr schade gewe­ sen, denn nicht umsonst hatte der Österreicher für sein Pro­ gramm «Brix allein im Mega­ plexx» den Salzburger Stier 2005 gewonnen. • Arno Lttffle r In der Dunkelheit redet jemand in sein Handy. Während er zur Bühne vorhastet, gibt Werner Brix einem Kunden telephonische Anweisun­ gen, wie er seinen widerspenstigen Computer zur Raison 
bringen soll. Er nimmt Platz und wendet sich an seinen Therapeuten, das Publikum. Die Therapiesitzung wird auch weiterhin von etlichen Telephona- ten unterbrochen. Der Computer­ spezialist ist ein Workoholic, der, immer auf Endorphin und am An­ schlag, seinen Tag bis ins letzte verplant hat. Macht ist ihm wichtig, Schnelligkeit alles, man muss der Erste sein, Stress und Konsum ver­ schaffen den nötigen Kick im Le­ ben. Er steht dazu. Nervös lachend 
Der geläuterte Stressjunkle gibt seinem Kunden telephonische Anwei­ sungen zur Zerstörung seines Computers. plappert der Bühnen-Brix seine Lebensmaximen heraus; sich an all dem aufgeilt, was die meisten ver­ achten, der echte Werner Brix, Mit­ glied im «Verein zur Verzögerung der Zeit», sowieso. Der Computerheini auf der Über­ holspur des Lebens wirkt zunächst 
zu echt um komisch zu sein; die hysterischen Lacher in der pointen­ armen Anfangsphase irritieren auch den Künstler selbst. Der Stressjun- kie verachtet Zeitverschwender zu­ tiefst: 
die Franzosen, die für einen O-Laut vier Buchstaben brauchen: Bordeaux! Oder Leute, die noch 
immer diesen langatmigen, uralten Witz vom Burgenländer in New York erzählen. Interessanterweise erzählt er ihn demonstrationshalber selbst, in voller, quälender Länge, auf Deutsch und Latein! Der Thera­ peut befiehlt, fünf Minuten nichts zu sagen, was Brix erst nach et­ lichen Fehlversuchen gelingt - in Echtzeit! Gekonnt setzt Brix die Zeit als Stilmittel ein, statt nur von ihr zu reden. Bizarre spirituelle Vision Nach der Pause kommt er mit ei­ nem hippiesken Batiktuch um die Hüften zurück. Aus Zeitnot hat er sich in die Hose gemacht. Dieses äussere Zeichen markiert den Wen­ depunkt hin zu einem selbstreflexi- ven Sich-Auflehnen, das seinen Höhepunkt in einer bizarren spiri­ tuellen Vision hat. Aber da immer noch Platz für ironische Seitenhiebe auf Grüne, Mülltrenner, Al-Unterstützer und andere «Weicheier» bliebt, rutscht das Ganze nicht ins Anbiedernde, Peinliche. Etwa drei Stunden braucht Brix, um seiner Bühnenfi­ gur schliesslich die Stressgeilheit auszutreiben. Soviel Zeit muss für dieses brillante Programm schon sein. I ?
	        

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